Wer derzeit eine Immobilie kaufen will, überlegt es sich aufgrund der schwierigen Finanzierungsbedingungen offenbar besonders genau. Die Zahl der Immobilienverkäufe habe den stärksten Rückgang erlebt, den das Gewos-Institut für Wohnforschung je gemessen hat, wie es am Donnerstag mitteilte. Demnach sank das Umsatzvolumen um fast 30 Prozent im Vergleich zum schon bescheidenen Vorjahr auf rund 198 Milliarden Euro. Auch werden nur noch 591.800 Käufe für das laufende Jahr erwartet.
Im laufenden Jahr treten die Folgen des Zinsanstiegs stärker zu Tage als noch 2022, erklärte Gewos-Experte Sebastian Wunsch. Der bislang moderate Rückgang der Kaufpreise könne den Anstieg der Finanzierungskosten nicht annähernd kompensieren. Für Selbstnutzer wird so der Immobilienkauf immer schwieriger, da die Finanzierungskosten steigen und die hohe Inflation die Kaufkraft schmälert. Investoren wiederum warteten aus Unsicherheit ab.
Ausgeprägten Kaufzurückhaltung
Wunsch betonte: „Die aktuelle Marktsituation ist weiterhin von einer ausgeprägten Kaufzurückhaltung gekennzeichnet. Gegenwärtig sehen wir für den weiteren Jahresverlauf keine wesentlichen Änderungen der marktbestimmenden Faktoren.“
Die Inflationsrate liege weit entfernt von den Zielvorstellungen der Notenbanken, so dass mittelfristig nicht mit einer Entlastung bei den Zinsen zu rechnen sei.
Preissturz durch hohe Bauzinsen
Die hohen Bauzinsen von mittlerweile etwa 4 Prozent sorgen jedoch auch dafür, dass es zu beträchtlichen Abschlägen bei den Preisen von Wohn- und Geschäftshäusern kommt. Laut einer Studie des Immobilienberaters Colliers sanken die Preise um 17 Prozent im Vergleich zum Sommer letzten Jahres und Zinshäuser kosteten somit wieder so viel wie 2018.
Dieser Trend sorgt unter anderem dafür, dass sich Immobilien wieder als Kapitalanlage für langfristige Investitionen lohnen können. Hier lesen Sie die komplette Analyse, für wen sich der Immobilienkauf jetzt lohnt.
Hohe Mieten, hohe Renditen
Für langfristige Investoren wie Birger Dehne vom gleichnamigen Family Office ist diese Situation besonders lukrativ. Im Interview mit der WirtschaftsWoche spricht der Gründer sogar davon, dass Mietwohnungen als Asset noch besser geworden wären und widerspricht so dem gängigen Narrativ eines Immobilienmarktes in der Krise: „In den 25 Jahren, die ich im Geschäft aktiv bin, war die Mietwohnung noch nie so gefragt wie heute.“
Verwerfungen am Immobilienmarkt sieht er nur im spekulativen Bereich des Marktes. Daher hält er es für einen Fehler, wenn Privatleute jetzt über einen Verkauf ihrer Wohnimmobilie nachdenken. Er appelliert: „Betrachtet den Markt differenzierter.“
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