Brorhilkers Rücktritt So gelingt Managern der Wechsel, wenn ihr Unternehmen sie entmachtet

Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker sitzt zu Beginn des Prozesstages des Cum-Ex-Prozesses im Landgericht. Quelle: Oliver Berg/dpa

Der Management-Moment der Woche und was sich aus ihm lernen lässt: Die Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker hängt ihren Beamtenjob an den Nagel trotz Verlust ihrer guten Pension. Wie es Manager besser anstellen können.

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Das ist passiert

Die Staatsanwältin Anne Brorhilker hat um ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten. Seit elf Jahren hat sie in den Cum-Ex-Fällen, dem größten Steuerskandals der Bundesrepublik, ermittelt. Etwa 120 Ermittlungsverfahren gegen 1700 Beschuldigte hatte sie eingeleitet. Zuletzt fehlte ihr dabei aber zunehmend die Unterstützung: So wollte Benjamin Limbach, grüner Justizminister von Nordrhein-Westfalen, das Team der Staatsanwältin halbieren und einen weiteren Cum-Ex-Verfolger neben ihr installieren. Anne Brorhilker begründete ihren Wechsel zu der Bürgerbewegung Finanzwende auch damit, dass die Politik ihr bei der Aufklärung des Cum-Ex-Skandals nicht den Rücken gestärkt habe.

Das können Sie daraus lernen

1. Die Witterung der Vorgesetzten aufnehmen

Wenn Chefs die Kompetenzen oder das Personal untergeordneter Führungskräfte beschneiden, deutet sich das meist früh an, sagt Hanns-Ferdinand Müller, der Topmanager coacht. Er rät ihnen, die Nähe zu den Entscheidern im Unternehmen zu suchen, um rechtzeitig mitzubekommen, wenn sich der Wind dreht. „Sie sollten auf Zwischentöne achten“, sagt Müller. Auch bei den Managern derselben Ebene und deren Vorgesetzten.

Ein erstes Anzeichen: Die Leute reden um den heißen Brei herum. „Man muss es spüren, wenn der Chef plötzlich etwas Neues will – und sollte dies auch mit Nachfragen versuchen auszuloten“, rät Müller. 
Ähnlich wie in der Politik gibt es auch in Unternehmen nicht nur Sachebenen, es gehe auch dort emotional zu.

Schneller schlau: Cum-ex-Geschäfte

2. Taktisch kündigen

Wer die Rückendeckung des Vorgesetzten verloren hat, kann gerade einen heiklen Job wie ihn Brorhilker hatte, nicht mehr gut machen. Arbeitsrechtler Sebastian Frahm von der Kanzlei Frahm Kuckuk rät in solchen Fällen, dass Manager daraus Konsequenzen ziehen – und kündigen. Allerdings mit einer langen Kündigungsfrist. Jeder – auch Manager – können diese frei wählen – und dann auch zwei Jahre oder sogar fünf Jahre ansetzen, jedenfalls wenn sie keinen befristeten Vertrag haben. „Man zeigt damit, dass in der Zeit auch nicht mehr mit einem zu rechnen ist“, erläutert Frahm. Und kalkuliert, dass der Arbeitgeber einen daraufhin freistellt.

3. Den Exit geschickt verhandeln  und auf die Suche gehen

Anders als Brorhilker, die Beamtin auf Lebenszeit war, können Manager beim Austritt aus dem Unternehmen eine Abfindung aushandeln. Der Rechtsanwalt eines deutlich gedemütigten und freigestellten Managers habe gute Argumente gegenüber dem Unternehmen, um eine Abfindung von zwei Jahresgehältern oder gar mehr durchzusetzen, so Frahms Erfahrung: etwa, dass das Unternehmen selbst die Ursache für die Kündigung geschaffen hat – und sein Mandant sich nichts hat zuschulden kommen lassen.
Sobald die Freistellung des Managers erfolgt ist, kann er sich auf allen Kanälen überall bewerben, betont Frahm. Zuvor sollte er sich lieber nur auf „kleiner Flamme“ bei Unternehmen bewerben, seine Netzwerke in Anspruch nehmen oder Headhunter ansprechen.

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