Editorial
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Putins Kriegswirtschaft ist robust – doch das böse Erwachen kommt

Quelle: Jann Höfer für WirtschaftsWoche
Horst von Buttlar Chefredakteur WirtschaftsWoche

Die russische Wirtschaft schlägt sich unter den Sanktionen besser als erwartet. Bleiben müssen sie dennoch – denn ihre wahre Wirkung wird erst in der Zukunft sichtbar. Eine Kolumne.

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Vor zwei Jahren verhängte der Westen ein Bündel von Sanktionen gegen Russland, die es in der Form und dem Ausmaß noch nicht gegen ein Land gegeben hatte. Ihre Wirkung hat enttäuscht, reicht aber dennoch weit über Russland hinaus. Denn in der Folge hat das Sanktionsregime zwei mächtige Narrative erzeugt: zum einen, dass der Westen samt seiner Werte und Weltordnung im Niedergang sei und sich auflöse. Zum anderen, dass viele Länder, vor allem in Europa, mehr leiden als Russland, dessen Wirtschaft robust durch den Krieg steuert, sich angepasst hat. Vor allem das zweite Narrativ ist wirkmächtig, weil damit Politik gemacht wird – und es in Wahlkämpfen benutzt wird, mit dem Ruf nach „Verständigung mit Moskau“, damit bald wieder billiges Gas fließt.

Diese Narrative sind nicht falsch, aber sie zeichnen ein Zerrbild und versuchen, eine Welt wiederherzustellen, die zerstört wurde – und zwar von Russland.

In der Tat schlägt sich die russische Wirtschaft besser als erwartet, gerade hat der IWF seine Wachstumsprognose auf 2,6 Prozent verdoppelt. Für diese „Stärke“ gibt es vier Ursachen: Moskau hat es geschafft, die Finanzsanktionen abzufedern und den Rubel zu stabilisieren.

Zweitens ist vor allem China als Lieferant von Technologie und Käufer von Rohstoffen eingesprungen. Drittens haben sich Handelsströme in Schmugglerrouten verwandelt, über Länder wie die Türkei oder Kasachstan. Und viertens, hat Putin sein Land in eine Kriegswirtschaft verwandelt – weshalb BIP-Zahlen trügerisch sind. Die Produktion militärischer Güter ist um ein Drittel gewachsen, die Autoproduktion indes eingebrochen.

Die Schwächen Moskaus sind weniger sichtbar, aber das sollte uns nicht täuschen: Die Zukunft, die Russland seit zwei Jahren der Ukraine raubt, nimmt es auch sich selbst – nicht nur, weil es Hunderttausende Soldaten verheizt. Entscheidend ist die Zeit danach, die Kriegsmaschinerie wieder umzustellen, dann werden die Lücken sichtbarer, der Verlust an Technologie und Talenten, die zerstörten Handelsbeziehungen mit Europa – und sie sind schmerzhafter als eine Ikea- oder McDonald’s-Filiale, die dichtgemacht hat. Das wird das Erbe Putins sein.

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Die Sanktionen müssen bleiben – und nachgeschärft werden, auch wenn sie Putin nicht davon abbringen, das russische Imperium wiederbeleben zu wollen. Aber man muss ihn in diesem Streben weiterhin so sehr schwächen wie möglich.

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