Investorin Janna Ensthaler „Wenn ein oberflächlicher Gründer das Klima rettet, dann ist das in Ordnung“

Janna Ensthaler Quelle: Marcelo Hernandez

In der „Höhle der Löwen“ war Glossybox-Gründerin Janna Ensthaler als neue Investorin zu sehen. Abseits des Bildschirms setzt sie voll auf grüne Investments – und kritisiert die europäische Zögerlichkeit.

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WirtschaftsWoche: Die erste Staffel mit Ihnen als Investorin in der „Höhle der Löwen“ ist gesendet, die zweite abgedreht. Zufrieden?
Janna Ensthaler: Ja, zufrieden. DHDL hat eine ganz besondere Energie, denn die Show ist völlig authentisch: Investoren und Gründer begegnen einander vorher nicht und man weiß daher auch nicht, wer da vor einem auftritt. Dementsprechend muss man im Moment selbst reagieren und entscheiden. Darin liegt der Reiz, macht es aber nicht gerade einfacher. Umso glücklicher bin ich, dass das Feedback so positiv ausgefallen ist.

Haben Sie aus der Show etwas für den Investment-Alltag mitgenommen?
Das habe ich, vor allem für meinen eigenen ‚Pitch‘, also meine Bewerbung gegenüber dem Gründer, sich für mich als Investorin entscheiden. Denn wenn man direkt im Wettbewerb mit anderen Investoren steht, muss man den eigenen Mehrwert schon sehr gut erklären können. Wofür stehe ich als Investorin? Was bringe ich mit außer Geld? Die besten Investments sind oft kompetitiv, bei DHDL genau wie im Investment-Alltag.

Passen denn grüne Themen in eine Fernsehshow?
Es gibt fast kein Thema, das quer durch die Gesellschaft mehr interessiert als die Frage, wie wir unser Wirtschaftsleben nachhaltig und damit grün gestalten in Zukunft. DHDL ist die beliebteste Wirtschaftsendung im deutschen Fernsehen. Insofern glaube ich ganz sicher, dass grün dort eine große Rolle spielen sollte. Nicht alle vorgestellten Produkte sind im Kern grün, aber fast alle haben einen grünen Aspekt, der relevant ist. Zum Beispiel kann man oft überlegen, wie man die Verpackung nachhaltiger gestalten könnte.

Zur Person

Jenseits des Fernsehstudios beschäftigen Sie sich mit dem „Green Generation Fund“ intensiv mit diesem Thema. Warum eigentlich?
Privat bewegt mich das Thema seit 2012. Damals war ich mit Al Gore und einem Team von Wissenschaftlern in der Antarktis – diese Reise hat mir die Augen geöffnet. Ich glaube, der effektivste Weg, etwas zu ändern, ist, ganz gezielt in neue Technologien zu investieren. Genau das machen wir mit dem Green Generation Fund.

Ihren Fonds haben Sie vor einem Jahr in der Öffentlichkeit vorgestellt. Was ist seitdem passiert?
Wir haben ein Investitionskapital von 100 Millionen Euro und investieren in Unternehmen, die neue Technologien für die grüne Energiewende entwickeln. Zum Beispiel Firmen wie Reverion aus München, die eine neue Technik zur effizienten Umwandlung von Biomasse in Biogas entwickelt haben und sie mit unserem Investment zur Marktreife führen werden.

Wie wollen Sie belegen, dass Sie nachhaltig investieren?
Ein Drittel unserer Profite hängt davon ab, ob wir mit unseren Beteiligungen bestimmte Nachhaltigkeitsziele erreichen. Dazu zählt etwa, wie viel CO2 eingespart werden kann oder andere, harte Umweltkennzahlen. Gelingt uns und unseren Beteiligungen das nicht, erhalten wir nicht den kompletten Profit, sondern müssen das Drittel an Organisationen spenden, die sich um diese Themen kümmern.

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Und wo stehen Sie mit diesen Zielen?
Ganz am Anfang. Wir investieren in Ideen, die noch keine Umsätze machen – und zu diesem Zeitpunkt noch kein CO2 der Atmosphäre entziehen. Aber ich glaube fest an Innovationen und nicht an Verzicht. Die Menschheit stößt aktuell etwa 52 Gigatonnen CO2 pro Jahr aus. Gleichzeitig gibt es durchaus Start-ups, die irgendwann über eine Gigatonne CO2 pro Jahr herausnehmen könnten. Also benötigen wir weltweit 52 gute Unternehmen und dieses Thema wäre geschafft. Das ist auch eine Zahl der Hoffnung.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Greentech-Gründer und Impact-Fonds explodiert. Wie viel Ernsthaftigkeit steckt dahinter?
Nicht jeder, der auf die Art Basel geht, liebt Kunst. Und nicht jeder, der ein Nachhaltigkeits-Start-up gründet, macht das, weil er die Natur liebt. Natürlich springen gerade viele Menschen auf dieses Thema auf – für das Ergebnis ist deren Motivation aber egal. Wenn man es zu moralisch betrachtet, bremst man die Bewegung unnötig aus. Wenn ein oberflächlicher Gründer das Klima rettet, indem er die nächste Methode erfindet, um der Luft CO2 zu entziehen, dann ist das auch in Ordnung.

Seitdem die Zinsen steigen, sind Investoren zurückhaltender geworden – und achten stärker darauf, wann ein Start-up profitabel sein kann. Schlechte Zeiten für Nachhaltigkeits-Start-ups?
Nein. In den letzten zwei Jahren ist der Anteil von Greentechs am gesamten Finanzierungsvolumen von 10 auf 20 Prozent gestiegen. Der Bereich wächst weiterhin enorm. Es fließen Gelder auch in Innovationen, die noch keine Aussicht auf Profitabilität haben. Oder in Hardware-Projekte, die immer länger brauchen und traditionell nicht so beliebt sind bei Risikokapitalgebern.

Also können Sie und die Start-ups sorgenfrei in die Zukunft blicken?
Natürlich fragen sich Frühphaseninvestoren wie wir, wer die späteren Finanzierungsrunden übernimmt. In schlechteren Zeiten, wie wir sie aktuell haben, gibt es weniger Kapital, besonders in den späteren Finanzierungsphasen. Gerade in Europa haben wir da eine Finanzierungslücke. Dessen muss sich jeder Frühphasen-Investor bewusst sein.

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Man muss Geldgeber wie die Förderbank KfW oder den European Investment Fund loben – die machen Töpfe auf, die diese Themen fördern. Was mich aber ärgert: Dass die Politik nicht fähig ist, klarer, schneller und einfacher solche Förderungen umzusetzen. Wenn wir in die USA blicken, sehen wir den Inflation Reduction Act von Joe Biden, der etwa Steuererleichterungen und das Thema CO2-Neutralität viel aggressiver angeht. Das ist ärgerlich – denn eigentlich waren wir in Europa mit dem Thema früher dran.

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