Offene Immobilienfonds Was die Immobilienkrise für Fondsanleger bedeutet

Zwei der drei Kranhäuser in Köln gehören dem Immobilienfonds Deka Immobilien Europa, dem größten deutschen Immobilienfonds. Die Krise der Immobilienbranche hinterlässt inzwischen auch dort erste Spuren. Quelle: dpa

Offene Immobilienfonds werden an der Börse mit immer höheren Abschlägen gehandelt. Was dahinter steckt – und welche Folgen die Immobilienkrise für Fondsanleger hat.

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Gut 130 Milliarden Euro. So viel Geld hatten deutsche Anlegerinnen und Anleger laut Fondsverband BVI zum Jahreswechsel in offenen Immobilienfonds angelegt. Das ist immerhin ein Zehntel der gesamten Fondsanlagen und knapp fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor – die Oldschool-Anlageklasse ist also auch in Zeiten von Smartphone-Brokern und ETFs noch verbreitet.

Mit offenen Immobilienfonds beteiligen sich Anlegerinnen und Anleger in der Regel an einem Portfolio aus Gewerbeimmobilien: Büros, Einzelhandel, Shoppingcenter. Das gilt normalerweise als langweilig und sicher. Doch seit die Zinsen rasant steigen und der Immobiliensektor immer tiefer in die Krise rutscht, zeigen sich auch bei offenen Immobilienfonds erste Stresssymptome: am Börsenkurs.

Wer einen offenen Immobilienfonds wie etwa den Deka Immobilien Europa – mit knapp 18 Milliarden Euro der größte seiner Art – kaufen will, kann ihn direkt von der Fondsgesellschaft bekommen oder über die Börse. Gleiches gilt beim Verkauf: Die Fondsgesellschaft nimmt die Anteile zu derzeit 47,34 Euro das Stück zurück. An der Börse aber ließen sich mit einem Verkauf aktuell nur 43,29 Euro erzielen, fast neun Prozent Abschlag. So viel war es zuletzt in der akuten Phase des Corona-Ausverkaufs. Dass an der Börse wieder so hohe Abschläge verlangt werden, hat verschiedene Gründe – und signalisiert Stress.

Anbieter offener Immobilienfonds wie Deka, die Commerz Real (Commerzbank) oder Union Investment müssen Anlegern anbieten, ihre Anteile zurückzunehmen. Allerdings gibt es dabei zwei Einschränkungen: Zum einen müssen Anleger ihre Anteile ab Kauf mindestens zwei Jahre halten. Und es gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Wer also heute kündigt, bekommt nicht den aktuellen Rücknahmepreis. Sondern den in einem Jahr gültigen, wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist. Welche Kurse dann gelten, ist ungewiss.

„Märkte antizipieren, was bei den Immobilienbewertungen passieren wird“

Sonja Knorr beschäftigt sich für das Analysehaus Scope seit 2005 mit offenen Immobilienfonds. Sie sagt: „Offene Immobilienfonds werden nach dem Bewertungsverfahren bewertet, das auf den sogenannten nachhaltigen Wert abstellt.“ Das sei eine zeitlich geglättete Kennzahl. „Sie sind also den letzten Peak nach oben nicht mitgegangen.“ Nach unten sei es genauso. Ob und wie groß der Abwertungsbedarf auf die Immobilien tatsächlich ist, sei aktuell die große Frage. Der Transaktionsmarkt ist weitgehend zum Erliegen gekommen – es fehlt also an echten Marktwerten, um den derzeitigen Verkehrswert von Immobilien zu bestimmen.

von Martin Gerth, Julia Groth, Niklas Hoyer, Cordula Tutt, Silke Wettach

Das schafft Unsicherheit und ist ein Teil der Erklärung dafür, dass der Abschlag an der Börse zum Rücknahmepreis derzeit besonders groß ist. „Die Märkte antizipieren, was bei den Immobilienbewertungen passieren wird“, sagt Knorr. Beim 15 Milliarden Euro schweren Uni Immobilien Europa der Fondsgesellschaft Union Investment beträgt der Abschlag derzeit wie beim Deka-Fonds rund neun Prozent, beim 17,5 Milliarden Euro großen Hausinvest-Fonds der Commerz Real sogar zehn.

Das heißt: Wer jetzt über die Börse verkauft, nimmt ein Zehntel Abschlag zum Rücknahmekurs in Kauf, den man höchstwahrscheinlich im Falle einer Rückgabe in einem Jahr erzielen könnte. Denn der Rücknahmepreis ist in den vergangenen 25 Jahren stets gestiegen.

Neben der Unsicherheit, ob die bisher so konstante Wertsteigerung der Immobilien so weitergeht, liegt das auch an den gestiegenen Zinsen. Denn: Wer jetzt über die Börse verkauft, kann den Verkaufserlös verzinslich anlegen. Einjähriges Festgeld mit deutscher Einlagensicherung bringt nach jahrlanger Niedrigzinsphase derzeit wieder 2,25 Prozent. Auch das muss der Abschlag des Börsenkurses auf den Rücknahmepreis abbilden.

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Die derzeit hohen Abschläge reflektieren also zum einen die höheren Zinsen und zum anderen die Befürchtung, dass die Immobilienportfolios der Fonds trotz Glättung abgewertet werden müssen. Tiefgreifende Probleme wie in manchen früheren Krisen, etwa, dass zu viele Anleger gleichzeitig Geld abziehen und die Fonds so in Schieflage bringen könnten, erkennt Analystin Knorr derzeit dennoch nicht. „Wir sehen keine deutlich erhöhten Rückgabevolumina“, sagt sie.

Eine gute Nachricht

Und selbst, wenn es dazu käme, hätten die Fonds noch Puffer: „Im Schnitt sind sie derzeit nur zu 15 Prozent fremdfinanziert“, erklärt Knorr. Erlaubt seien bis zu 30 Prozent und in akuten Krisen weitere zehn. Es gäbe also selbst dann noch einen Puffer, wenn viele Anlegerinnen und Anleger Geld abzögen.

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Für diejenigen, die bereits investiert sind, ist das eine gute Nachricht. Zu den vielen Problemen, die die Anlageklasse Immobilie derzeit hat (Zinsen, Sanierungen, Regulierung), kommt zumindest nicht noch eines dazu. In der Immobilienbranche ist das in diesen Tagen schon mal was.

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