Rückkehr der Tui-Aktie Welche Rolle spielt der Börsenstandort für Anleger?

Tui ist zurück in der Heimat: CEO Sebastian Ebel und CFO Mathias Kiep in Frankfurt. Quelle: REUTERS

Der Touristik-Riese Tui ist seit Montag wieder an der Frankfurter Börse notiert. Warum das für den Börsenstandort Deutschland wichtig ist – und welche Folgen Aktien-Umzüge für Anleger und Unternehmen haben.

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Das hat sich zunächst einmal gelohnt: Am Montag kehrte Tui an den Börsenplatz Frankfurt zurück. Noch am selben Tag zog der Aktienkurs des Touristikkonzerns deutlich an. Zwischenzeitlich lag das Papier mehr als vier Prozent im Plus. Nach fast zehnjähriger Abstinenz wird die Tui-Aktie wieder im regulierten Markt der Börse Frankfurt gehandelt – nachdem Tui sie 2014 im Zuge der Fusion mit der britischen Tochter Tui Travel an die Londoner Börse geschickt hatte.

Das Kalkül hinter der Aktion ist simpel: Der Reisekonzern erhofft sich von der Rückkehr nach Deutschland eine höhere Nachfrage der Aktionäre. Zuletzt seien drei Viertel der Tui-Aktien in Deutschland gehandelt worden, heißt es seitens des Unternehmens. Ein Frankfurter Listing sei da einfach sinnvoll. Im Juni rechnet Tui mit dem Aufstieg in den MDax, die zweite deutsche Börsenliga. Dann soll auch das Listing an der Londoner Börse enden.

Mehrfachnotierungen, also Notierungen einer Aktie an mehreren Börsenstandorten, sind durchaus üblich, aber mit Aufwand und Kosten verbunden. Deshalb entschließen sich immer wieder Unternehmen dazu, ihre Aktie nur noch an einem einzigen Ort zu listen. Welche Folgen hat das für Konzern und Aktionäre?

Tui-Aktie an der Börse: Was ändert sich für das Unternehmen?

Für das Unternehmen ändert sich zunächst nicht viel. Der Umzug an sich ist ein rein technisch Akt und mit wenigen Klicks vollzogen – zumal im Fall von Tui die Aktie während der Londoner Zeit weiter im Freiverkehr der Börse Frankfurt handelbar war.

Sein Unternehmen wolle mit „einfacheren Strukturen“ das Wachstum vorantreiben, sagt Sebastian Ebel, Vorstandschef der Tui Gruppe. Noch müssen die Finanzer des Konzerns zum Beispiel zwei Prospekte bereithalten, einige Prozesse doppeln sich. Wie hoch das Sparpotenzial genau ist, könne man aber nicht sagen, heißt es bei Tui. Denn wie viel Geld ein Unternehmen für seine Notierung an den jeweiligen Börsenbetreiber zahlt, hängt unter anderem vom Handelsvolumen ab und schwankt deshalb stark.

Generell seien Mehrfachnotierungen für Unternehmen mit „einem erheblichen Zeit-, Personal- und Kostenaufwand verbunden“, schreiben Richard Mayer-Uellner und Dirk Schmidbauer, Rechtsanwälte bei CMS Deutschland, in einer Analyse. Die Compliance und die Betreuung der Investoren etwa seien bei zwei Börsenstandorten statt einem deutlich komplexer.

Was ändert sich für Aktionäre?

Auch für Aktionäre ist ein Aktien-Umzug tendenziell positiv. „Eigentlich hat das für Anleger keine merklichen Auswirkungen“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), zwar. Allerdings dürfte der Handel etwas liquider werden, wenn er sich an einem Standort konzentriert. Das sorge für bessere, „ehrlichere“ Kurse, sagt Tüngler. Die Spreads, also die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs, wird geringer.

Unterscheiden könnten sich die Handelsgebühren, die für Anleger je nach Börsenplatz anfallen. Der Broker Comdirect etwa verlangt für den Handel an inländischen Börsenplätzen eine Grundgebühr von 4,90 Euro, an ausländischen Börsen sind es 7,90 Euro. Teurer wird es beim S-Broker der Sparkassen. Dort fällt im Inland ein Handelsplatzentgelt von gerade mal 99 Cent an, im Ausland sind es immerhin 14,99 Euro. Hier gilt es für Anleger, den Preiskatalog ihres Brokers im Blick zu haben. Im Fall der Tui-Aktie dürften sich die Einsparungen für Anleger aber in Grenzen halten, da die Aktie ja im Freiverkehr der Deutschen Börse handelbar war.

Spüren dürften Tui-Aktionäre die Folgen des Umzugs erst, falls die Aktie wie erwartet im Juni in den MDax aufsteigt. Dann könnten sich Anbieter börsengehandelter Indexfonds (ETFs), die den MDax nachbilden, die Aktie ins Depot holen. Eine solche höhere Nachfrage würde sich positiv auf den Aktienkurs auswirken.

Für DSW-Geschäftsführer Tüngler steht vor allem der emotionale Aspekt einer solchen „Rückkehr in die Heimat“ im Mittelpunkt. Denn zuletzt war die Zahl der Börsengänge in Deutschland überschaubar. Der deutsche Sandalenhersteller Birkenstock entschied sich dazu, seine Aktie gar nicht in Deutschland, sondern lieber gleich in den USA an der Börse listen zu lassen. Und der Industriegase-Riese Linde kehrte im März vergangenen Jahres der Frankfurter Börse den Rücken und ist jetzt nur noch in den USA gelistet. Dort lockt die Unternehmen viel Kapital und eine entsprechend höhere Bewertung.

„Es würde mich freuen, wenn der Schritt von Tui Signalwirkung hätte“, sagt Tüngler deshalb – zumal es die Tui-Aktionäre selbst waren, die auf der Hauptversammlung für den Schritt gestimmt hatten. „Das ist schon ein Statement für den Standort“, sagt Tüngler. Er hofft, dass die Börsenglocke auf dem Frankfurter Parkett in diesem Jahr noch öfter geläutet werden kann. Bisher stehen die Zeichen dafür gut: Experten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC rechnen für dieses Jahr mit einer zweistelligen Zahl an Erstnotizen.

Lesen Sie auch: Was Anleger über den Freiverkehrshandel wissen sollten.

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