Jobverlust Wo kommen die Galeria-Mitarbeiter jetzt unter?

Quelle: imago images

Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof wird erneut Filialen schließen, auch die Verwaltung baut massiv ab. 1400 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz. Wie stehen ihre Jobchancen?

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Der angeschlagene Konzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt weitere Warenhäuser. Zum 31. August sollen in 16 der 92 verbliebenen Filialen endgültig die Lichter ausgehen, wie der Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus bekanntgab. Von aktuell 12.800 Angestellten des Konzerns müssen sich dann 1400 einen neuen Job suchen. Zwei Drittel der Stellen fallen in den Filialen weg, die restlichen rund 450 Beschäftigten verlieren ihren Arbeitsplatz in der Konzernzentrale.

Zumindest für die meisten der von einer Kündigung betroffenen Mitarbeiter stehen die Chancen auf einen neuen Job ganz gut, meint Annina Hering, die für die Stellenbörse Indeed den Arbeitsmarkt analysiert. Sie unterscheidet dabei allerdings zwischen den Verkäuferinnen und Verkäufern in den Filialen – und den Verwaltungsangestellten in der Zentrale. „Die meisten Angestellten aus dem Einzelhandel dürften schnell einen neuen Job finden“, glaubt Hering.

Denn nach den Indeed-Daten ist der Einzelhandel eine der wenigen Branchen, in denen die Nachfrage nach Arbeitskräften zuletzt gestiegen ist. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wurden in diesem Jahr bislang gut sechs Prozent mehr Stellen im Einzelhandel ausgeschrieben.

Etwas schwieriger werde es für die scheidenden Mitarbeiter aus der Essener Zentrale, sagt Hering. „Der Arbeitsmarkt für Büro- und Verwaltungsangestellte hat sich zuletzt etwas verschlechtert.“ Bei Indeed ist die Nachfrage in diesem Bereich im Vergleich zum vergangenen Jahr um 17 Prozent zurückgegangen. Besonders stark ist der Einbruch im Personalwesen, wo die Zahl der ausgeschriebenen Stellen um ein Drittel gesunken ist.

Diese Stadt ist besonders betroffen

Essen ist damit die Stadt, die am stärksten vom Galeria-Abbau getroffen wird: In der Ruhrmetropole fallen nicht nur Stellen in der Zentrale weg – sie soll zudem ab Anfang 2025 nach Düsseldorf umziehen. Außerdem schließt die Filiale am Limbecker Platz. Andrea Demler, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Essen, ist über die Nachrichten naturgemäß wenig glücklich. Doch sie gibt sich optimistisch: „Wir haben es bei den vorigen Galeria-Schließungen geschafft, einen Großteil der Beschäftigten gut unterzubringen und wir sind zuversichtlich, dass uns das auch diesmal gelingen wird.“

Um die – überwiegend weiblichen – Verkäuferinnen aus der Filiale macht sich Demler gar keine Sorgen, auch wenn die Schließung erst einmal sehr schmerzlich sei. „Die Chancen im Einzelhandel sind nach wie vor sehr gut, wenn man etwas flexibel ist“, sagt sie. So seien zum Beispiel Super- und Drogeriemärkte, aber auch viele kleine Einzelhändler auf Personalsuche.

Mehr Beratungstermine im Jobcenter

Bei den mehr als 400 Mitarbeitern aus der Verwaltung ist die Aufgabe anspruchsvoller, gibt Demler zu. Da müsse sich ihr Team nun zunächst ein genaueres Bild von den betroffenen Beschäftigten, ihren Wünschen und Kompetenzen machen. „Dafür haben wir jetzt eine kleine Einsatztruppe zusammengestellt“, so Demler. Auch die Zahl der angebotenen Beratungstermine werde im Mai erhöht. Grundsätzlich gibt es laut Demler aber auch für die Mitarbeiter aus der Konzernzentrale genügend Arbeitsstellen in der Region – etwa in Stadtverwaltungen oder bei der Deutschen Bahn.

Auch Ökonomin Hering ist insgesamt optimistisch. „Die Arbeitsmarktsituation ist trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage weiterhin gut“, sagt sie. Die Nachfrage nach Arbeitskräften sei  immer noch höher als vor der Pandemie. Die Galaria-Mitarbeiter sollten deshalb „ruhig mutig rangehen“, rät sie. Und auch wenn eine Kündigung sehr belastend sein könne, liege darin zugleich die Chance, sich noch einmal neu zu orientieren – und in eine Branche mit höheren Gehältern zu wechseln. Denn: Rund 15 Prozent aller Stellenanzeigen richten sich inzwischen explizit auch an Quereinsteiger.

Rentenjob statt Rente

Eine gute Anlaufstelle bietet dabei der öffentliche Dienst – vielen öffentlichen Betrieben und Einrichtungen geht aufgrund der hohen Zahl der Renteneintritte das Personal aus. Eine Institution hat sich in den vergangenen Entlassungswellen bei Galeria besonders hervorgetan – vor allem in Berlin: Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) hat seit 2019 nach eigenen Angaben rund 150 ehemalige Galeria-Beschäftigte eingestellt. 

Das ist kein Zufall: Die Verdi-Betriebsgruppe hatte in den betroffenen Berliner Filialen für die DRV Bund geworben und die Beschäftigten zur Bewerbung ermuntert. Jetzt arbeiten rund 70 Ex-Galeria-Mitarbeiter in der Post- und Scanstelle und 45 als Bürohilfskräfte, unter anderem im Bereich der Rehabilitation. Weitere 40 wurden zudem als Quereinsteiger eingestellt, die innerhalb von drei Jahre zu regulären Bearbeitern weitergebildet werden.  

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„Die Erfahrungen sind durchweg positiv“, sagt Diana Jäger, die den Bereich der Personalgewinnung bei der DRV Bund leitet. Die ehemaligen Galeria-Mitarbeiter seien sehr engagiert. „Wir möchten sie nicht mehr missen.“ Und Jäger hat noch eine gute Nachricht: Ab dem 1. Januar 2025 sucht die DRV Bund wieder 173 Quereinsteiger an den drei Standorten Berlin, Gera und Stralsund. Die Stellenausschreibung soll am 6. Mai online gehen. Bewerbungen von Galeria-Mitarbeitern sind wieder herzlich willkommen.

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