Gasumlage 2022 gestoppt Zusatzabgabe kommt doch nicht: Alles Wichtige zum Ende der Gasumlage

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Gab es weitere Kritikpunkte oder Probleme?

Eines der zentralen Probleme ist bereits angeklungen: Die Mehrkosten, die Verbraucher durch die Umlage zu tragen hätten, hätten insbesondere für einkommensschwache Haushalte ein großes Problem dargestellt. Denn: Die Umlage wäre abhängig vom Verbrauch und weitestgehend unabhängig vom Einkommen erhoben worden. Hinzu kommt die parallel anhaltend hohe Inflation, die die Verbraucherpreise auf allen Ebenen steigen lässt. Auch die Einbußen der Corona-Zeit wirken unter Umständen noch finanziell nach.

Wie die gestiegenen Energiekosten dann geschultert werden sollten, war vielen Haushalten unklar. Stadtwerke rechneten daher bereits mit Zahlungsausfällen.

Um dem entgegenzuwirken, hatte die Ampelkoalition im Laufe des Jahres schon einzelne Entlastungen beschlossen. Dazu zählen zum Beispiel die Anhebung steuerlicher Freibeträge, das 9-Euro-Ticket oder die Energiekostenpauschale. Weitere Maßnahmen folgen mit dem dritten Entlastungspaket. Politiker riefen zudem dazu auf, durch Einsparungen selbst für Entlastung zu sorgen. Möglicherweise hat die erkennbare Belastung vieler Haushalte aber nun auch zu der Kehrtwende bei der Gasumlage geführt. Denn auch der Mittelstand klagt nun bereits über die Lasten der Krisen.

Auf welcher Rechtsgrundlage sollte die Gasumlage erhoben werden?

Für die Einführung der Gasumlage sollte das deutsche Energiesicherungsgesetz angewandt werden. Auf Basis des Gesetzes sollte dann zum 1. Oktober eine Verordnung des Wirtschaftsministers folgen, in der die juristischen Einzelheiten benannt werden. Dem gegenüber hatte es allerdings immer wieder juristische Bedenken von Staats- und Verfassungsrechtlern gegenüber einer möglichen Gasumlage gegeben. Sie könnte den eigentlich geltenden Vertragsinhalten zwischen Versorgern und Endkunden widersprechen. Zwischenzeitlich gab es auch Stimmen aus Regierungskreisen, die die rechtliche Umsetzbarkeit der Gasumlage in Frage stellten. Zudem war rechtlich unklar, ob der angedachte Hauptprofiteur Uniper auch als Staatskonzern noch an der Umlage beteiligt werden dürfte.

Was brachte die Gasumlage am Ende zu Fall?

Letztlich gab es wohl kurz vor der Einführung der Gasumlage zu viele wirtschaftliche, juristische und verwalterische Bedenken. Darunter fiel die Frage, ob die deutschen Haushalte die Umlage noch schultern können, aber auch wie man profitable Gasversorger von der Umlage ausschließen könnte.

Zudem fehlte es quer durch das Parlament an eindeutigen Fürsprechern der Umlage. So gab es nicht nur seitens der Opposition aus CDU, Linken und AfD massiven Widerstand, auch aus den Reihen der Ampel-Regierung gab es Zweifel. Die CDU verkündete mehrfach das Vorhaben noch kippen zu wollen, sollte es tatsächlich umgesetzt werden. Diesen Disput wollte sich die Koalition womöglich ersparen. Auch, weil der Rückhalt für Teile der Regierung bereits in der Bevölkerung wackelte.

Was passiert mit der Mehrwertsteuer beim Gas?

Lange war unklar, ob auf die geplante Kostenerhöhung für Gaskunden ab Oktober auch eine Mehrwertsteuer fällig werden würde. Zwar wollten sowohl Wirtschaftsminister Habeck als auch Finanzminister Lindner gern auf die Steuerbelastung von 19 Prozent verzichten. Das galt aber als schwierig, weil solche Ausnahmen laut Finanzministerium im Europarecht nicht vorgesehen sind. Die EU signalisierte entsprechend wenig Gesprächsbereitschaft. Dann plante die Regierung offenbar, die Mehrwertsteuer stattdessen auf den in der EU gültigen Mindestsatz von sieben Prozent abzusenken.

Mit dem Beschlusspapier zum dritten Entlastungspaket wurde dann klar: Die Ampelkoalition wird die Mehrwertsteuer auf Gas absenken. Vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2023 - also für ein halbes Jahr - gilt der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent auf Gas. Dabei dürfte es trotz der beschlossenen Rücknahme der Gasumlage bleiben.

Was kommt als Nachfolger oder Alternative der Gasumlage?

Anstatt einer Erhöhung der Kosten soll nun eine Entlastung bei den Energiekosten kommen. Die Ampelkoalition plant nun einen sogenannten „Abwehrschirm“. Er soll Verbraucher und Unternehmer vor einem zu starken Anstieg der Energiekosten schützen. Die neue Maßnahme soll auch eine Gaspreisbremse enthalten. Sie soll dazu führen, dass die Gaskunden für ihren Verbrauch nicht mehr als einen staatlich festgelegten Maximalpreis zahlen. Die weiteren Details dürften in Kürze bekannt werden. Hintergrund ist offenbar, dass man in der Koalition nun davon ausgeht, dass die Mischung aus Inflation, Krieg und Rezession Bürger und Unternehmen allein bereits überfordert. Und dass es die Gasumlage nicht noch als Zusatzbelastung benötigt. Hinter der Finanzierung des 200 Milliarden Euro schweren neuen Vorhabens stehen aber noch einige Fragezeichen.

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