Vom Smalltalk in der Kaffeeküche bis zum Rat für knifflige Projekte: Ins Gespräch mit erfahrenen Kollegen und Kolleginnen zu kommen, ist entscheidend für die Karriere. Doch gerade jungen Menschen bereitet die Kommunikation am Arbeitsplatz Schwierigkeiten. Elf Prozent der Gen-Z-Vertreter, also der 18- bis 26-Jährigen, haben seit über einem Jahr kein direktes Gespräch mit einem Teammitglied über 50 Jahren geführt, wie eine aktuelle Befragung des Karrierenetzwerks LinkedIn zeigt.
Die junge Generation am Arbeitsplatz hat demnach vor allem Sorgen, sich dabei zu blamieren. Auch die Unsicherheit, wie man am besten ein Gespräch eröffnet, steht dem Generationenaustausch im Wege. Dabei könnten diese Ängste oft unbegründet sein, denn in der Umfrage gibt rund ein Drittel der Älteren an, die jüngeren Kollegen wüssten mehr als sie selbst.
Wie also kann die Gen Z ihre Scheu überwinden? Die WiWo-Coaches Catharina Wirtz, Expertin für den richtigen Auftritt auf nationalem und internationalem Parkett, Lena Wittneben, spezialisiert auf Selbstorganisation, und Jutta Boenig, Fachfrau in der Karriereberatung, geben Rat – Schritt für Schritt.
Wie kommt man mit älteren Kolleginnen und Kollegen am besten ins Gespräch?
Einen leichten Einstieg ins Gespräch findet man vor allem über konkrete Anlässe im Arbeitsalltag. „Versuchen Sie, Fragen zu stellen, wie Dinge bisher gehandhabt wurden oder wo Verbesserungspotenzial liegt“, rät Wirtz. Sich einfach als neuer Kollege oder neue Kollegin vorzustellen reicht oft ebenfalls aus, um Kontakt aufzubauen.
„Erfahrungsgemäß fällt es beim nächsten Zusammentreffen leichter, Grüße auszutauschen und einen kleinen Smalltalk über Themen wie das Wochenende oder die Feierabendplanung zu führen“, weiß Wirtz.
Top-3-Tipps von Catharina Wirtz
Ob alltägliche Dinge (z.B. Wie war dein Wochenende?) oder fachliche Themen – Nachfragen und aufmerksames Zuhören zeigen echtes Interesse und machen Sie zugänglicher. Dies fördert nicht nur den Dialog, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass andere auf Sie zukommen.
Gegenseitiges Ansehen erhöht die Kommunikationsbereitschaft. Ein Gespräch beginnt oft leichter nach einem Augenkontakt, da dieser eine gewisse Vertrautheit schafft und die Hemmschwelle für den Erstkontakt senkt. Ihr Gegenüber wird dadurch auch unbewusst empfänglicher für Kommunikation.
Nutzen Sie die Möglichkeit, sich gezielt in Gesellschaft erfahrener Kollegen zu begeben. Nehmen Sie an Unternehmensveranstaltungen teil oder engagieren Sie sich in internen Projekten. Trotz der Vorteile des Homeoffice, bietet der persönliche Austausch im Büro oft unerwartete und wertvolle Gelegenheiten zur Kommunikation.
Catharina Wirtz coacht sowohl Einzelpersonen als auch Teams rund um Fragen zu nationalem und internationalem Business Behaviour und Kommunikation.
Wichtig ist, ehrlich interessierte Nachfragen zu stellen. Denn das signalisiere dem Gesprächspartner eine Offenheit. Und „der Vorteil des Fragestellens liegt darin, dass Sie nicht im Mittelpunkt stehen, sondern Ihr Gegenüber“, erläutert Wirtz.
Wie überwindet man die eigene Unsicherheit und die Sorge, sich zu blamieren?
Jeder und jede im Berufsleben – auch die Mitarbeiter mit jahrzehntelanger Erfahrung – war einmal neu im Job. Es kann helfen, sich das ins Gedächtnis zu rufen. „Leicht gesagt und ein doch ein kontinuierlicher Prozess“, betont Coach Wittneben. Gerade bei informellen Gesprächen oder einem ersten Kontakt aber geht es nicht darum, mit Fachwissen zu glänzen. Ein freundlicher Ton und aufrichtiges Interesse reichen aus. „Meist verbindet uns viel mehr, als uns lediglich durch das biologische Alter trennt“, sagt Wittneben.
Laut Wirtz kann es auch helfen, über den eigenen Umgang mit Fehlern nachzudenken – und diese nicht als „unüberwindbare Sackgasse in der beruflichen Laufbahn“, sondern als Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, zu betrachten. „Wenn man diese Erkenntnis wirklich verinnerlicht hat, sollte man den Mut fassen, das Gespräch zu beginnen“, sagt Wirtz.
Top-3-Tipps von Lena Wittneben
Zeigen Sie echtes und aufrichtiges Interesse an Ihrem Gegenüber, stellen Sie offene Fragen und zeigen Sie sich selbst genauso mit offenem Visier.
Hören Sie empathisch, aktiv und erwartungsfrei zu, also ohne die Antwort schon im Vorweg zu vermuten. Und zuzuhören bedeutet nicht, Luft zu holen und mir schon meine Antwort zu überlegen, sondern zuzuhören.
Nicht jede Unterhaltung kann, sollte und muss episch in die Breite und Tiefe gehen oder ein fachlicher Austausch auf Experteninnenniveaus sein. Wir müssen uns niemandem beweisen. Und auch Smalltalk ist wichtig als sozialer Klebstoff.
Ganz wichtig, sofern wir nicht einen überlebensnotwendigen Anruf erwarten: das Smartphone aus dem Blickfeld und außerhalb der Reichweite.
Lena Wittneben ist systemische Coach, Gedächtnistrainerin, freie Autorin, Moderatorin, Marketing Beraterin und Medienfachwirtin aus Hamburg. Sie hilft Menschen, ihre Ziele zu erreichen und konzentrierter und produktiver zu arbeiten.
Wer das Gespräch sucht, kann die eigene Unsicherheit durchaus auch offen ansprechen. Expertin Boenig rät, die Erfahrung der Kollegen dabei zu betonen – als Zeichen der Wertschätzung. Ein Beispielsatz wäre: „Liebe Kollegin, du leistet so gute Arbeit, ich möchte gerne von dir lernen, aber ich bin unsicher, weil ich nicht so viel Erfahrung habe“.
Was können junge Kollegen von älteren lernen – und andersherum?
Auch hier gilt: Augenhöhe und Offenheit sind die entscheidende Voraussetzung. Wer mit Vorurteilen ins Gespräch geht, der lernt selten etwas dazu.
Junge Mitarbeiter können sich die Erfahrungen der älteren zunutze machen. Für Wirtz liegen die wichtigsten Lektionen darin, „wie man effektive Problemlösungsstrategien anwendet, langfristige Kundenbeziehungen aufbaut, in stressigen Situationen gelassen bleibt und zwischenmenschliche Konflikte am Arbeitsplatz diplomatisch löst.“
Top-3-Tipps von Jutta Boenig
Zuhören ist die Grundlage jeder Kommunikation. Wenn Sie nicht zuhören, können Sie sich nicht auf den anderen einstellen.
Wenn Sie zu viele Vorannahmen haben, können Sie nicht mehr richtig zuhören. Seien Sie offen für die Erfahrung und Sichtweisen anderer. Dazu gehört auch, die Person gegenüber wertzuschätzen.
Senden Sie keine versteckten oder ironischen Botschaften, denn das macht eine konstruktive Kommunikation unmöglich. Stellen Sie außerdem Rückfragen und beantworten Sie Fragen offen.
Jutta Boenig ist Inhaberin und Geschäftsführerin von Boenig Beratung. Die studierte Sozialwissenschaftlerin bietet sowohl klassische Karriereberatung als auch systemisches Coaching an. Von 2005 bis 2022 war sie Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung.
Aber auch ältere Kollegen können von dem frischen Wissen aus Universität und Ausbildung profitieren: Neben dem Umgang mit neuen Technologien können junge Perspektiven, innovative Ansätze und unkonventionelle Lösungswege für ein Team nützlich sein.
Was können Unternehmen für eine bessere Kommunikation zwischen den Generationen tun?
Menschen unterschiedlichen Alters in einem Team können sich motivieren und inspirieren, wenn die Voraussetzungen stimmen. „Führungskräfte sind gefordert, eine offene und respektvolle Kommunikationskultur vorzuleben und zu fördern“, sagt Wittneben.
Dieser Austausch kann auch durch spezifische Formate verbessert werden. Unternehmen können Workshops anbieten, in denen sich jüngere und ältere Mitarbeitende mehrmals im Monat zu ausgewählten Themen gezielt unterhalten. Bei solchen Gesprächsrunden steht dann der Austausch zwischen den Generationen im Fokus.
Ein Beispiel ist das sogenannte Reverse Mentoring, bei dem junge Mentoren den älteren Mitarbeitern Tipps geben, ist eine gute Methode, um das Miteinander über Generationen hinweg zu fördern.
Wieso ist gute Kommunikation am Arbeitsplatz überhaupt wichtig?
Reger Austausch zwischen den Altersgruppen führt zu einem besseren Arbeitsklima. „Mit klarer und transparenter Kommunikation können wir Missverständnisse und Konflikte frühzeitig erkennen und lösen“, erläutert Wittneben. Das sorgt dafür, dass Projekte ohne größere Probleme abgeschlossen werden können. Für den gemeinsamen Erfolg.
Außerdem braucht es den Austausch im Unternehmen, damit wertvolles Wissen stetig weitergetragen wird und so der Firma erhalten bleibt. „Ein Abbruch der Kommunikation mit älteren Mitarbeitern führt zum Verlust wertvollen Know-hows und Erfahrungen“, sagt Wirtz.
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