Hartz-IV-Nachfolger CDU will Bürgergeld abschaffen – Heil hält dagegen

Linnemann möchte das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abschaffen. Quelle: imago images

Der Nachfolger von Hartz IV ist noch nicht einmal ein Jahr alt, da will die CDU das Bürgergeld komplett streichen. Arbeitsminister Heil verteidigt sein Projekt – warnt aber auch davor, sich auf die faule Haut zu legen.

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Die Debatte um das Bürgergeld wird hitzig – die CDU geht in den Angriffsmodus über. In zwei Interviews äußerte Generalsekretär Carsten Linnemann sein Unverständnis gegenüber der aktuellen Umsetzung des Bürgergelds: „Wer nicht arbeiten will, muss das nicht tun – er kann dann aber auch nicht erwarten, dass die Allgemeinheit für seinen Lebensunterhalt aufkommt“, sagte Linnemann der „Süddeutschen Zeitung“. Im „Bild“-Interview legte er nach: „Jeder, der arbeiten kann und Sozialleistungen bezieht, muss nach spätestens sechs Monaten einen Job annehmen, ansonsten gemeinnützig arbeiten“.

Daher soll der erst in diesem Jahr eingeführte Nachfolger von Hartz IV nach Ansicht der CDU in jetziger Form abgeschafft werden. Die Partei will die Forderung im neuen Grundsatzprogramm verankern. Notwendig seien „mehr Anreize für die Jobaufnahme“.

Hinter der Forderung steht die weitverbreitete Befürchtung, dass besonders die geplante Erhöhung in zwei Monaten dafür sorgen könnte, dass das Bürgergeld zu attraktiv werde und somit Arbeitsanreize reduziere. Für Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sind diese Sorgen jedoch weitgehend unberechtigt. Er warnte zuletzt in der ARD-Sendung „hart, aber fair“ Arbeitnehmer davor, wegen des Bürgergelds ihren Job aufzugeben: „Jemand, der so bescheuert ist, wegen des Bürgergeldes zu kündigen, der bekommt erstmal kein Bürgergeld, der kriegt erst einmal eine Sperre beim Arbeitslosengeld“.

Das Bürgergeld sei kein bedingungsloses Grundeinkommen, man müsse bedürftig sein. Wer dann nicht mitwirke, dem könnten auch Leistungen um bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Heil verwies zudem auf den Mechanismus, dass die starke Erhöhung mit der hohen Inflation dieses Jahres zu tun habe. Wenn die Inflation aber 2024 wieder sinke, werde die darauf folgende Bürgergelderhöhung „relativ mickrig sein“, sagte der Minister voraus.

Bereits in diesem Jahr muss der Bund mehr Geld ausgeben als eigentlich geplant. So benötigt das Arbeitsministerium von Ressortchef Hubertus Heil (SPD) 1,15 Milliarden Euro zusätzlich für die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Das geht aus einem Schreiben von Finanz-Staatssekretär Florian Toncar (FDP) an den Haushaltsausschuss hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Diese Leistungen werden neben dem Bürgergeld-Regelsatz vom Jobcenter gezahlt.



Erst am Donnerstag hatte Toncar den Haushaltsausschuss über eine „überplanmäßige Ausgabe“ für das Bürgergeld von 2,1 Milliarden Euro informiert. Die Gesamtausgaben sollten demnach bei 25,9 Milliarden Euro liegen. Die nun bekannt gewordenen Mehrkosten kommen hinzu.

Für Unterkunft und Heizung sei mit Ausgaben von bis zu rund 11,6 Milliarden Euro zu rechnen, so Toncar. Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums sagte am Sonntag, es habe sich mittlerweile gezeigt, „dass Mieten, Heizkosten und sonstige Nebenkosten, die den Bedarf bei diesem Titel bestimmen, stärker gestiegen sind, als wir noch vor einem Jahr erwartet haben“.

Laut Toncars Schreiben ist der Hauptgrund für die steigenden Bürgergeld-Kosten die gestiegene Zahl der Betroffenen. „Ursache ist im Wesentlichen die deutlich eingetrübte wirtschaftliche Lage“, so der Finanz-Staatssekretär. Gegenüber bisherigen Erwartungen werde von höheren Arbeitslosenzahlen im Jahr 2023 ausgegangen. Der fortdauernde russische Angriffskrieg in der Ukraine führe zudem zu weiterhin vielen Geflüchteten aus dem Land.

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Ab Januar sollen die Regelsätze für Bürgergeld und Sozialhilfe nochmals um gut zwölf Prozent steigen. Alleinstehende Erwachsene sollen 563 Euro im Monat erhalten – 61 Euro mehr als bisher. Mit Partnern zusammenlebende Erwachsene erhalten künftig 506 Euro statt bisher 451 Euro. Für Jugendliche im 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre fließen künftig 471 Euro (bisher 420). Für Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres steigt der Satz von 348 auf 390 Euro. Für die Kleinsten klettert er von 318 auf 357 Euro.

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