Bundeshaushalt 2025 Mehr Geld trotz Schuldenbremse: Die FDP sucht nach kreativen Lösungen

Bundesfinanzminister Christian Lindner. Quelle: dpa

Die Beratungen für den Bundesetat 2025 werfen ihre Schatten voraus. Die Liberalen wollen an der Schuldenbremse festhalten, aber mit staatlichen Garantien mehr privates Kapital mobilisieren, um wichtige Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Auch Bundesbesitz soll versilbert werden.

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Wenn es nach Christian Lindner geht, dann sollen die absehbaren Löcher im nächsten Bundeshaushalt mit Einsparungen unter anderem im Sozialbereich sowie mit Einnahmen geschlossen werden, die aus einem höheren Wirtschaftswachstum resultieren. Das mag mit Blick auf die mageren Prognosen der Institute und Sachverständigen zwar wie ein frommer Wunsch klingen, aber der Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzende arbeitet gerade mit Hochdruck an einem 50 Punkte umfassenden Programm, um die Konjunktur zu beleben.

Mit dabei sind neben Einsparvorschlägen wie die Streichung der Rente mit 63 und liberalen Klassikern wie Bürokratieabbau sowie zahlreiche Maßnahmen zur besseren steuerlichen Abschreibung auch Ideen wie eine Änderung von Kapitalmarktregeln, um mehr privates Kapital für Investitionen in Infrastruktur anzuregen. Im Zentrum steht ferner die staatliche Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW), die Investoren mit Garantien anlocken soll. Das 50-Punkte-Programm wird gerade in einem kleinen Kreis im Ministerium erarbeitet – unter Einbeziehung der FDP-Fraktionsspitze. Zum Bundesparteitag der Liberalen Ende April in Berlin soll es fertig sein und von den Delegierten beschlossen werden.

Die Spielräume sind extrem eng

Doch bei aller Zuversicht in Lindners Fähigkeiten wächst auch bei den FDP-Bundestagsabgeordneten die Einsicht, dass die Einsparpotenziale wegen des Widerstands der Ampelpartner SPD und Grüne sehr gering und der Finanzbedarf für die künftigen Aufgaben anhaltend hoch ist. Deshalb beugen in der Bundestagsfraktion vor allem die Verkehrs- und Verteidigungspolitiker ihre Köpfe über die Haushaltsvorgaben. In beiden Bereichen gibt es hohe Anforderungen, aber der jeweilige Spielraum ist extrem eng. Bundesfinanzminister Lindner zeigt sich streng – auch gegenüber den liberalen Ministern. Er hat allen Ressorts die Vorgabe gemacht, bei der Aufstellung des Haushalts 2025 den Finanzplan aus dem Vorjahr als verpflichtende Grundlage zu nehmen. Was nichts anderes bedeutet als Einsparungen, denn unvermeidliche Preis- und Kostensteigerungen müssen in den einzelnen Etatansätzen aufgefangen werden.

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Probleme bei Verteidigung und Verkehr

Besonders schwierig dürfte das im Bereich der Bundeswehr sein, wenn das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts eingehalten werden und die Bundeswehr in den von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gewünschten kriegstauglichen Zustand versetzt werden soll. Noch kann für die militärische Ertüchtigung das „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro herangezogen werden. Doch spätestens 2028, wenn das Sondervermögen ausgelaufen sein wird, muss der Verteidigungsetat von heute rund 50 Milliarden auf mindestens 80 Milliarden Euro jährlich steigen, wenn das Zwei-Prozent-Ziel der Nato wie von Bundeskanzler Olaf Scholz zugesagt auch erfüllt werden soll. Wo allerdings die zusätzlichen 30 Milliarden Euro herkommen sollen, ist eine der schwierigsten Fragen. Während dafür jedoch noch etwas Zeit verbleibt, muss beim Thema Verkehr rasch entschieden werden. Dem zuständigen Ressortchef Volker Wissing (FDP) fehlt das Geld an allen Ecken und Kanten. Er braucht mindestens fünf Milliarden Euro zusätzlich, um die laufenden Projekte finanzieren zu können.

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In seiner Not machte Wissing in Absprache mit Lindner den Vorschlag, einen Infrastrukturfonds aufzulegen, aus dem der Erhalt und Ausbau des Schienennetzes sowie von Straßen und Wasserwegen langfristig finanziert werden sollen. Ein großer Teil der Mittel für den Fonds soll aus privaten Kapitalquellen kommen. Eine Abkehr von der Schuldenbremse soll damit nicht verbunden werden. „Ich finde es richtig, aus Gründen der Nachhaltigkeit an der Schuldenbremse festzuhalten, aber man kann bei der Mobilisierung von Kapital für Zukunftsinvestitionen schon etwas kreativer sein“, sagt Lukas Köhler, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP. „Ich finde die die Idee von Volker Wissing sehr gut, einen Infrastrukturfonds aufzulegen und dabei zu versuchen, mehr privates Kapital zu nutzen. Wir brauchen zum Beispiel sehr hohe Investitionen in Strom- und Verteilnetze, aber für die deutschen Unternehmen ist es sehr schwer, hier genügend Mittel zu mobilisieren“, so Köhler weiter. Der Ausweg, den auch Wissing und Lindner im Auge haben: „Über eine Änderung der Kapitalmarktvorschriften lassen sich neue Möglichkeiten eröffnen.“ Bislang sind Investitionen in öffentliche Infrastrukturen begrenzt, obwohl die Risiken eher als gering eingestuft werden können. Hinzu kommt die Überlegung, solche Investitionen durch Garantien der KfW abzusichern und private Geldgeber damit mehr zu locken.

Verkauf von Bundesbesitz

Eine weitere Möglichkeit ist der Verkauf von Tafelsilber. „Ich finde es richtig, die Erlöse aus dem Verkauf von Bundesbeteiligungen nicht in den normalen Haushalt fließen zu lassen, sondern damit einen langfristigen Fonds für Zukunftsinvestitionen anzulegen“, betont FDP-Fraktionsvize Köhler.

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Angesichts des hohen Finanzbedarfs überlegt Lindner auch, an der Konjunkturkomponente der Schuldenbremse noch Veränderungen vorzunehmen. Aus dieser vom Wachstum abhängigen Komponente ergibt sich der neben der Schuldenbremse noch zulässige Kreditrahmen für den Bund. Die Spielräume will Lindner dem Vernehmen nach etwas ausweiten – eine Lockerung oder gar Aussetzung der Schuldenbremse sei damit aber nicht verbunden, wird in der FDP betont. Viel bringt die Veränderung der Komponente jedoch nicht. Möglich wäre allenfalls ein niedriger einstelliger Milliardenbetrag, sagt ein FDP-Finanzexperte. Aber in Zeiten wie diesen zählt jeder Euro.

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