Legalisierung Was bedeuten Lauterbachs Pläne für den medizinischen Cannabis-Markt?

Die Nachfrage nach medizinischem Cannabis könnte nach der Legalisierung stark wachsen. Quelle: imago images

Der Zugang zu medizinischem Cannabis soll Patienten mit der Legalisierung vereinfacht werden. Die Anbieter bereiten sich bereits darauf vor. Warum sich die Freigabe der Droge für sie richtig lohnen könnte.

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Tschüss Ibuprofen, hallo Cannabis? Ab dem 1. April soll der Konsum von Cannabis legal sein – eigentlich. Denn vorher muss der Gesetzesentwurf durch den Bundesrat. Einige Länderchefs kündigten bereits Widerstand an und drohen damit, das Verfahren abzubremsen. Die Legalisierung könnte somit vor dem Vermittlungsausschuss landen – und scheitern.

Im Internet lauern bereits viele Anbieter, die auf die Freigabe der Cannabisblüten warten. Darunter auch die Plattform Cannalivery. Innerhalb von 48 Stunden liefert sie medizinisches Gras zu ihren Kunden nach Hause, so das Versprechen.

Mit der Cannabis-Legalisierung würde die Droge nicht mehr länger unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Ein spezielles Betäubungsmittelrezept bräuchten die Cannalivery-Patienten dann nicht mehr. „Der Zugang für Patienten wird deutlich erleichtert. Statt der letzten Therapiemöglichkeit kann es zukünftig bereits als zweite oder dritter herangezogen werden“, erläutert Michael Thiebes, Apotheker und Gründer von Cannalivery.

Seit 2017 bewilligen Krankenkassen Cannabis-Therapien für Menschen mit einer schwerwiegenden Erkrankung. Allerdings nur dann, wenn keine andere Behandlungsform mehr zur Verfügung steht. Dennoch ist die Nachfrage nach der Medizin seit der Einführung stark gestiegen. So gab es laut GKV-Spitzenverband rund 70.000 Cannabis-Verordnungen von gesetzlichen Krankenversicherungen. 2022 waren es bereits 430.000 Verordnungen.

Künftig sollen Patienten schneller ein Rezept für das Schmerzmittel erhalten. Denn statt andauernder Dokumentationen über die gescheiterten Behandlungsmöglichkeiten einer Erkrankung und einem großen Papieraufwand soll es mit dem neuen Gesetz möglich sein, über eine Teleklinik ein E-Rezept zu erhalten. „Cannabis wird sozusagen das Äquivalent zu Ibuprofen 600“, fasst der CEO von Cannamedical Pharma, David Henn, zusammen.

Ersetzen soll Cannabis die Schmerztablette allerdings nicht. „Cannabis wird gleichwertig neben Ibuprofen eine Daseinsberechtigung haben. Ibuprofen ist ein standardisiertes Fertigarzneimittel, welches für bestimmte Behandlungen angewendet wird“, erläutert der Apotheker. Die Droge hingen sei noch vielseitig einsetzbar, da es sich nicht um ein fertiges Arzneiprodukt handelt. „Langfristig wird es vielleicht darauf hinauslaufen, dass es dann Fertigarzneimittel mit Cannabis angeboten werden“, prognostiziert Apotheker Thiebes.

Derzeit wird medizinisches Cannabis laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte überwiegend bei chronischen Schmerzen angewendet. Doch auch in der Tumorbehandlung und gegen psychische Erkrankungen wird die Droge eingesetzt. Dennoch ist die heilende Wirkung der Pflanze noch wenig erforscht. Daher sind viele Ärzte skeptisch.

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Kritik von Ärzten und Apothekern

Vor allem Kinder- und Jugendärzte, Strafjuristen und Polizeiexperten äußerten bereits ihre Bedenken gegen die geplante Legalisierung. Michael Hubmann, Verbandspräsident vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), warnte in einem Interview vor den negativen Folgen für Jugendliche. „Wir sehen schon bei Alkohol und Nikotin, dass das in der Lebensrealität nicht gelingt“, sagte er.

„Bereits jetzt umfasst der Cannabis-Schwarzmarkt ein Volumen von 400 bis 750 Tonnen pro Jahr“, so Henn und führt fort: „Damit ist Deutschland bereits jetzt eine der größten Kiffer-Nationen in der EU.“ Er geht nicht davon aus, dass der Schwarzmarkt nach der Cannabis-Freigabe weiterwachsen wird.

Das größte Hindernis dabei: der Preis. So kostet auf dem Schwarzmarkt ein Gramm etwa zehn Euro. In der Apotheke gebe es medizinisches Cannabis bereits für fünf bis sieben Euro. „Der Preis richtet sich nach der Blütenart und dem Einsatzgebiet“, erläutert Thiebes. Und auch nach der Legalisierung gehe er davon aus, dass die Preise trotz möglicher höherer Nachfrage stabil bleiben werden. Konsumenten würden daher den Schwarzmarkt eher nicht aufsuchen müssen.

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Steigen wird dagegen vermutlich der Absatz der Cannabis-Firmen. Ein Blick nach Kanada zeigt, dass nach der Freigabe etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung Cannabis als Medizin nutzt. Auch die deutsche Cannabis-Branche erwartet ein deutliches Wachstum. David Henn prognostiziert: „Im Vergleich zu den heutigen Verhältnissen gehen wir davon aus, dass sich der Markt um das Drei- bis Fünffache in den kommenden 18 Monaten erhöht.“

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