Der Krimi um den Formwechsel des Wind- und Solaranlagenprojektierers Abo Wind bekommt ein weiteres Kapitel. Der aktivistische Investor Enkraft hat Anfechtungsklage erhoben gegen sämtliche Beschlüsse der außerordentlichen Hauptversammlung (HV) von Abo Wind Ende Oktober. Dahinter steckt ein seit Monaten schwelender Streit: Abo Wind will die Rechtsform wechseln – Minderheitsaktionäre wollen das verhindern.
Abo Wind soll von einer Aktiengesellschaft (AG) in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) umgewandelt werden. Die Entscheidung hatte im Vorfeld unter freien Aktionären von Abo Wind für Unmut gesorgt. Die Komplementäre einer KGaA haben weitergehende Rechte als der Vorstand einer AG. Minderheitsaktionäre befürchten, dass die Gründerfamilien von Abo Wind, die Familien Ahn und Bockholt, in Zukunft durchregieren. Das können sie bei einer KGaA auch dann, wenn ihr Anteil am Unternehmen von derzeit rund 52 Prozent durch die Ausgabe weiterer Aktien verwässert würde.
Seit die Formwechselpläne bekannt sind, ist der Aktienkurs des Unternehmens abgestürzt. Darüber, warum das so ist, gibt es unterschiedliche Meinungen. Die Geschäftsführung von Abo Wind nennt als Grund etwa das veränderte Zinsumfeld – sagt aber auch: „Dass aktivistische Aktionäre das Unternehmen öffentlich schlecht machen, ist nicht hilfreich.“ Enkraft sowie Vertreter von Aktionärsschutzvereinigungen dagegen meinen: Der Markt strafe das Unternehmen für den geplanten Formwechsel ab. Denn der sei nicht, wie von Gründern und Vorstand kommuniziert, zum Besten des Unternehmens, sondern bloß zum Besten der Mehrheitsaktionäre, die ihre Macht zementieren wollten.
Enkraft hält derzeit rund fünf Prozent an Abo Wind. Der Investor sieht seine Anfechtungsklage durch „substanzielle Fehler“ bei der HV Ende Oktober begründet. Seine Argumentation: Die Gründer von Abo Wind hätten ein Stimmverbot missachtet. Laut Aktiengesetz dürfen manche Aktionäre auf Hauptversammlungen in bestimmten Fällen nicht abstimmen. Enkraft sieht einen solchen Fall hier gegeben.
Auf der HV wurden vier von den Aktionären zu wählende Aufsichtsratsmitglieder für die neue KGaA bestellt. Bei dieser Wahl darf die persönlich haftende Gesellschafterin der KGaA nicht mitstimmen. Die Gesellschafterin – auch Komplementärin genannt – ist in diesem Fall die Ahn & Bockholt Management GmbH, die zu gleichen Teilen den Abo-Wind-Gründern Jochen Ahn und Matthias Bockholt gehört. Beide Herren hätten aber sehr wohl über den Aufsichtsrat mit abgestimmt, heißt es von Enkraft. Abo Wind äußert sich nicht zu diesem und weiteren Vorwürfen: Die Klage liege dem Unternehmen noch nicht vor.
Sonderprüfung gefordert
Selbst ohne die Stimmen der Gründer wäre der Antrag auf Formwechsel mit ausreichender Mehrheit beschlossen worden. Enkraft argumentiert aber, dass sich das Stimmverbot auch auf die weiteren Mitglieder der Gründerfamilien erstrecke. Schließlich sei in der Satzung der neuen KGaA festgeschrieben, dass sich die persönlich haftende Gesellschafterin dauerhaft im Alleineigentum der Gründerfamilien befinden müsse – und nicht nur der zwei Gründer. In Zukunft unterlägen daher stets und ausschließlich Mitglieder der Familien Ahn und Bockholt der Überwachung durch den Aufsichtsrat. Damit müsse sich das Stimmverbot auf die Familienmitglieder erstrecken, so Enkraft. Andernfalls könnten Jochen Ahn und Matthias Bockholt kurzerhand Aktien auf Familienmitglieder übertragen, um diese dann die Mitglieder des Aufsichtsrats wählen zu lassen.
Würden die von den Familienmitgliedern abgegebenen Stimmen nicht zählen, hätte der Antrag auf Umwandlung in eine KGaA nicht die nötige Mehrheit bekommen. Enkraft fordert, eine neue außerordentliche HV einzuberufen. Dort soll unter anderem ein Sonderprüfer bestellt werden, der die Vorbereitung von Abo Wind auf den Rechtsformwechsel unter die Lupe nehmen soll. Und er soll klären, ob die Ad-Hoc-Mitteilung von Abo Wind zum Formwechsel womöglich zu spät ausgesendet wurde. Die Pläne zum Formwechsel seien nach der Ad-Hoc-Mitteilung sehr schnell sehr konkret geworden, heißt es von Enkraft. Durch den folgenden Kursverfall sei Abo-Wind-Aktionären „ein nicht unerheblicher Schaden“ entstanden.
Wenigstens über eine Sache sind sich das Unternehmen und seine Minderheitsaktionäre dann aber doch einig: Mit Abo Wind soll es an der Börse wieder aufwärts gehen. Im Unternehmen selbst gibt man sich optimistisch. Entscheidend sei, dass es operativ weiterhin gut laufe. Man sei sicher, dass das früher oder später auch vom Kapitalmarkt wieder geschätzt werden werde.
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