Zschabers Börsenblick
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Börse 2024 – Kurspotenzial dank Zinssenkungen

Das neue Jahr könnte ein gutes Börsenjahr werden, gerade auch für die Technologieaktien. Doch sollten Anleger natürlich weiterhin wachsam bleiben. Eine Kolumne.

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Das war doch mal kein schlechtes Jahr, für die Börse. DAX, Dow Jones und Co. haben 2023 ordentlich zugelegt. Der DAX immerhin zweistellig, dass ist wirklich beachtlich. Übertroffen wird die gute Performance des Gesamtmarktes nur noch durch einige Branchen, wie etwa durch Technologieaktien. Der Nasdaq 100 zum Beispiel konnte seit Anfang 2023 um rund 50 zulegen. Dass dabei ein großer Teil des Zuwachses auf einige wenige Titel zurückzuführen ist, mag Markttechniker stören, wir freuen uns über ein gelungenes Tech-Jahr.

Doch es stellt sich natürlich schon die Frage, wie nachhaltig der Aufschwung ist – und damit verbunden natürlich auch die Frage, ob es 2024 mit der guten Entwicklung weitergehen kann? Meine Antwort fällt hier eindeutig aus: Ja, wir haben auch 2024 die große Chance auf ein wirklich gutes Börsenjahr; und das auch gerade bei den Technologieaktien. Warum? Es gibt einen wesentlichen Treiber, der die Kurse nach oben ziehen könnte: die fallenden Zinsen.

Wachstumsmaschine Silicon Valley stottert

Fallen die Zinsen, freut sich die Börse – eine Einschätzung, die mit Einschränkungen versehen werden muss, die aber grundsätzlich richtig ist. Das hat auch etwas mit der zukünftigen Gewinnentwicklung der Unternehmen zu tun. Je niedriger der Zins ist, mit dem zukünftige Gewinne eines Unternehmens verrechnet beziehungsweise diskontiert werden müssen, desto höher ist der sogenannte heutige Barwert einer Aktie. Rechnet ein Unternehmen beispielsweise damit, in zehn Jahren einen Gewinn von 1000 Euro zu erzielen, beträgt der Barwert des Unternehmens bei einem Zinssatz von fünf Prozent knapp 614 Euro. Liegt der Zins aber bei null Prozent, beträgt der Barwert 1000 Euro.

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Zudem: Ein niedrigeres Zinsniveau erlaubt es gerade den Technologieunternehmen, sich zu besseren Konditionen Geld zu besorgen. Und das brauchen sie. Forschung und Entwicklung, die Lancierung von Produkten, Werbung etc. – all das kostet Geld, viel Geld. Und je „teurer“ das ist, um es sich zu leihen, umso schwieriger wird es, gerade auch für die kleinen bis mittelgroßen Tech-Konzerne, deren Liquiditätsdecke ohnehin oft angespannt ist.

In diesem Zusammenhang verweise ich als Beispiel auf die Venture-Capital-Szene im Silicon Valley. Die hat ihre Investitionen im laufenden Jahr im Vergleich zu 2022 mehr als halbiert. Warum Geld in riskante Start-ups investieren, wenn man es auch zu halbwegs vernünftigen Konditionen am Zinsmarkt anlegen kann? Doch damit wurde ein wesentlicher Faktor der Wachstumsmaschine Silicon Valley unterbrochen. Wenn von „unten“ kein Geld mehr nachgeschoben wird, kommt „oben“ weniger raus. Im dritten Quartal ist die Anzahl der Unicorns, der Einhörner, auf den niedrigsten Stand seit 2016 gefallen. Unicorns, das sind junge Unternehmen, die noch vor Börsengang mit mindestens einer Milliarde US-Dollar bewertet sind.

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Die Börse freut sich über fallende Zinsen

Vor diesem Hintergrund gewinnen die jüngsten Äußerungen von Fed-Chef Jerome Powell enorm an Bedeutung. Früher als gedacht hat er die Märkte auf Zinssenkungen im kommenden Jahr vorbereitet. Dass solche Zinssenkungen kommen, war angesichts rückläufiger Inflationszahlen und schwächelnder Konjunktur zu erwarten, doch es macht nun mal einen Unterschied, ob man etwas nur erwartet oder dann auch tatsächlich angekündigt bekommt.

Allerdings, und das sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, hat sich der Fed-Chef bei seiner Ankündigung gewohnt vorsichtig ausgedrückt. Er hat nicht gesagt: „So, nächstes Jahr werden die Zinsen gesenkt“, sondern er sprach auf einer im Anschluss einer Fed-Sitzung Mitte Dezember stattgefundenen Pressekonferenz davon, dass man über Zinssenkungen „nachdenkt“. Das sind die üblichen Verklausulierungen, mit denen etwas gesagt wird, ohne es direkt zu sagen, jeder aber weiß, was damit gemeint ist – in diesem Fall: „Wenn sich nichts mehr gravierend verändert, dann werden die Zinsen im kommenden Jahren fallen.“

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Für den Markt war die Ankündigung ein Kursbeschleuniger. Der Dow Jones schoss auf ein Rekordhoch, über 37.000 Punkte ist der Index nun wert. Sensationell. Was wohl erst passiert, wenn die Zinsen dann wirklich gesenkt werden?

Erst ausatmen, dann einatmen

Doch Vorsicht: Noch ist es zu früh, um in Euphorie zu verfallen. Zinssenkungen brauchen nämlich Zeit. An der Börse war es in der Vergangenheit oft so, dass erst einige Zeit vergehen musste, bis sich Zinssenkungen auf dem Parkett bemerkbar machten. Denn fallende Zinsen sind ja auch das Ergebnis eines schlechteren Konjunkturverlaufs. Weil die Inflation zurückgekommen ist und die Wirtschaft schwächelt, senkt die Notenbank die Zinsen. Die Börse reagiert zuerst auf die schwächelnde Wirtschaft, die Kurse fallen – und sieht erst dann, dass die fallenden Zinsen die Aktivitäten der Unternehmen neu beleben. Nehmen wir zum Beispiel den Zeitraum Oktober 2008 bis Mai 2009. Damals wurden die Zinsen von der EZB in mehreren Schritten von 4,25 auf 1 Prozent gesenkt. Der DAX benötigte aber vom Moment der ersten Zinssenkung an bis zu seinem Tief noch rund fünf Monate – ging dann aber in einen Bullenmodus über und legte quasi in einem Zug von rund 4.000 auf 7.500 Punkte zu.

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Wir wissen natürlich nicht, ob es diesmal auch so läuft. An der Börse gibt es kein Drehbuch. Dennoch: Der Kursanstieg in den zurückliegenden Wochen war schon gewaltig. Der Aktienmarkt könnte daher auch noch einmal ein wenig ausatmen, bevor er dann im Laufe des kommenden Jahres kräftig einatmet. Das gilt insbesondere für die Technologieaktien. Anleger, die sich jedoch nicht mit der Auswahl an Einzeltitel beschäftigen möchten, können in Sachen Technologie-Aktien stattdessen einen ETF auf den Nasdaq 100 wählen.

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