Zschabers Börsenblick
Skilangläufer in Nuorgam Nuorgam Quelle: imago images

Euroland: Größer und besser als manche vermuten

Aktien aus dem Euroraum lohnen sich. Denn: In der Eurozone werden nicht nur die Zinsen sinken, Euroland könnte in diesem Jahr auch einen Konjunkturaufschwung sehen. Und zudem sind Euro-Aktien noch vergleichsweise günstig bewertet.

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Zu Beginn eine Preisfrage: Wie heißt die nördlichste Stadt eines Landes, das den Euro als Währung hat – und wie der südlichste Ort? Na! Gar nicht so einfach. Ich musste mich da auch erst mal schlau machen, so spontan weiß man das gar nicht. Schon komisch. Da leben wir auf einem Kontinent, auf dem sich mittlerweile 20 Länder zu einem Währungsraum zusammengeschlossen haben, und unser Wissen darüber hält sich arg in Grenzen.

Über die USA wissen hingegen viele Personen eine Menge – so etwa, dass es von New York nach Los Angeles etwa 4500 Kilometer sind, und dass es dabei ab St. Louis im Bundesstaat Missouri über die bekannte Route 66 geht. Doch wie der nördlichste und südlichste Punkt von „Euroland“ heißen, in dem wir ja schließlich leben, Schachmatt.

Ok, ich löse das Rätsel. Der nördlichste Punkt Finnlands und damit Eurolands heißt Nuorgam. Eine kleine Grenzstadt am Fluss Karasjchka, der an dieser Stelle Finnland von Norwegen trennt. Der südlichste Punkt eines Landes, das den Euro als Währung hat, liegt auf Zypern, die Akrotiri-Halbinsel. Und da man Zypern nicht direkt mit dem Auto erreichen kann, nehmen wir als südlichsten Punkt Capo delle Correnti auf Sizilien. Wollte man mit dem Auto von Nuorgam nach Capo delle Correnti fahren, würde man dafür etwa 60 Stunden benötigen, also bei einer täglichen Reisezeit von zwölf Stunden sind das fünf Tage. In diesen fünf Tagen würde man über 5300 Kilometer zurückliegen – also mehr Strecke machen als von New York nach Los Angeles quer durch die USA. Und: So ziemlich auf der gesamten Strecke – ausgenommen in Polen, wenn man die Route über Helsinki nach Tallinn wählt – könnte man in Euro zahlen, so wie man in den USA immer mit dem Dollar zahlen kann.

Der Euro als Wachstumsmotor

Nun, vielleicht sollten wir hier in Europa auch so eine Art Route 66 einführen, um die Popularität von Euroland zu steigern. Die Route Euro 1, oder so. Auf jeden Fall würde es Sinn machen, den Euro und Euroland mehr zu schätzen und mehr über sie zu wissen. Beide haben übrigens vor wenigen Tagen, am 1. Januar, ihren 25. Geburtstag gefeiert. Zur Erinnerung: Der Euro wurde Anfang 1999 erst als Buchgeld, 2002 als Bargeld eingeführt – neben Deutschland waren daran Finnland, Frankreich, Griechenland, Österreich, Belgien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederland, Portugal und Spanien beteiligt. Später kamen dann noch weitere hinzu: im Jahr 2007 Slowenien, 2008 Zypern und Malta, 2009 die Slowakei, 2011 Estland, 2014 Lettland, 2015 Litauen und schließlich 2023 Kroatien.

Wären diese Länder ein Staat, wie die USA, dann wäre Euroland nach den Vereinigten Staaten und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, mit einem geschätzten Bruttoinlandsprodukt von über 16 Billionen Dollar im neuen Jahr. Zum Vergleich: China wird auf rund 18 Billionen Dollar im laufenden Jahr kommen, die USA auf 28 Billionen Dollar.

Konjunkturerholung in Euroland

Worauf es mir an dieser Stelle aber vor allem ankommt: Wenn wir den Euro und Euroland mehr schätzen, dann lernen wir auch Europa als lohnendes Investitionsziel kennen. Es müssen nicht immer die USA sein, zumal die Eurozone dieses Jahr mit einer Konjunkturerholung punkten dürfte. Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) könnte Euroland der einzige große Währungsraum sein, der 2024 stärker wächst als im Vorjahr. Der IWF rechnet mit einem Zuwachs von 1,3 Prozent, 2023 dürfte das Plus nur bei knapp 0,7 Prozent gelegen haben. Im Vergleich geht das Wachstum in den USA von rund 2 auf 1,5 Prozent zurück, in China von 5 Prozent im zurückliegenden Jahr auf rund 4 Prozent im neuen Jahr. Damit wachsen die USA und China zwar immer noch kräftiger als Euroland, aber eben mit abnehmender Tendenz, wohingegen Euroland zulegt.

Der Aufschwung könnte von ersten Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) flankiert und unterstützt werden. Zwar halten sich die verantwortlichen Notenbanker offiziell mit entsprechenden Aussagen zurück, doch die Bereitschaft dazu ist erkennbar. Wann der erste Zinsschritt erfolgen könnte, ist schwer zu sagen; letztendlich wird wohl vor allem die Inflationsentwicklung den Zeitpunkt bestimmen. Je schneller die Inflationszahlen zurückkommen, desto zügiger könnte eine erste Zinsentscheidung folgen.

Auf der Jahrestagung der American Economic Association warnen führende Ökonomen vor den Folgen der wachsenden Staatsschulden und der Gefahr langfristig hoher Inflationsraten.
von Malte Fischer

Dass Euroland auf dem richtigen Weg ist, zeigen auch die Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone. Zwar liegt der Index für das verarbeitende Gewerbe im Dezember mit einem Stand von 44,4 Punkten noch unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, konnte im Vergleich zum Vormonat aber überraschend zulegen. Gleiches gilt für den Dienstleistungs-Index, der im Dezember 48,8 Zähler erreichte und im Vergleich zum November ebenfalls leicht anstieg. Trotz der noch immer niedrigen Niveaus sollten die Verbesserungen im aktuellen Umfeld nicht unterschätzt werden. Es ist typisch, dass zu Beginn einer Wirtschaftserholung die für die Indexerhebung befragten Manager in den Unternehmen eher zurückhaltend sind. Erst nach und nach hellen sich das Umfeld und damit die Stimmung auf.

Die Favoriten an der Börse

Die Chancen, dass die europäischen Börsen nach einem erfreulichen Jahr 2023 auch in 2024 gut performen werden, stehen also gar nicht mal so schlecht. Zumal: Europäische Aktien sind – gemessen am EuroStoxx 50 – im globalen Vergleich eher günstig bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des EuroStoxx 50 liegt im Dezember 2023 bei 13,5 Punkten; der amerikanische S&P 500 weist hingegen ein KGV von über 25 auf. Interessierte Anleger, die eine Einzelauswahl an Euro-Aktien scheuen, können auf ETFs auf den EuroStoxx 50 zurückgreifen.

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Wer hingegen eine Einzelauswahl favorisiert, sollte in einem ersten Schritt vor allem auf die sogenannten Frühzykliker setzen – also Unternehmen, die von einer Wirtschaftserholung in einem sehr frühen Stadium profitieren. Das ist etwa die Chemiebranche, deren Konzerne häufig Basisprodukte herstellen, die die Wirtschaft benötigt, wenn es wieder gut läuft. Aber auch Maschinenhersteller und Stahlerzeuger werden als Frühzykliker gehandelt. In einem zweiten Schritt kommen dann die sogenannten Spätzykliker ins Spiel, etwa Konsumwerte und Fluggesellschaften. Doch bis dahin dürfte es noch ein wenig dauern.

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