Zschabers Börsenblick
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Aller guten Blicke sind drei

Vieles am Aktienmarkt ist mit dem Thema Preis verbunden. Dass dieser aber nicht immer ausschlaggebend ist, könnte sich in den nächsten Monaten bei prominenten Indizes zeigen.

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Es ist eine Binsenweisheit, dass es an der Börse auf den ersten Blick nicht immer rational zugeht. Wer aber noch einer Bestätigung bedurfte, der wurde in den vergangenen Wochen fündig. Da legte der EuroStoxx 50, der Aktienindex mit 50 der namhaftesten Unternehmen aus dem Euroraum, seit Jahresanfang um rund acht Prozent zu, während sein US-Pendant, der Dow Jones Index, gerade einmal auf ein Plus von etwa drei Prozent kam.

Paradox erscheint das schon deshalb, weil die USA im laufenden Jahr in punkto Wirtschaftsleistung aller Voraussicht nach deutlich stärker wachsen werden als die Eurozone. Zudem dürfte die US-Notenbank Fed den Zinssenkungszyklus früher starten als die Europäische Zentralbank (EZB) – und dem Aktienmarkt damit schon früher Rückenwind geben. Warum also hinkt der Dow dem EuroStoxx hinterher?

Genau genommen ist es dieselbe Frage, die man sich derzeit unweigerlich auch bei der Betrachtung des Dax stellt. Da eilt der deutsche Aktienindex von Rekordhoch zu Rekordhoch – und das, obwohl viele Beobachter Deutschland angesichts seiner unterdurchschnittlichen Wirtschaftsleistung schon als europäischen Patienten ausgemacht haben. Diese Diagnose kommt immerhin nicht von ungefähr: Es ist die Bundesregierung selbst, die für das laufende Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von nur 0,2 Prozent rechnet.

EuroStoxx 50 überzeugt mit vergleichsweise günstiger Bewertung

Nun lässt sich die dennoch aktuell große Lust der Marktteilnehmer auf europäische Aktien unter anderem mit deren günstiger Bewertung erklären. So beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des EuroStoxx 50 aktuell knapp 15, Mitte 2021 hatte es auch schon einmal jenseits der 50 gelegen. Zum Vergleich: Das KGV des Dow Jones liegt aktuell mit rund 24 deutlich höher – und auch nicht allzu weit entfernt von seinen Höchstständen, die vor gut 20 Jahren bei rund 28 markiert wurden. Auf den zweiten Blick ist also die jüngste Outperformance des EuroStoxx 50 durchaus erklärbar.

Da es an der Börse aber nicht nur um die Erklärung des Ist-Zustands, sondern vor allem auch um das künftige Potenzial von Investments geht, bietet sich in diesem Fall noch ein dritter Blick an, nämlich der auf die mögliche weitere Entwicklung. Hier ist durchaus denkbar, dass sich schon bald wieder die Erkenntnis durchsetzt, dass für die Bewertung am Aktienmarkt etwas Ähnliches gilt wie im normalen Leben: Was gut ist, hat oftmals seinen Preis. Und allein in punkto Wirtschaftswachstum weisen die USA einfach eine höhere Qualität auf als die EU.

US-Aktienmarkt bleibt das Maß der Dinge

Die Stärke der USA in nahezu allen wichtigen Technologiebereichen ist dabei nur einer der Pfeiler dieses Erfolgs. Das dürfte sich dann auch noch deutlicher zeigen, wenn die Fed die Zinsen wieder senkt – was sie voraussichtlich wesentlich früher tun wird als die EZB. Gerade die Zinspolitik hat zudem das Zeug dazu, auf der anderen Seite die Europa-Anhänger unter den Börsianern bald wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen: Wenn die Zinsen in der Eurozone noch längere Zeit auf dem vergleichsweise hohen Niveau bleiben, werden Staaten wie Italien in die Bredouille geraten – weil sie schlichtweg von der Finanzierung ihrer immensen Staatsschulden erdrückt werden.

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Es ist daher davon auszugehen, dass die USA bald auch am Aktienmarkt wieder das Maß der Dinge sein werden. Zwar dürften sich die kommenden Monate durch die im Herbst anstehende Präsidentschaftswahl in den Staaten etwas turbulenter gestalten. Doch vor einem Präsidenten Trump fürchten sich die Marktteilnehmer allein deshalb schon nicht über Gebühr, weil dessen Protektionismus-Parole „America first“ nicht im Widerspruch zu einer florierenden US-Wirtschaft steht – im Gegenteil.

Zudem ist Donald Trump bei aller Irrationalität berechenbarer als die EU. Ihre fehlende politische Einigkeit offenbart sich momentan ja fast tagtäglich, unter anderem im Umgang mit dem Ukraine-Krieg vor der eigenen Haustür.

All diese Aspekte bergen große Unsicherheiten. Und die mag die Börse bekanntlich überhaupt nicht. Preis hin oder her.

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

Lesen Sie auch: Deutschland und Frankreich finden einmal mehr nicht zusammen in zentralen Strategie- und Rüstungsfragen.

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