Rüstungs-Gipfel Was Habeck der Rüstungsindustrie geben sollte

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Quelle: dpa

Der Wirtschaftsminister lädt am Mittwoch die Vertreter der Rüstungsindustrie zum runden Tisch. Über was Robert Habeck sprechen wird – und um welches Thema er wohl einen Bogen macht. Ein Kommentar.

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Wenn Robert Habeck am Mittwoch bei einem Roundtable auf die deutsche Rüstungsindustrie trifft, dann wird er über mögliche Strategien und Potenziale sprechen und die Geldfrage tunlichst vermeiden.

Die Flaschenhälse für die hiesige Produktion von Munition, Kampfdrohnen und Panzern hat der Wirtschaftsminister sicherlich erkannt: Noch immer fehlen Aufträge und die nötigen dauerhaften Finanzmittel für Rahmenverträge, fehlt die Planungssicherheit, braucht die Bundeswehr bei der Bestellung von neuem Material zu lange, gibt es zu wenig Investitionen in Neugründungen sowie Forschung im Defense-Bereich.

Habeck signalisiert mit seiner Einladung an die Rüster zumindest den Willen, diese Probleme anzugehen. Das Treffen war fällig, ja: überfällig. Es heißt, der Minister habe eingesehen, welche Potenziale in der Branche stecken, um die seine Vorgänger am liebsten noch einen großen Bogen machten. Die Frage bleibt, ob die Ampel-Regierung es noch schafft, eine langfristige Rüstungsstrategie für Deutschland auch finanziell so zu unterlegen, dass der „Kriegstüchtigkeit“ (Boris Pistorius) der Bundeswehr geholfen ist.



Von dem neuen 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen ist jedenfalls ein Großteil verplant – und wird für Einkäufe im Ausland verwendet: etwa für den F-35-Tarnkappenbomber von Lockheed Martin oder Chinook-Helikopter. Vor allem die dadurch leidtragenden deutschen Flugzeugbauer warnen schon lange, dass durch den Mangel an Aufträgen im eigenen Land wichtige Produktionskapazitäten verschwinden, Personal in andere Industrien abwandert und Fähigkeiten unwiederbringlich verloren gingen. Kurzum: Es braucht viel mehr Geld, um den Rüstungssektor wieder anzukurbeln.

Der Präsident des Kiel-Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, warb zuletzt für massive Investitionen in die Verteidigung, um die Kehrtwende zu bringen und aus der Rüstungsindustrie sogar einen Konjunktur-Motor für Deutschland zu machen. Auch Habeck wird verstanden haben, dass eine starke Branche durchaus ein Gewinner-Thema für die Regierung sein könnte: höhere Sicherheit für Europa, mehr Unabhängigkeit von den USA, potenzieller Booster für die lahmende hiesige Wirtschaft.

von Sonja Álvarez, Max Biederbeck, Daniel Goffart, Max Haerder

Dazu müsste die Ampel sich allerdings selbst erst einmal auf einen Finanzplan einigen. Nur gibt es noch immer keine belastbare Antwort auf die Frage, wo die nötigen Mittel herkommen sollen, wenn das Sondervermögen erst einmal aufgebraucht ist. Was es gibt, sind Vorschläge – und Uneinigkeit: Ein höherer Verteidigungshaushalt, die Aufnahme von Krediten, ein zweites Sondervermögen. Es mehren sich mittlerweile sogar wieder jene Stimmen, die es ganz anders sehen und denen es jetzt mal wieder reicht mit der „zügellosen Aufrüstung“. Klarheit wird Robert Habeck den Industrievertretern am Mittwoch also kaum präsentieren können.

Unmittelbar helfen könnte der Minister trotzdem, zumindest bei der Produktion. Experten fordern schon lange ein Vorschriften-Moratorium für die Industrie, damit diese ihre Anlagen und Fertigungsstraßen schneller hochziehen kann – zumindest bis die Bundeswehr das hat, was sie braucht. Sicherheitsüberprüfungen, Umweltauflagen, Bürokratie: all diese Regeln könnte Habeck lockern. Ein „Deutschlandtempo“ für die Rüstung würde dem Minister zumindest in der Branche schon einmal einige Freunde machen. 

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Für die Finanzierung aber bräuchte die Ampel wohl erst einmal einen eigenen Roundtable.

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