Das Beste kommt zum Schluss, lautet ein bekanntes Sprichwort. Möglichweise gilt das auch für die Börse im laufenden Jahr. Wieso am Schluss? Bislang läuft es doch prima, oder? Einerseits ja. So hat etwa der amerikanische Markt, der S&P 500 und der Dow Jones, seit Januar regelmäßig neue Rekordstände verzeichnet – und auch der Dax kämpft fleißig um einen Ausbruch nach oben. Andererseits: Gerade weil der Zinserhöhungszyklus wohl abgeschlossen ist und ein neuer Zinssenkungszyklus anfangen könnte, wächst die Unsicherheit am Markt. Denn die Vergangenheit zeigt: Aktien laufen zwar dann gut, wenn die Zinsen fallen, das allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung, in der es durchaus auch mal zu Kursverlusten kommen kann.
So geschehen etwa im Zeitraum Oktober 2008 bis Mai 2009. Damals wurden die Zinsen von der Europäischen Zentralbank in mehreren Schritten von 4,25 auf 1 Prozent gesenkt. Der Dax benötigte aber vom Moment der ersten Zinssenkung an bis zu seinem Tief rund fünf Monate. Erst danach stieg er kräftig und erreichte schließlich neue Rekordhochs. Noch länger dauerte es nach dem Platzen der Technologieblase. Im Mai 2001 wurden die Zinsen zum ersten Mal von der EZB gesenkt. Der Dax fiel aber weiter und setzte erst ab März 2003 zu einer neuen Rallye an.
Wiederholen sich die skizzierten Szenarien, könnte die Börse auch unter Druck kommen und sich erst wieder in einigen Monaten, mit größerem Abstand zur ersten Zinssenkung, fangen und zu einer breiten Aufwärtsbewegung ansetzen. Wann letzteres der Fall sein könnte, lässt sich natürlich nicht genau sagen. Markteilnehmer gehen davon aus, dass die US-Notenbank im März die erste Zinssenkung durchführen wird. Das ist aber nicht sicher und hängt vom weiteren Verlauf der Inflation ab. Zudem spielt auch das Wirtschaftswachstum eine wichtige Rolle.
Schneller schlau: Diese Bilanzbegriffe sollten Sie kennen
HGB steht für Handelsgesetzbuch. Nach dessen Vorschriften müssen Unternehmen in Deutschland ihren Jahresabschluss vorlegen. Der Abschluss nach HGB ist für die auszuschüttenden Dividenden und die Steuerrechnung maßgeblich.
Die internationalen Rechnungslegungsstandards nach IFRS, nach denen große Kapitalgesellschaften ihre Konzernbilanz aufstellen müssen, orientieren sich eher an den amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften nach US-GAAP. Die internationalen Regeln machen Konzernabschlüsse grundsätzlich besser vergleichbar, folgen aber anderen Grundsätzen, zum Beispiel bei der Bewertung von Unternehmenskäufen oder anderen Vermögenswerten.
Leider werden die IFRS-Regeln deutlich häufiger vom International Accounting Standards Board (IASB) geändert, als dies bei den HGB-Vorschriften im deutschen Rechtssystem der Fall ist.
Die in eine Unternehmung eingebrachten (investierten), auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesenen Vermögenswerte, vor allem Grundstücke, Gebäude, Maschinen und maschinelle Anlagen, Beteiligungen, Vorräte, Forderungen etc. Grundsätzlich sind die Unternehmen verpflichtet, entgeltlich erworbene Vermögenswerte zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren. Der Wertminderung unterliegende Vermögensteile müssen während ihrer Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Die Aktivseite informiert über die Mittelverwendung, also in welchen Werten das beschaffte Kapital investiert ist. Aus der Zusammensetzung der Aktivseite können – begrenzt – Schlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Unternehmung gezogen werden, bei Gegenüberstellung zur Passivseite gegebenenfalls auch auf die Zahlungsbereitschaft.
Die auf der rechten Seite der Bilanz stehenden Bilanzpositionen, im Wesentlichen Eigenkapital und Verbindlichkeiten. Die Passivseite der Bilanz zeigt die Quellen, aus denen ein Unternehmen finanziert wird.
Die Umsatzrendite beschreibt das Verhältnis von Gewinn und Umsatz eines Unternehmens. Sie beschreibt, welchen Teil des Umsatzes das Unternehmen als Gewinn verbuchen kann. Der Gewinn eines Unternehmens ist jedoch Schwankungen unterworfen (z.B. Branchenabhängigkeit, Produktabhängigkeit), die eine genaue Bestimmung der Rentabilität erschweren können. Die Umsatzrendite eignet sich vor allem für unternehmensinterne Vergleiche. Sie gibt Aufschluss darüber, welche Rendite die verschiedenen Geschäftsbereiche eines Konzerns erwirtschaftet haben.
Der Bestand an Kapital einer Unternehmung kann aus zwei Quellen zugeführt worden sein: Vermögen der Eigentümer durch: Einzahlung der Unternehmer, Einbehaltung angefallener Gewinne, also Selbstfinanzierung; Vermögen Dritter. Eigenkapital in weitester Deutung sind sämtliche den Gläubigern einer Unternehmung haftenden Mittel, also auch z.B. das Privatvermögen eines voll haftenden Gesellschafters. In engerer Fassung wird unter Eigenkapital das bilanzielle Eigenkapital verstanden, das als Residualgröße aus den übrigen Positionen der Bilanz ermittelt werden kann, wodurch sich die Abhängigkeit des Kapitalausweises von den Bewertungen der Bilanzposten erklärt. Rechnerisch ergibt sich seine Höhe aus der Gleichung: Eigenkapital = Vermögen (Aktivseite der Bilanz) – Schulden – Einlageneinbehaltene Gewinne – Entnahmen – eingetretene Verluste
Die Eigenkapitalquote beschreibt die Beziehung zwischen Eigen- und Gesamtkapital. Dazu wird das auf der Passiva-Seite einer Bilanz ausgewiesene Kapital ins Verhältnis zur Bilanzsumme gesetzt. Je mehr Eigenkapital ein Unternehmen zur Verfügung hat, desto besser ist in der Regel die Bonität eines Unternehmens, desto höher ist die finanzielle Stabilität und desto unabhängiger ist das Unternehmen von Fremdkapitalgebern. Da Eigenkapital jedoch teurer ist als Fremdkapital belastet eine hohe Eigenkapitalquote die Rendite auf das eingesetzte Kapital.
Als Dividende bezeichnet man den Anteil am Gewinn, der je Aktie vom Unternehmen ausgeschüttet wird. Die Hauptversammlung beschließt nach dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat über die Höhe. Die Dividende ist immer vom Bilanzgewinn abhängig und kann daher schwanken oder auch ganz ausfallen, etwa wenn die Ertragslage schlecht ist. Sie kann sogar aus den Rücklagen finanziert werden, wenn die Unternehmensgewinne nicht ausreichen.
Die Equity-Methode kommt bei der Bilanzierung von Unternehmensbeteiligungen zum Einsatz, an denen der Konzern weniger als 50 Prozent der Anteile hält. Dabei wird der Umfang der Beteiligung am Eigenkapital der Beteiligungsgesellschaft als Grundlage genommen, um den bilanziellen Anteil an Vermögenswerten in der Konzernbilanz abzubilden. Die wesentliche Größe ist dabei der anteilige Anspruch auf den Gewinn, der dem Konzern aus der Beteiligung zusteht. 100-prozentige Tochterunternehmen sind in einer Konzernbilanz hingegen unsichtbar, weil sie in den regulären Bilanzposten enthalten sind.
Während nach HGB in vielen Fällen die Anschaffungskosten von Finanz- und Sachanlagen in die Bilanz einflossen, fordert die Bilanzierung nach IFRS vorrangig eine Bewertung, die sich an den Marktpreisen orientiert. Existiert für diese Vermögenswerte kein Markt, wird der Bar- oder Zeitwert einer Vermögensposition durch die abgezinsten, monetären Vorteile, die dem Konzern bis weit in die Zukunft daraus erwachsen, durch finanzmathematische Verfahren und aufgrund von Schätzungen im Finanzplan ermittelt. Diese Bewertung nach Fair Value soll ein realistischeres Bild von Vermögenswerten liefern, als die puren Anschaffungspreise.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Latente Steuern sind noch nicht entstandene Steuervor- und nachteile. Zumeist sind sie in nennenswerter Höhe unter den Aktiva einer Bilanz zu finden. Dabei handelt es sich überwiegend um sogenannte Verlustvorträge, die einer Steuerersparnis entsprechen. Macht ein Unternehmen Verlust, erwartet aber in Zukunft wieder Gewinne, können die bereits entstandenen Verluste die Steuerlast in den kommenden Jahren mindern. Die dann zu erwartende Steuerersparnis können Konzerne laut IFRS als Vermögenswert in der Bilanz ansetzen. Diese verbessern das Konzernergebnis, obwohl sie davon abhängen, dass ein Unternehmen den Weg in geplantem Umfang zurück in die Gewinnzone schafft. Passive latente Steuern sind entsprechend Steuerschulden, die erst in der Zukunft entstehen. Macht ein Konzern Verlust, bilanziert aber keine aktiven latenten Steuern, bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Wirtschaftsprüfer nicht an einen Rückkehr in die Gewinnzone glaubt.
Im Zuge einer Unternehmenssanierung trennen sich Konzerne oftmals von ganzen Geschäftsbereichen. Um dem Leser einer Bilanz möglichst große Transparenz zu bieten, werden zum Verkauf stehende Geschäftsbereiche gesondert in der Bilanz aufgeführt. Damit wird die Bilanz um Unternehmensteile bereinigt, die in Zukunft wegfallen sollen. Gelingt der Verkauf jedoch nicht, kann das aber auch revidiert werden. Dann fließen die Bilanzgrößen der nicht fortgeführten Geschäftsbereiche zurück in die Bilanz.
Kapital- und Gewinnrücklage unterscheiden sich in der Art ihrer Entstehung. Die Gewinnrücklage speist sich aus den Jahresüberschüssen der Vorjahre und sind quasi das Sparschwein eines Unternehmens. Die Kapitalrücklage hingegen speist sich aus Einzahlungen der Gesellschafter. Insbesondere für Mittelständler sind Kapitalrücklagen ein Steuersparmodell für die Eigentümer. Wie eine Schenkung an das Unternehmen lassen sich Gelder in der Bilanz parken, auf Beschluss der Eigentümer und er Geschäftsführung jedoch auch wieder auflösen. Aktienrückkäufe, wie sie zur Kurspflege derzeit bei vielen Börsenunternehmen beliebt sind, speisen sich zumeist aus Gewinn- und Kapitalrücklagen. Werden sie aus dem Handel genommen, senken sie in Höhe ihres Nominalwertes das gezeichnete Kapital, dass unter den Passiva zum Eigenkapital des Konzerns zählt.
Hinter den sperrigen Begriffen verbirgt sich nichts anderes, als das flüssige Geld in der Unternehmenskasse. Hierzu zählen insbesondere die jederzeit verfügbaren liquiden Mittel auf Firmenkonten, aber auch andere Zahlungsmittel breiter Akzeptanz, zum Beispiel Goldmünzen, oder Wertpapiere.
Allerdings sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der genannten Zeiträume immer unterschiedlich gewesen – und das trifft auch für die aktuelle Lage zu. Im Gegensatz zur New Economy Blase, bei der viele Technologie-Unternehmen stark überbewertet waren und die US-Konjunktur lahmte oder zur Finanzkrise, in deren Verlauf die Welt durch den US-Immobilienmarkt in eine tiefe Krise stürzte, ist die US-Wirtschaft jetzt in einer Wachstumsphase und steht an sich stabil da.
Zinsen werden gesenkt, wenn die Wirtschaft schwächelt
Grundsätzlich gilt aber: Fallende Zinsen sind gut für den Aktienmarkt. Denn je niedriger die Zinsen, desto höher der heutige Barwert einer Aktie. Der Barwert errechnet sich aus den zukünftigen Gewinnen je Aktie eines Unternehmens unter Berücksichtigung der Zinsen. Der Barwert wird rechnerisch dadurch ermittelt, dass die in der Zukunft anfallenden Zahlungen auf den heutigen Wert abgezinst und aufaddiert werden. Rechnet ein Unternehmen beispielsweise damit, in zehn Jahren einen Gewinn von 1000 Euro zu erzielen, beträgt der heutige Barwert des Unternehmens bei einem Zinssatz von fünf Prozent knapp 614 Euro. Liegt der Zins aber bei null Prozent, beträgt der Barwert 1000 Euro.
Dass es dennoch zu Kursrückgängen bei den Aktien in der Vergangenheit genau dann gekommen ist, wenn ein neuer Zinssenkungszyklus startet, hat möglichweise etwas mit dem Wirtschaftswachstum zu tun. Denn die Zinsen werden in der Regel von den Notenbanken ja erst dann gesenkt, wenn es mit der Wirtschaft nicht mehr so gut läuft. Auf das schwächere Wirtschaftswachstum reagiert dann auch der Aktienmarkt, meist mit fallenden Kursen. Zudem: Gerade weil die Zinsen gesenkt werden, könnte das der Wirtschaft einen zusätzlichen Nackenschlag verpassen – und zwar dann, wenn die Akteure, Konsumenten und Unternehmen mit weiteren Ausgaben warten. Denn wenn alle vermuten, dass die Kredite in den kommenden Monaten billiger werden, werden nötige kreditfinanzierte Ausgaben und Investitionen vielleicht um einige Monate verschoben. Eine solche Entwicklung erinnert an deflationäre Phasen, in denen fallende Preise zu einem rückläufigen Konsum führen, weil alle warten. Und wenn das passiert, kann die Konjunktur gerade durch die fallenden Zinsen noch einmal einknicken. Ein Kreislauf entsteht, aus dem die Konjunktur erst herauskommt, wenn Unternehmen und Konsumenten davon ausgehen, dass die Zinsen unten sind und weiteres abwarten nicht lohnt. Dann kann die Konjunktur sich wieder erholen – und die Börse atmet auf.
So war es auch in der Vergangenheit. Im Mai 2001 startete wie bereits erwähnt die EZB eine Zinssenkungsphase. Die Konjunktur, die prozentuale Veränderung des deutschen Bruttoinlandsprodukts, schwächelte aber weiterhin und erreichte erst im Jahr 2003 ihren Wendepunkt. Die sich daran anschließende konjunkturelle Erholung wurde an der Börse mit deutlich steigenden Kursen quittiert.
An der Börse gibt es kein Drehbuch
Kann die Entwicklung in der Vergangenheit hilfreich für die aktuelle Situation sein? Ja und nein. Jede historische Situation ist einzigartig. Die Lage 2001 bis 2003 war anders als heute. Die Inflation etwa, heute Hauptanlass für die steigenden Zinsen, spielte kurz nach der Jahrhundertwende kaum eine Rolle. Damals wurden die Zinsen gesenkt, weil ein scharfer Rückgang des Wirtschaftswachstums – ausgelöst unter anderem durch das Platzen der berühmt-berüchtigten „dot.com-Blase“ am Technologieaktienmarkt – aufgefangen werden musste.
Der Rückgang des Wirtschaftswachstums damals zog sich zudem über einen sehr langen Zeitraum dahin. Das sieht heute anders aus. Zwar schwächelt das Wachstum aktuell, aber bereits für das laufende Jahr ist mit einer leichten Erholung zu rechnen, zumindest in den USA. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass die zeitliche Verzögerung zwischen der ersten Zinssenkung und einem möglichen Tief an der Börse diesmal gar nicht so lang sein wird. Aber es muss auch beachtet werden, dass für viele andere Länder die Wachstumsprognosen nicht so gut ausfallen. Für Deutschland wurden die Schätzungen jüngst reduziert, nun gehen Volkswirte von einem Plus von 0,5 Prozent aus. Das ist zwar wenig, aber immerhin mehr als im zurückliegenden Jahr.
Dennoch stellt sich die Frage, ob es zu einer Korrektur an der Börse im Umfeld der ersten Zinssenkung kommen „muss“? Am Markt wird ja bekanntlich die Zukunft gehandelt. Wenn sich jetzt schon eine zumindest leichte wirtschaftliche Trendwende zum Besseren in diesem Jahr abzeichnet, warum sollte es dann noch zu größeren Kursrückgängen kommen? An der Börse gibt es letztendlich kein Drehbuch. Die Vergangenheit kann ein Indikator für die aktuelle Situation sein, sie schreibt sie aber nicht vor.
Was also tun? Auch wenn Anleger das Szenario einer Konsolidierung am Markt im Hinterkopf haben sollten, ein Ausstieg bietet sich nun nicht an. Stattdessen ist eine verstärkte Ausrichtung des Portfolios auf jene Branche zu empfehlen, die einerseits von rückläufigen Zinsen profitieren, aber auch mit einer vorrübergehenden Abschwächung der Konjunktur gut zurechtkommen – und das trifft beispielsweise auf die Bereiche Lebensmittel, Telekommunikation und Pharma zu.
Auch ETF-Anleger können sich hier engagieren. Etwa mit einem passiv gemanagten Fonds auf MSCI World Consumer Staples Index, der den Bereich Basiskonsum und damit unter anderem die Lebensmittelbranche abdeckt. Denkbar ist auch ein ETF auf den MSCI World Communication Services Index für die Telekommunikationsbranche.
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