Bundesarbeitsgericht Mehr Geld für Überstunden bei Teilzeitjobs?

Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: In einem Bürohochhaus sind am Abend zahlreiche Büros beleuchtet, in denen noch gearbeitet wird. Quelle: dpa

Viele Menschen arbeiten in Teilzeit. Werden sie bei Überstundenzuschlägen schlechter behandelt als Vollzeitbeschäftigte? Das wird nun am Bundesarbeitsgericht verhandelt.

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Arbeitnehmer in Teilzeit können in diesem Jahr mit einer Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu ihrem Anspruch auf Überstundenzuschläge rechnen. Bei dem Verfahren, das voraussichtlich Ende April aufgerufen wird, gehe es um die Frage der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in Teil- und Vollzeit bei Mehrarbeitszuschlägen, sagte die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, am Mittwoch in Erfurt bei der Vorlage des Jahresberichts. „Das betrifft sehr, sehr viele Tarifverträge“, sagte Gallner. In Deutschland arbeiten nach Zahlen des Statistischen Bundesamts mehr als zwölf Millionen Menschen in Teilzeit – besonders hoch ist der Anteil bei Frauen.

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In vielen Tarifverträgen ist geregelt, dass Teilzeitjobber erst dann Mehrarbeitszuschläge bekommen, wenn sie mit der Zahl der erbrachten Überstunden die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschritten haben – die sogenannte Vollzeitquote. Für Menschen in Teilzeitjobs mit vielen Überstunden könnte sich das Urteil der höchsten deutschen Arbeitsrichter damit auch im Portemonnaie auswirken. Verhandelt wird beim Bundesarbeitsgericht nach Angaben von Gallner ein Fall von Lufthansa CityLine, der auch schon den Europäischen Gerichtshof beschäftigt hat. Die europäischen Richter sahen im konkreten Fall eine Ungleichbehandlung bei Mehrarbeitszeitzuschlägen durch die Vollzeitquote gegeben.

Bei ihrem Ausblick auf in diesem Jahr anstehende Verhandlungen verwies die Gerichtspräsidentin auf eine Reihe von Fällen aus der Corona-Pandemie, die jetzt bis zur höchsten Arbeitsgerichtsinstanz kamen. Im Juni gehe es beispielsweise beim BAG um die heftig umstrittene einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitsbereich, und ungeimpfte Arbeitnehmer, die freigestellt damals wurden, sagte Gallner.

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Zahl der Fälle nur leicht gestiegen

Beim Bundesarbeitsgericht gingen im vergangenen Jahr insgesamt 1391 Revisionen, Rechtsbeschwerden und Nichtzulassungsbeschwerden ein. Das seien 125 mehr gewesen als 2022. Der seit einigen Jahren anhaltende rückläufige Trend sei damit nicht grundlegend unterbrochen worden, so die Präsidentin. Einen Grund für weniger arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen sei die verhältnismäßig gute Konjunktur der vergangenen Jahre, so Gallner. Sie rechne auch nicht mit einer deutlichen Zunahme in absehbarer Zeit. „Wir haben einen Arbeitnehmermarkt.“ Gerade junge Arbeitnehmer würden bei Entlassungen schnell wieder eine neue Anstellung finden.

2023 hatten die Bundesarbeitsrichter in Erfurt unter anderem Grundsatzurteile gegen die Benachteiligung von Frauen bei der Bezahlung sowie zu Nachtarbeitszuschlägen in der deutschen Lebensmittel- und Getränkeindustrie gefällt. Aber auch über Sonderfälle verhandelten sie – wie die Forderung einer Yoga-Priesterin nach Mindestlohn.

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Gallner verwies darauf, das gegen mehrere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu Nachtarbeitszuschlägen, die in Tarifverträgen unterschiedlich geregelt sind, inzwischen Verfassungsbeschwerde eingereicht wurde. Zu Nachtarbeitszuschlägen hatte es bei den deutschen Arbeitsgerichten eine regelrechte Klageflut gegeben.


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