Und doch sind viele dieser Fächer nur Wahlpflichtfächer. Woran liegt das?
Weil Strategie und Unternehmensführung in der Managementausbildung noch immer zentral sind. Aber: Wir arbeiten daran, mehr Technologiekurse verpflichtend zu machen. Allerdings nicht von heute auf morgen. Zur Wahrheit gehört nämlich: Wir müssen an der Fakultät unsere Dozenten in den neuen Fächern schulen, um solche Kurse für 1200 Studenten anzubieten. Und wenn Sie einen neuen Kurs verpflichtend machen, müssen sie einen anderen zu einem Wahlpflichtfach machen. Das sind schwierige Entscheidungen.
Ist das Verständnis von Technologie denn wirklich so zentral für CEOs, die sich selbst ja häufig als Allrounder beschreiben?
Wir lehren Programmierung, Algorithmik und Systemarchitektur nicht ohne Grund. Wir bringen den Studenten auch etwas zu Cybersicherheit bei. Ein Kurs beschäftigt sich mit Prompting – also den Befehlen, die wir künstlicher Intelligenz geben. Wir wollen keine Entwickler aus ihnen machen. Sie müssen kein Softwareentwickler sein, aber sie müssen Softwareentwicklung verstehen, um es in ihre Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Wir lehren ja auch Buchhaltung und Rechtswissenschaft. Und trotzdem sollen die Studenten keine Buchhalter und Anwälte werden. Wir wollen Manager ausbilden, die jeden Aspekt verstehen: Sei es Softwareentwicklung, Buchhaltung, Recht, Produktion oder Marketing.
Wenn ihre Studenten eines Tages große Konzerne leiten sollten, müssen sie dann noch einen Chief Digital Officer (CDO) einstellen?
Ich denke schon, ja. Der CEO soll die Vision und die Unternehmenskultur gestalten. Er braucht breitere Perspektiven. Er muss die Organisation lenken – mit einem guten Verständnis fürs Digitale. Doch die Entwicklung neuer digitaler Produkte, die Einführung neuer Software für die internen Prozesse – das sollte auch weiterhin ein CDO mit seinem Team übernehmen.
Neben den technologischen Fächern wie „Robotics and AI Business Innovation“ sticht noch ein anderer Kurs im Curriculum hervor: Keiei Dojo. Was hat es damit auf sich?
Dojo meint im ursprünglichen Sinn den Trainingsort in Kampfsportarten wie Judo oder Karate. Und Keiei bedeutet Management. Also Managementtraining. Wir bringen den Studenten dort etwas bei, was sonst nicht im gewöhnlichen Lehrplan vorkommt. Es gibt zum Beispiel eine alte chinesische Philosophie, die mich sehr inspiriert hat: Der Yangmingismus lehrt Menschen, bescheiden zu sein. Ihn bringen wir den Studenten näher. Und wir bringen ihnen etwas über Führungsstile bei. Dafür lesen sie Bücher, die auch mich sehr geprägt haben…
… Im Lehrplan stehen etwa „How to Win Friends and Influence People“ und „High Output Management“ …
… Danach muss jeder Student eine einseitige Zusammenfassung schreiben: Was sind deine Eindrücke von dem Buch? Was hast du gelernt? Und wie bringt dich das im Leben und in der Karriere weiter? Und dann sprechen wir gemeinsam über die Bücher und unsere Erfahrungen. Das ist sehr inspirierend.
Wohin zieht es Ihre Alumni?
Rund die Hälfte bleibt bei ihrem Arbeitgeber, 30 bis 40 Prozent der Alumni wechseln den Job – und zehn Prozent gründen eigene Unternehmen. Tatsächlich kommen auch Manager zu uns, die bereits einen MBA gemacht haben – allerdings mit einem geringeren Anteil an digitalen Kursen. Sie wollen sich weiterbilden oder umschulen. Und große Unternehmen schicken von sich aus Manager zu uns, die hier unsere Kurse durchlaufen.
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