Olympia 2024 Das ist der Mann hinter dem Essen für Athleten und Besucher

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Vor mehr als 20 Jahren zog es den gebürtigen Karlsruher Philipp Würz für ein Sprachstudium nach Paris. In diesem Sommer wird er während Olympia die Sportlerin bis zum Politiker für die französische Küche begeistern.

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Philipp Würz war 25 Jahre alt, als er 2001 seinen Job als Sportjournalist aufgab und sich ein Zugticket nach Paris kaufte. Nochmal raus, ehe es zu spät sein würde, Auslandserfahrung sammeln, eine Fremdsprache lernen, die im Kanon des auf Latein und Altgriechisch fokussierten Gymnasiums in seiner Heimatstadt Karlsruhe nicht vorgesehen war. Das war der Plan. Er blieb. Erst, weil die Paukerei Jahre brauchte. Dann, weil Personaler in Deutschland die zwischenzeitlichen Nebenjobs in Call Centern, mit denen er seinen Lebensunterhalt verdient hatte, nicht als Eintrittsticket für eine Karriere betrachteten.

Anders in Frankreich: Über Anstellungen als Assistenzlehrer für Deutsch und Touristenführer im Stade de France nördlich von Paris arbeitete er sich zum Catering-Chef im mit Abstand größten Stadion Frankreichs hoch. Nun ist der inzwischen 48-Jährige im olympischen Komitee Frankreichs dafür verantwortlich, dass während der Spiele in Paris in diesem Sommer rund 13 Millionen Mahlzeiten auf den Tisch kommen. Athleten und Besucher, das hat er sich vorgenommen, sollen den besten Eindruck französischer Kochkunst gewinnen. 

WirtschaftsWoche: Herr Würz, Sie sind Deutscher und wollen Athleten und Besuchern während der olympischen Spiele die französische Küche nahe bringen. Was sagen denn Ihre französischen Kollegen dazu?
Philipp Würz: Das ist bei uns auch der running gag.

Philipp Würz ist dafür verantwortlich, dass während der Spiele in Paris in diesem Sommer rund 13 Millionen Mahlzeiten auf den Tisch kommen. Quelle: Privat

Was fasziniert Sie persönlich an der französischen Küche?
Die unglaubliche Vielfalt und Reichhaltigkeit. Es ist nicht umsonst eine Küche, die in der ganzen Welt einen sehr hohen Stellenwert genießt. Von Nord nach Süd und auf den Inseln der französischen Überseegebiete Martinique, Guadeloupe, La Réunion, Mayotte und Französische Guyana gibt es zahlreiche Spezialitäten. Aber nicht nur die Rezepte sind vielfältig, sondern sie zeichnen sich auch durch eine herausragende Qualität der Zutaten aus. Egal ob Obst und Gemüse oder Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte: Ich stehe oft mit leuchtenden Augen auf französischen Märkten.

Was werden Sie auftischen in diesem Sommer?
Das kommt auf die Kunden an. Wir haben Rechnungen angestellt und sind auf circa 13 Millionen Mahlzeiten gekommen während der Olympics und Paralympics. Allein vier bis fünf Millionen davon sind Snacks für die Zuschauer.



Dazu kommen mehrere Millionen Kantinen-Mahlzeiten für unsere eigenen Mitarbeiter und freiwilligen Helfer. Plus mehrere Millionen Spezial-Menüs für die Athleten und circa 500.000 fine dining Mahlzeiten für Ehrengäste. Sie werden für jeden Genuss etwas finden.

Also wird die Bandbreite vom Croque Monsieur bis zu Meeresfrüchten und Champagner reichen?
Ganz genau. Croque Monsieur ist ein gutes Beispiel. Das typische französische Sandwich werden sie an den Imbiss-Ständen finden. Natürlich auch Crêpes und Galettes Saucisse, der Hotdog bretonischer Art, sowie eine Auswahl vegetarischer Sandwiches. Meeresfrüchte und Champagner gibt es definitiv in den Lounges.

Haben Sie alle Zutaten schon bestellt?
Die Zutaten für den Zuschauerbereich kauft nicht das Organisationskomitee ein, dafür haben wir externe Unternehmen verpflichtet. Im Athletendorf allerdings achten wir zusammen mit unserem Operator Sodexo auf Herkunft und Qualitätsauszeichnung der Produkte. Wir haben ja ziemlich strenge Commitments getroffen: 80 Prozent der Zutaten für alle 13 Millionen Mahlzeiten sollen aus Frankreich stammen. Und den CO2-Fußabdruck wollen wir auf maximal 1 Kilogramm pro Mahlzeit begrenzen. Der Durchschnitt liegt eher bei 2 Kilogramm.

Klingt nach einer olympischen Disziplin, bei der die Latte ganz schön hoch liegt.
Wir haben auch ein Partnerschafts-Abkommen mit der französischen Supermarkt-Kette Carrefour. Die haben jede Menge Deals mit lokalen Produzenten und Biobauern. Letzten Endes muss Sodexo einen ziemlich großen Teil der Zutaten über Carrefour einkaufen. Was das Athletendorf angeht, haben wir die Liste für Fleisch, Obst, Gemüse schon abgearbeitet. Wir arbeiten noch ein bisschen an Fisch und Meeresfrüchten. Das wird in den nächsten Wochen gemacht. Aber für die meisten der 1,5 Millionen Malzeiten, die wir im athletischen Dorf rausgeben müssen, kennen wir bereits die Mengenangaben, Rezepte und Herkunft der Zutaten.

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Wie viele Tonnen kommen denn da zusammen?
Diese Mengenangaben für das athletische Dorf wollen wir nicht einzeln machen, weil sie in die Irre führen könnten. Die Athleten kommen nach Paris, um Medaillen zu gewinnen, nicht um Blanquette de Veau oder Boeuf Bourguignon zu essen. Die haben ihre speziellen Diäten, die von ihren Ernährungsberatern festgesetzt wurden. Diese Diäten müssen wir ihnen anbieten können.

Natürlich wird die Zahl der importierten Zutaten deshalb höher sein, als wir es für den Zuschauerbereich anstreben und damit auch der CO2-Fußabdruck. Nach dem Ende der Spiele werden wir aber das Gesamtvolumen kommunizieren, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir unsere Ziele erreichen.

Welche besonderen Nahrungsmittelwünsche haben die Athleten?
Wir erwarten 206 Delegationen aus der ganzen Welt, und jede hat ihre ganz eigenen Ansprüche. Die deutsche Delegation kam jetzt nicht mit der Forderung nach Sauerkraut an. Aber klar, gewisse Dinge wie Vollkornbrot und Brezeln müssen schon vorhanden sein. Die werden wir auch anbieten. Bei den Koreanern geht es nicht ohne Kimchi. Das Kimchi muss 24 Stunden rund um die Uhr vorhanden sein, morgens mittags, abends, und die Delegationen aus Nord- und Südkorea sind ziemlich zahlreich. China schickt ungefähr 800 bis 900 Leute in das Athletendorf. Die brauchen ihren klebrigen Reis. Die Italiener natürlich Pizza und Pasta, aber das ist ein Renner, der von allen Athleten auf der ganzen Welt angenommen wird. Auch koschere, hallal und glutenfreie Menüs haben wir selbstverständlich vorgesehen. Insgesamt stehen auf unserem Menü-Plan mehr als 500 verschiedene Rezepte für Heißgerichte. Seit Mitte 2021 arbeiten wir mit Sodexo tagtäglich daran.

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In der Hauptkantine wollen Sie auf einen Schlag 3500 Gerichte auftischen. Wie viele Leute helfen Ihnen dabei? 
Allein dafür sind es 1000 Leute, wenn man Manager, Logistiker, Köche und Servierer zusammenrechnet. Es werden bis zu 40.000 Mahlzeiten pro Tag. Das ist eine unglaubliche Zahl, und dementsprechend muss auch die Infrastruktur sattelfest sein. Der Unterschied zwischen unserem Projekt und früheren olympischen Spielen ist, dass wir kein Zelt mit Klimaanlage und temporärer Küche aufstellen. Wir sind in einem ehemaligen Fabrikgebäude, der Cité du Cinéma. Das müssen wir umwandeln in einen Foodcourt. Eine riesige Herausforderung, aber es wird toll. Wenn Sie reinkommen in das Gebäude, sieht es aus wie eine Kathedrale.

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Lassen Sie uns nochmal über den CO2-Fußabdruck sprechen. Sie wollen 1 Kilogramm Kohlendioxid statt durchschnittlich 2 Kilogramm pro Mahlzeit erreichen. Wie soll das klappen? 
Je mehr lokale Produkte wir verwenden, umso geringer ist der CO2-Ausstoß durch den Transport. Das macht einen riesigen Unterschied. Daher kommt auch unser Anspruch, zu 80 Prozent Produkte aus Frankreich zu verwenden. Außerdem, werden wir den Fleischgenuss reduzieren und viel mehr vegetarische Gerichte anbieten. Bei den Athleten gehen wir nicht so weit, weil die ihre gewohnten Mahlzeiten bekommen sollen. Aber im Public Catering werden tatsächlich 60 Prozent unseres Sandwich-Angebots vegetarisch sein. Die Verpflegung der Mitarbeiter ist zu 50 Prozent vegetarisch.

Da haben die französischen Landwirte noch nicht protestiert?
Wir werden weniger Rezepte mit Fleisch anbieten, aber wir werden Hunderte Tonnen Fleisch für das Village einkaufen, das lokal und von hoher Qualität mit Gütesiegel ist. Dies ist ein wichtiges Engagement, um die Viehzüchter zu unterstützen.

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Das hängt von der Saison ab. Ich kann ja nicht von morgens bis abends herunterbeten, dass wir bitte Obst und Gemüse aus der Saison essen sollen, und mich dann zu Hause nicht daran halten. Im Winter finde ich abends eine Gemüsesuppe wunderbar. Meine Frau kochte ohnehin nur bio. Manchmal mögen wir es auch reichhaltiger: Mein Leibgericht ist Käsefondue, aber das französische, aus den Savoyen. Im Sommer, wenn wir an die Atlantikküste fahren, ist meine Vorliebe ganz klar Meeresfrüchte und vor allem gegrillter Tintenfisch. Aber ich will wissen, wo der gefischt wurde, und wenn möglich will ich ihn auch selbst zubereiten. 

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