Dienst an der Waffe Wehrpflicht-Modelle im Vergleich: Was kann Deutschland vom Ausland lernen?

Zwei Soldaten am Marinestützpunkt in Wilhelmshaven. Quelle: imago images

Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine entbrennt in Deutschland die Wehrpflichtdebatte erneut. Ein Blick auf verschiedene Modelle und die Situation in anderen Nato-Ländern.

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Spätestens seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird in Deutschland wieder verstärkt über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert. Nach 55 Jahren war sie im Juli 2011 unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. 

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt derzeit wegen der veränderten Sicherheitslage Modelle einer Dienstpflicht prüfen, darunter das schwedische Wehrpflichtmodell. Für ein ähnliches Konzept hat sich jetzt auch der CDU-Bundesparteitag ausgesprochen. 

Doch wie sieht dieses Modell aus – und wie sieht die Wehrpflicht bei anderen Nato-Mitgliedern aus? Eine Auswahl: 

Nachdem Schweden die Wehrpflicht 2010 ausgesetzt hatte, wurden sie sieben Jahre später wieder eingeführt. Trotzdem werden längst nicht alle jungen Männer und Frauen aus einem Jahrgang eingezogen. Nachdem zunächst alle einen Fragebogen von der Musterungsbehörde bekommen, wird nur ein Teil von ihnen zur Musterung eingeladen. Ein ausgewählter Kreis wiederum erhält dann am Ende Angebote für einen Dienst. Es handelt sich also um eine Art Musterungspflicht. In sechs bis 15 Monaten bekommen die Rekrutinnen und Rekruten eine militärische Grund- und Führungsausbildung.

Verteidigungsminister Pistorius denkt darüber nach, die Bundeswehr auch für Menschen ohne deutschen Pass zu öffnen. Zustimmung kommt aus dem Kabinett und von der Opposition. Doch es gibt Zweifel an der Sinnhaftigkeit.
von Sebastian Schug

Dänemark

In Dänemark gilt die Wehrpflicht bislang für Männer ab 18 Jahren. Weil es genug Interessenten gibt, wird aber nur ein Teil eines Jahrgangs einberufen. Doch das soll sich ab 2026 ändern: Geplant ist, dass die Wehrpflicht auch auf Frauen ausgeweitet wird. Der Grundwehrdienst soll zudem von vier auf elf Monate verlängert werden. 

In Griechenland herrscht eine Militärpflicht für alle Männer. Sie beträgt zurzeit in allen Waffengattungen zwölf Monate. Wer an den Grenzen dient, bleibt nur neun Monate. Das gilt auch für Sondereinheiten, wie beispielsweise bei den Fallschirmjägern oder den Tauchern. Daneben gibt es die Möglichkeit zu einem Zivildienst, der aber doppelt so lang dauert. Wegen schrumpfender Bevölkerung plant Athen einen freiwilligen Militärdienst auch für Frauen.

In der Türkei gilt die Wehrpflicht laut Gesetz für alle Männer zwischen 20 und 41 Jahren. Sie müssen mindestens sechs Monate dienen. Gegen eine Zahlung von umgerechnet etwa 5200 Euro kann die Zeit auf vier Wochen verkürzt werden. Sich dem Wehrdienst zu entziehen, wird mit Geldbußen und Gefängnis bestraft. In der Vergangenheit machte es die Regierung mehrfach zeitlich begrenzt möglich, sich vollständig vom Wehrdienst freizukaufen. Ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gibt es nicht.

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Lettland

Lettland hatte in Reaktion auf den Angriffskrieg des Nachbarlandes Russland gegen die Ukraine den Wehrdienst schrittweise wieder eingeführt: zunächst von Mitte 2023 an auf freiwilliger Basis, seit Anfang 2024 verpflichtend. Eingezogen werden Männer im Alter von 18 bis 27 Jahren. Frauen können freiwillig die elfmonatige militärische Ausbildung absolvieren. Ein alternativer Ersatzdienst ist in einer dem Verteidigungsministerium unterstellten Einrichtung zu leisten.

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