Junge Berufstätige stellen Unternehmen vor Herausforderungen. Auf dem leer gefegten Arbeitsmarkt können sie andere und höhere Ansprüche stellen als die älteren Generationen. Aber was wollen die Studierenden und Berufseinsteiger und -einsteigerinnen?
Die deutschen Young Professionals, also Studenten oder junge Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit maximal fünf Jahren Berufserfahrung, legen unabhängig von ihrer Branchenzugehörigkeit Wert auf ein gutes Gehalt und die Benefits, die das Unternehmen bietet. Aber Flexibilität und ein ausgeglichenes Verhältnis von Arbeit und Privatleben werden immer wichtiger. So lässt sich die Umfrage von Academic Work zusammenfassen, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt. Befragt wurden 1335 junge Berufstätige innerhalb Deutschlands im Frühjahr 2023.
Gehalt und Benefits landen seit Jahren auf Platz eins der Studie. Auch in der aktuellen Auswertung sind das die wichtigsten Kriterien bei der Wahl des Arbeitgebers. Das sei in diesem Jahr unter anderem auf die gestiegene Unsicherheit in der Welt und die damit gewünschte finanzielle Stabilität zurückzuführen, sagt Mattias Stenberg, Managing Director bei Academic Work Germany.
Was auch auffällt: Anders als in anderen Ländern ist in Deutschland Frauen die Bezahlung wichtiger als Männern, die eher einen Wert auf die Karrieremöglichkeiten legen. Das könnte damit erklärt werden, dass in Deutschland immer noch eine Kluft beim Gehaltsvergleich zwischen Männern und Frauen liegt. So war Deutschland 2021 laut Statistischem Bundesamt EU-weit auf Platz drei der höchsten Gender-Pay-Gaps.
Auf den zweiten Platz hat es in diesem Jahr ein Neuling geschafft: Flexibilität und Work-Life-Balance – das Generation-Z-Thema schlechthin. „Bei Flexibilität und Work-Life-Balance geht es den Befragten nicht nur darum, remote arbeiten zu können“, kommentiert Susanna Hölken, die die Studie gemeinsam mit Herr Stenberg ausgewertet hat, „es geht vor allem um die Gestaltung des Arbeitstages, das Vertrauen des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmende selbstständig seinen Tag strukturieren darf“.
Viele Unternehmen würden mit dem Thema Remote werben, das sei aber nicht der Kern dessen, was junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich in erster Linie wünschen. „Zu sagen, wir bieten zwei Tage Homeoffice in der Woche an, wird heute nicht mehr viele anlocken“, ergänzt Stenberg, „viele Unternehmen vereinfachen die Work-Life-Balance zu sehr, anstatt die Mitarbeitenden selbst aussuchen zu lassen, was sie unter Flexibilität verstehen“.
Die Generationen auf dem Arbeitsmarkt
Die Baby-Boomer (1946 – 1964) sind die älteste Generation auf dem Arbeitsmarkt. Diese Jahrgänge verzeichneten die höchste Geburtenrate, daher rührt auch der Name.
Die Jahrgänge der Generation X (1965 – 1979) haben einiges miterlebt: Wirtschaftskrisen, Techniksprünge, Arbeitslosigkeit, Umweltkatastrophen. Sie gilt als eine, die vor allem Wert auf ein gutes Einkommen und einen sicheren Arbeitsplatz legt.
Die Generation Y, auch Millennials genannt, wurde zwischen 1980 und 1995 geboren. Sie sind die erste Jahrgangskohorte, die als Digital Natives gelten.
Sie treten seit einigen Jahren in den Arbeitsmarkt ein: Die Generation Z, geboren von 1996 bis 2010. Sie sind von klein auf mit dem Internet aufgewachsen, digitale Medien haben ihr Leben von Beginn an geprägt.
Auf den dritten Platz haben es mit insgesamt 57 Prozent Arbeitsatmosphäre, Unternehmenskultur und Kolleginnen und Kollegen geschafft. Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten sowie Jobsicherheit zählen nur noch für rund die Hälfte der Befragten als wichtigster Faktor.
Damit zeigt die Studie eine junge Generation, die bei der Wahl ihres Arbeitgebers noch mehr als bisher auf das Gesamtpaket achtet. Doch ist es klug, sich als Unternehmen all die gewünschten Dinge auf die Fahnen zu schreiben, um an die Zielgruppe heranzukommen?
Einige Unternehmen werben mit ihren Gehältern in der Überschrift ihrer Ausschreibung, andere führen dem Ganzen zunächst eine lange Liste von Benefits voran. „Es ist klug, wenn Unternehmen sich damit auf dem Markt präsentieren“, sagt Stenberg. In Zeiten des Fachkräftemangels merke man aber, wie sich Unternehmen mit Benefits überbieten wollen. „Das kann fatal sein, weil es immer Unternehmen geben wird, die mehr bieten und die Wechselwilligkeit junger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer groß ist.“
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