Riedls Dax-Radar
Quelle: REUTERS

Showdown um neue Kursrekorde im Dax

Siemens und die Deutsche Börse AG beflügeln den Dax, Infineon und Qiagen machen Hoffnung auf ein Comeback. Noch hat der Dax die Chance auf neue Höchstkurse – die Zeit dafür wird aber knapp. Eine Kolumne.

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Nachdem es von Siemens Healthineers und Siemens Energy schon zuversichtliche Signale gibt, legt jetzt auch der Mutterkonzern nach:

Großaufträge im Zuggeschäft, Erholung in der Automation und gutes Geschäft mit smarter Infrastruktur ließen den Umsatz von Siemens im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (bis September 2024) um sechs Prozent auf 18,4 Milliarden Euro klettern.

Der Nettogewinn, der von einem Sonderertrag von 479 Millionen Euro durch die Verschiebung von Anteilen am Windkraftableger Siemens Energy an den eigenen Pensionsfonds zusätzlich erhöht wurde, kletterte um 56 Prozent auf 2,5 Milliarden.

Selbst bereinigt um diesen Sondereffekt ist die Nettorendite von Siemens, der Reingewinn vom Umsatz, mittlerweile zweistellig.

Wahrscheinlich schafft Siemens angesichts eines Rekordauftragsbestands von 113 Milliarden Euro im laufenden Geschäftsjahr erstmals deutlich mehr als 80 Milliarden Euro Umsatz und gut acht Milliarden Euro Nettogewinn. 

Angesichts der starken Position auf seinen Märkten, der zunehmenden Ausrichtung auf Hightech-Geschäfte und der anziehenden Ertragskraft wäre damit im internationalen Vergleich eine zweifache Umsatzbewertung der Aktie durchaus realistisch. Das ergäbe mittelfristig bei weiterem Wachstum einen möglichen Börsenwert von 160 bis 180 Milliarden Euro oder Aktienkurse von 200 bis 230 Euro.

Kurzfristig verläuft Siemens seit November in einer dynamischen Aufwärtsbewegung. Solange sie bei Rücksetzern das Niveau um 160 Euro verteidigt, besteht die Chance auf neue Höchstkurse. 

Deutsche Börse AG: Dauerläufer für ruhige und hektische Zeiten 

Ebenfalls auf Rekordkurs ist die Aktie der Deutschen Börse AG. In ruhigen Zeiten profitiert sie vom stabilen Aktienhandel, in hektischen Phasen von der Nachfrage nach derivativer Absicherung. Zudem ist sie ein Profiteur höherer Zinsen: Zum einen verdient sie dann im Verwahrgeschäft von Wertpapieren mehr, zum anderen beflügelt dies den Handel mit Zinsinstrumenten an der Eurex.

Als Meilenstein erweist sich zudem der für 3,9 Milliarden Euro erworbene Softwarespezialist Simcorp, der Investmentmanagementprogramme für Großinvestoren anbietet. Schon durch die vorangegangenen Übernahmen des Softwarekonzerns Axioma und des Stimmrechtsberaters ISS hat die Deutsche Börse das marktunabhängige Geschäft mit Daten und Analysen gestärkt.

Mit derzeit 35 Milliarden Euro Marktkapitalisierung hat sich die Deutsche Börse ins Mittelfeld der Dax-Unternehmen vorgearbeitet. Für Anleger liegt ihr besonderer Charme in ihrem stabilen Geschäftsmodell, das in ruhigen wie in turbulenten Marktzeiten gut funktioniert und durch neue Ertragsquellen zusätzlich gestützt wird. Die Bewertung der Aktie ist erhöht, überteuert ist sie trotz der kräftigen Erholung seit November aber nicht.

Der nachhaltige Kursanstieg der Aktie geht nun schon ins zwölfte Jahr. Die Deutsche Börse AG gehört damit zu den erfolgreichsten Dauerinvestments des heimischen Kurszettels. Kurz- bis mittelfristige Schwankungen, wie zuletzt im Herbst vergangenen Jahres, sind typische Kaufgelegenheiten. Eine solche Chance könnte sich wieder ergeben, wenn die Aktie im Zuge einer allgemeinen Marktkorrektur womöglich noch einmal in den Bereich um 175 Euro zurückkommt.

Deutsche Post: Keine Angst vor Ausstieg des Bunds

Aktien der Deutschen Post gerieten zuletzt unter Druck, weil der Bund seine Beteiligung über seine Förderbank KfW von 20,5 Prozent auf 16,5 Prozent abgebaut hat. Dabei ist der Rückzug des Staats aus dem Logistikkonzern längst beschlossene Sache. Er soll dem Bund nicht nur einige Milliarden einbringen, sondern zugleich den Wettbewerbsgedanken fördern. Die Post selbst bewertet dieses Vorhaben „neutral“. Kein Wunder, schließlich könnte eine positive Haltung dazu an der Börse Ängste wecken, dass die nächste Verkaufsaktion bald bevorsteht.

Außer kurzfristigen Reaktionen dürfte ein sukzessiver Ausstieg des Bunds aus der Post für den Aktienkurs kein Problem darstellen. Längst hat sich die Deutsche Post in den vergangenen Jahren als DHL Group zu einem international tätigen Logistikkonzern entwickelt. Nur etwa ein Zehntel des Gewinns vor Zinsen und Steuern bringt der klassische Geschäftsbereich Post und Paket Deutschland ein. Wenn am 5. März die Jahreszahlen für 2023 präsentiert werden, könnten es 82 Milliarden Euro Umsatz und um die 3,8 Milliarden Euro Nettogewinn geworden sein. Daran gemessen sind die derzeit 50 Milliarden Euro Börsenwert nicht zu viel; erst recht angesichts der hohen Dividende. Möglichkeiten zum Nachfassen könnte es kurzfristig in der Bandbreite zwischen 39 und 42 Euro geben. 

Infineon: Hightech-Favorit trotz vorübergehender Schwächen  

Infineon muss die Prognose für das laufende, bis September reichende Geschäftsjahr zurücknehmen: Nur 16 statt 17 Milliarden Euro Umsatz, dazu sind auch die Margen etwas schwächer. Verantwortlich dafür sind Währungsverluste durch den erhöhten Euro und eine rückläufige Nachfrage nach Chips aus dem Bereich Elektromobilität. 

Die Kursreaktion bei Infineon hält sich dennoch in Grenzen. Grund dafür ist die schon in den vergangenen Wochen unterdurchschnittliche Performance, dank der die Aktie auch bei reduzierten Schätzungen günstig bewertet ist. Zudem erwartet Infineon im späteren Jahresverlauf wieder eine steigende Nachfrage nach Chips aus den Bereichen Konsumelektronik und Kommunikation. 

Die Enttäuschung über die Prognoseherabsetzung drückte die Aktie unter die 200-Tagelinie, die bei knapp 34 Euro verläuft. Gehalten hat dafür bisher das Niveau von 30 bis 32 Euro; hier kam es seit 2021 immer wieder zu mittelfristigen Trendumschwüngen. Infineon bleibt ein Favorit unter deutschen Hightech-Aktien, der sich an schwachen Tagen zum Aufstocken eignet. 

Qiagen: Die Schatten von Corona lösen sich auf

Schritt für Schritt kommt der Labor- und Biotechzulieferer Qiagen aus dem Tief nach der Coronakrise. So ging der Umsatz im vergangenen Jahr zwar noch einmal um acht Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zurück; im vierten Quartal aber kam es zu einem kleinen Plus von zwei Prozent. In den nächsten Monaten rechnet Qiagen mit einer verhaltenen Tendenz, die sich dann im späteren Jahresverlauf beleben könnte. Vor allem soll sich dabei der Lagerabbau bei den Kunden bemerkbar machen, die zuletzt immer noch von hohen Beständen zehrten, die in der Coronakrise aufgestockt wurden. Neue Impulse gibt es zudem durch den Ausbau des profitablen Geschäfts mit Datenanalyse und Bioinformatik.

Qiagen-Aktien haben sich November wieder über die Marke von 40 Euro erholt. Nach den jüngsten Meldungen konnte dieses wichtige Kursniveau (hier verläuft derzeit die 200-Tagelinie) abermals verteidigt werden – ein positives Signal. Jetzt kommt es darauf an, ob Qiagen in den nächsten Monaten seine operativen Geschäfte stabilisiert. Wenn das gelingt, könnten trotz erhöhter Bewertung bald wieder Kurse um 45 Euro möglich sein. Dazu kommen immer wieder Spekulationen um eine mögliche Übernahme. Nach dem gescheiterten Versuch des US-Konzerns Thermo Fisher im Jahr 2020 ist hier aber eine Portion Skepsis angebracht. 

Fazit für den Dax: Der Wiederanstieg der Renditen am US-Anleihemarkt, fortgesetzte Schwächezeichen der chinesischen Wirtschaft und Ängste um eine neue Bankenkrise haben dem jüngsten Anstieg der Börsen den Wind aus den Segeln genommen. Der Dax markierte zwar im Tagesverlauf (am 6. Februar) mit 17.050 Punkten ein neues Hoch, ein nachhaltiger Sprung über 17.000 aber ist noch nicht gelungen. 

Immerhin, die Tendenz an den wichtigen US-Börsen zeigt nach oben: Der Dow Jones verläuft mittlerweile ein gutes Stück über der wichtigen Ausbruchszone bei 37.000 Punkten. Das ist ein klassisches Hausse-Signal, das der S&P 500 durch seinen Anstieg über 4800 Punkten bestätigt und der Nasdaq 100 mit dem Überwinden der Marke von 16.500 Punkten. 

Seit dem jüngsten Tief im Dax vom 17. Januar sind bisher 17 Börsentage vergangen. Für eine kurz- bis mittelfristige Trendbewegung, die in der Regel eher fünf bis sieben Wochen in Anspruch nimmt, wäre dies etwas kurz. Selbst wenn der Dax in den nächsten Tagen weiter abdriftet, hätte er danach noch einmal Spielraum für einen zweiten Anlauf. Wichtig dabei ist, dass eventuelle Rücksetzer im Bereich 16.800 bis 16.700 aufgefangen werden. 

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Die Chance auf neue Höhen, womöglich bis 17.400 Punkte, besteht immer noch. Allerdings: Allzu viel Zeit sollte sich der Dax mit Blick auf den klassischen Wendemonat März dafür nicht mehr lassen.

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