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Warum ESG der Wirtschaft schadet Quelle: imago images

Warum ESG der Wirtschaft schadet

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Durch strikte Regeln zur ökologischen, sozialen und verantwortungsvollen Unternehmensführung hebeln Politiker, Aktivisten und Manager den Markt aus.

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Unternehmen waschen sich grün, Vorstände füllen sich die Taschen, indem sie niedrig gehängte Ziele in Sachen „Environmental, Social, Governance“ locker erreichen: Die Missstände sind bekannt, das System ESG aber wird nicht infrage gestellt. Im Gegenteil: Alle bekennen sich mit schönen Worten zur Nachhaltigkeit. Berater, Beauftragte, Ratingagenturen und Regelsetzer treiben ESG voran. Manager folgen, aus Angst vor Kritik, oder freiwillig, weil sie zu den Guten zählen wollen. Nur dass die Welt davon nicht besser wird, und kein Gramm CO2 weniger produziert.

Der Hebel, mit dem Regierungen Öko- und Sozialziele in die Unternehmen drücken, ist Geld. Regelwerke, allen voran die Taxonomie der EU, legen fest, wie Unternehmen beschaffen sein müssen, damit sie Investorengeld und Kredit bekommen. Wer nicht spurt, wird ausgetrocknet. Über die Finanzmärkte erhält der Staat Zugriff, ohne Unternehmen offen erkennbar gängeln zu müssen.

Mittelständlern werden schon Kredite verweigert, bloß weil sie auch die Stahlindustrie beliefern. Ihre Banken haben Angst, grüne Punkte zu verlieren. Verfemte Anbieter werden pleite gehen, obwohl ihre Produkte nachgefragt werden. Sie werden dann in Asien produziert, nicht nachhaltig. Hier aber investieren Unternehmen nicht in Prozesse, die Geld bringen, sondern die politisch erwünschten. Der Preis – der Knappheit signalisiert und Angebot und Nachfrage ausgleicht – verliert an Bedeutung. Ressourcen werden fehlgeleitet, es drohen die Probleme jeder Art von Planwirtschaft.

Vorschriften verleiten zu Ausweichreaktionen, zu Greenwashing, Selbstbedienung und Betrug. Sie sind geprägt von Willkür – ändern sich politische Bewertungen doch schnell, wie bei Waffen und Gas. Über Qualität sagen ESG-Ratings nichts aus – die Betrügerfirma Wirecard etwa schnitt befriedigend ab. Vanguard, zweitgrößte Fondsfirma der Welt, warnt jetzt: ESG-Fonds laufen nicht besser als klassische.

Es ist legitim, dass die Politik einen Rahmen und Ziele setzt, primär: wie viel CO2 Unternehmen und Verbraucher in Summe ausstoßen dürfen. Wer aber wie viel emittiert, sollte der Markt regeln, über den Emissionshandel, bei dem Industrie und bald Haushalte für Emissionen bezahlen. Mit welchen Technologien sie am besten CO2 sparen, sollte der Markt regeln. Die günstigste Technologie setzt sich durch. Niemand muss Kredite verweigern oder gar Technik verbieten – weder Gasthermen, noch Verbrennungsmotoren.

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