Deutschland ist weit davon entfernt, die Ziele der Klimakonferenz von Paris und die Vorgaben der UN-Nachhaltigkeitsagenda zu erreichen. Aktuell werden mehr als dreiviertel der deutschen Primärenergie importiert und stammen aus fossilen Quellen. Es bedürfe daher noch enormer Anstrengungen, um die selbst gesetzten Ziele auf der Basis einer Beibehaltung des aktuellen Wohlstandsniveaus zu erreichen, schreiben die Autoren einer neuen Studie der C4D-Beratungsagentur im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung.
Aus den energiewirtschaftlichen Untersuchungen des künftigen Importbedarfs ergeben sich drei Kernbotschaften, die im Detail in der Studie erörtert werden: Der enorme Energiebedarf Deutschlands wird entweder durch das Verringern der Wirtschaftskraft gesenkt oder er wird durch den Import fossiler Energieträger gedeckt. Die Wahl nachhaltiger Energieträger sei zunächst ein wissenschaftliches Problem in Technik und Wirtschaft, so die Studie, und erst dann ein politisches – nicht umgekehrt. Es sei eine politische Entscheidung, in welchem Teil der Energiekette, von der Erzeugung bis zum Endverbrauch, der höchste Transformationsaufwand getrieben werde.
Importquellen breit streuen
Ein erfolgreiches Handelsportfolio für den Energieimport sollte geografisch und bei der Wahl der Energieträger immer möglichst vielfältig sein. Der Aufbau des Handelsportfolios müsse rasch geschehen und sich an zwei wesentlichen Fragen orientieren: Zu welchem Preis lassen sich die auf dem Weltmarkt stark nachgefragten Energieträger importieren und welche Exportgüter bietet Deutschland in den kommenden Jahrzehnten an, die andere energiehungrige Nationen nicht besser und günstiger erzeugen können?
Angelehnt an den 2050 Net Zero-Report der International Energy Agency (IEA) besteht laut der Studie das optimale Energiesystem aus einem Mix der bekannten Alternativen: Wind, Sonne und Kernkraft in erweiterten intelligenten Stromnetzen – und zwar im Verbund mit Wasserstoff und seinen Derivaten als essenzielle Speicher- und Transportmittel.
Zu wenig grüner Wasserstoff
Nach Auffassung der Studienautoren komme das wirtschaftliche und politische Umfeld in Deutschland langsam zu der Erkenntnis, dass die Ausbaupläne für eine Wasserstoffinfrastruktur nicht die nötigen Mengen bereitstellen. Zudem fokussiere man sich zu stark auf reinen Wasserstoff, der sehr hohe Anforderungen an die Infrastruktur hinsichtlich Speicherung und Transport stelle. Die Alternativen wie Methan, Ammoniak, Methanol und die höherwertigen Kohlenwasserstoffe, wie E-Fuels oder Syn-Fuels, seien ein international anerkannter „eleganter Weg, um die bestehende Infrastruktur mit CO2-neutralen Energieträgern per einfachem 'Drop-In', zu nutzen“. Möglich sei die Skalierung dieser Lösung zu Kosten, die nur unwesentlich über denen der fossilen Energieträger liegen.
Die Studie zeige eindeutig, dass die Alternative zu diesen Energieträgern eine Verlängerung des fossilen Zeitalters darstelle. Deshalb müsse der Aufbau eines internationalen Handelsportfolios für die genannten Energieträger priorisiert und möglichst schnell und zielgerichtet fortgeführt werden. Auch die Option der Kernfusion solle in eine langfristige Energieplanung für Deutschland aufgenommen werden.
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