„Wir wollen nicht den Bundeskanzler zu einer anderen Meinung bewegen, sondern wir wollen zusammen etwas tun“, lauteten die versöhnlich klingenden Worte von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in Erlangen. Doch hinter seiner Aussage steckt genau das: Der Kanzler, der einem Industriestrompreis noch skeptisch gegenübersteht, soll am Montag bei der Klausur in Wiesbaden für das Konzept seiner Partei begeistert werden. Konkret geht es um die SPD-Variante des Industriestrompreises, von dem die Genossinnen und Genossen neben ihrem Kanzler auch noch den Koalitionspartner FDP überzeugen müssen.
Demnach soll der Strompreis für ausgewählte Unternehmen mindestens fünf Jahre lang bei fünf Cent vor Steuern und Umlagen gedeckelt werden. Die Differenz zum durchschnittlichen Börsenstrompreis, der derzeit bei etwa 8,95 Cent liegt, soll der Staat übernehmen. Ein kostspieliger Plan, der Deutschlands Unternehmen entscheidend unterstützen und den Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähig machen soll.
Weitere Subventionen für die Industrie
Und damit nicht genug: Ein Beschlusspapier für die Fraktionsklausur, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, enthält zudem die Forderung, weiterhin „massiv“ in die Ansiedlung großer Industrieunternehmen zu investieren.
Genannt werden beispielhaft die Chipfabriken von Intel und TSMC, für die bereits Milliardensubventionen beschlossen wurden. „Diesen Weg wollen wir fortsetzen und erfolgversprechende Industrieansiedlungen in allen Teilen Deutschlands weiter forcieren“, heißt es in dem Papier, das vom geschäftsführenden Fraktionsvorstand bereits beschlossen wurde. Zugleich müsse der Staat mehr Geld in Forschung und Entwicklung stecken. Die Fraktion soll den Wachstumsplan bei ihrer Tagung am Montag in Wiesbaden in Anwesenheit von Kanzler Olaf Scholz beraten.
Kanzler und FDP bleiben skeptisch
Scholz hatte sich erst in der vergangenen Woche wieder skeptisch zu einem Industriestrompreis geäußert. „Ein schuldenfinanziertes Strohfeuer, das die Inflation wieder anheizt, oder eine Dauersubvention von Strompreisen mit der Gießkanne können wir uns nicht leisten und wird es deshalb auch nicht geben“, sagte er. „Das wäre ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide und würde sicherlich auch falsche Anreize setzen.“
Wie er zu den sonstigen Subventionsplänen seiner Partei steht, ist noch nicht klar. Für mehr Zustimmung beim liberalen Koalitionspartner dürften diese Pläne wohl nicht sorgen. Die hatten nämlich bereits das Konzept für den „Transformationsstrompreis“ umgehend abgelehnt. „Die Energiepreise sind für alle zu hoch und das Wirtschaftsministerium sollte Lösungen unterbreiten, wie Industrie, Menschen und Betriebe entlastet werden könnten“, sagte Fraktionsvize Christoph Meyer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zu den Plänen.
Nicht nur Subventionen
Doch nicht alles im Beschlusspapier kostet den Fiskus Milliarden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Abbau von Bürokratie und Digitalisierung. „Die Kommunikation zwischen Unternehmen und Verwaltung soll in Zukunft ausschließlich digital möglich sein“, heißt es. Verwaltungsprozesse müssten vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen einfacher und transparenter werden. So müssten Berichts-, Nachweis- und Aufbewahrungspflichten überprüft und verringert werden.
Im Baurecht soll die Genehmigung von Windrädern in Industrie- und Gewerbegebieten erleichtert werden. Im Genehmigungsverfahren sollten nicht immer neue, teure und zeitaufwendige Gutachten erstellt, sondern auf eine Datenbank zurückgegriffen werden. Auch Genehmigungen für den Schwertransport von Windenergieanlagen sollten schneller erteilt werden.
Viele Forderungen also, bei denen die Koalitionäre teils weit auseinander liegen. Redebedarf und Konfliktpotenzial sind entsprechend groß. Daher scheint es gut möglich, dass Industriestrompreis und Co. nun auch bei der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg bei Berlin am kommenden Dienstag und Mittwoch zum Thema werden.
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