Als Klara Geywitz vor Kurzem in Berlin auf einer Bühne vor tausenden Immobilienmanagern sprach, war ihre Forderung klar: Der Gebäudebereich habe mit der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung, sprich: Wärmepumpen, jetzt einmal genug für die Klimaziele getan. Die Bauministerin ließ keinen Zweifel: Neue Vorgaben für Umweltstandards von Neubauten seien weder „smart“ noch „clever“. Besagte Standards will allerdings Wirtschaftsminister Robert Habeck und sorgt damit sowohl bei SPD als auch in der Bau- und Immobilienbranche seit Wochen für Kritik: Ohne passende Förderung würden solche Regeln die Baukosten weiter in die Höhe treiben, heißt es dann.
Passend dazu macht ein Teil der Branche am heutigen Dienstag einen anderen Vorschlag, um in Zukunft CO2 zumindest auf der Baustelle einzusparen. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie präsentiert gemeinsam mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau eine eigene Roadmap „Auf dem Weg zur klimaneutralen Baustelle 2045“. Sie liegt der WirtschaftsWoche bereits als Entwurf vor.
Darin finden sich insgesamt 131 Maßnahmen für klimaneutrales Bauen, aufgeteilt in zwölf Handlungsräume. In den vergangenen Jahren hatte der Bau-Bereich immer wieder die durch das Klimaschutzgesetz vorgegebenen CO2-Ziele gerissen. Die neue Strategie soll jetzt helfen, das zu ändern.
Neben Wirtschaftlichen sollen in Zukunft demnach auch Nachhaltigkeitskriterien bereits bei der Ausschreibung und Vergabe von Bauprojekten eine Rolle spielen. Fachleute seien sich einig, heißt es in der Roadmap, dass die verwendeten Kriterien „schrittweise bis zur Klimaneutralität in 2045 angepasst werden müssen“.
In diesem Zusammenhang könnten dann auch Transportwege, Materialien oder Baumaschinen eines Unternehmens ausschlaggebend dafür sein, ob es überhaupt an einem Vergabeverfahren teilnehmen kann oder nicht. Anders ausgedrückt: Nur wer das Klima schützt, kann sich überhaupt bewerben.
Auch die Regeln selbst sollen sich ändern. Normierungen und Zulassungsvorschriften müssten in „Bezug auf ihre Starrheit korrigiert“ werden, fordert die Bauindustrie. Auch die Zulassung neuer Baustoffe und Materialien müsse in diesem Zusammenhang deutlich vereinfacht werden, schreiben die Verbände.
Expertinnen und Experten gehen auch davon aus, dass sich die vollständige digitale Planung eines Bauprojekts, das sogenannte Building Information Modelling (BIM), bis 2028 in Deutschland durchgesetzt haben wird. Die entstehenden Daten sollten laut Roadmap dann in Quartier- und Baustellen-übergreifenden Systemen abgespeichert werden. Die gewonnenen Informationen könnten dann helfen, kommende Projekte zu optimieren.
Eine Ad-hoc-Wärmepumpe für die Baustelle fordern die Verbände bei all dem übrigens noch nicht. Ab sofort sollen allerdings Photovoltaikanlagen, temporäre Ladeinfrastrukturen und neue Antriebsstoffe auch vermehrt auf den Baustellen zum Einsatz kommen, um den CO2-Ausstoß zu bremsen. Auf die Energie- und Wärmewende folgt nun also womöglich bald die Bauwende.
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