Rüstungsdebatte Iris-T-SLM und 12 weitere Waffensysteme für die Ukraine – das sind die Probleme

IRIS-T: Radar- und Flugabwehrsysteme für den Ukrainekrieg Quelle: imago images

Olaf Scholz hat in der Generaldebatte im Bundestag am Mittwoch die Lieferung moderner Flugabwehr an die Ukraine angekündigt. Was das System Iris-T-SLM kann und wo die Probleme mit den Waffen aus Deutschland liegen.

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Wer hätte eine solche Erschütterung der deutschen Rüstungspolitik vor wenigen Monaten noch für möglich gehalten. Kein Jahr ist es her, da ließ die Bundesregierung nicht einmal die Lieferung halbziviler Güter in friedliche Regionen zu, verweigerte etwa Partnerländern wie Frankreich notwendige Bauteile für Hubschrauber. 

Seit dem historischen Beschluss des Bundestags Ende April ist nun aber sogar die bislang undenkbare Lieferung von Kampfpanzern an die aktive Kriegspartei Ukraine möglich. Zur bereits gelieferten Panzerfaust gesellt sich der Flugabwehrpanzer und nun noch sieben Panzerhaubitzen 2000.  

Dabei stellte sich die Ampel beim Export von „schwerem Gerät“ eigentlich bislang quer. Geschützte Mannschaftstransporter, Schützenpanzer, Fluggerät und bewaffnete Schiffe, all das ging nicht. Die Bundesregierung hatte zum Unmut ihrer westlichen Partner noch bis kurz vor Kriegsbeginn solche Ausfuhren verhindert. Aber dann kam die berühmte Zeitenwende-Rede von Olaf Scholz (SPD) und seitdem ist alles anders.

Revolution in der Rüstungspolitik

Bei der deutschen Sicherheitspolitik habe sich seit dem russischen Überfall mehr getan als in den gut zwei Jahrzehnten davor, beschreibt ein Rüstungsmanager verwundert die plötzliche Liberalisierung.

Fast täglich kommen nun neue Systeme auf die Lieferlisten für die Ukraine. Anfang Februar waren es nur die vielfach belächelten Schutzhelme am Rande der technischen Haltbarkeit, von denen die Ukraine selbst bessere herstellte. Später kamen dann einfache Waffen wie die Panzerfaust dazu. Dann standen sogar Hightech-Systeme wie die sieben Panzerhaubitze 2000, von der nicht einmal die Bundeswehr selbst genug hat, auf der Liste. Jetzt kommt mit Iris-T-SLM eines der weltweit führenden Luftabwehrsysteme dazu, das nicht einmal die Bundeswehr selbst hat, wie Bundeskanzler Scholz Anfang Juni im Bundestag ankündigte.

Längst ist ein unübersichtliches „Könnte mehr, Sollte mehr und Müsste mehr“ entstanden, wenn es um Waffenlieferungen an die Ukraine geht. „Das baut einen grausamen politischen Druck auf – und das leider nicht nur von Medien und Politikern ohne große Erfahrung in der Sicherheitspolitik, sondern auch von Rüstungsunternehmen, die es eigentlich besser wissen sollten“, erklärt ein führender Rüstungsmanager. „Was im aktuellen Aktionismus manchmal untergeht: Jede Exportentscheidung ist eine Gratwanderung.“

Welche Probleme hinter den Waffenlieferungen stecken

Einerseits brauche die Ukraine schnelle Hilfe und schweres Gerät, damit sie die russische Invasion aufhalten und möglichst auch zurückdrängen kann. Andererseits dürfe jeder Export, auch der viel beschriebene Ringtausch mit osteuropäischen Staaten, nicht zu riskante Nebenwirkungen führen.

Eine davon: Das ukrainische Militär braucht für viele der neueren Geräte wie den Flugabwehrpanzer Gepard teilweise mehrmonatige Schulungen. Das kann wertvolle Ressourcen binden, die das Land möglicherweise anderweitig einsetzen sollte. Dazu gehört auch, dass die schweren Geräte wie die Schützenpanzer Marder aus dem Westen des Landes an die Front im Osten gebracht werden müssen. Das ist ein aufwändiges Unterfangen über eine Entfernung von gut 1000 Kilometern und Straßen oder Bahnlinien, die nach den gezielten Angriffen Russlands auf die Infrastruktur zumindest beeinträchtigt sind.

Aber auch für Deutschland gibt es Risiken. Durch die Lieferungen anspruchsvoller Waffen sowie der umfangreichen Schulungen könnte das Land in die Rolle einer aktiven Kriegspartei rutschen – mit der möglichen Folge, dass „sich dieser Konflikt über die Ukraine hinaus ausweitet und noch tödlicher, noch gefährlicher und zerstörerischer wird“, wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg fürchtet.

Dazu gilt es zu verhindern, dass die technisch topmodernen Systeme in russische Hände geraten. Militärexperten befürchten, dass Putin die Waffen analysieren und kopieren könnte. 

„Bei aller berechtigten Kritik am langen Zögern – bei der Entscheidung möchte ich nicht in der Haut von Bundeskanzler Olaf Scholz stecken“, so ein führender Rüstungsmanager. Dessen Regierung schickt offenbar bereits seit langem direkt oder indirekt über andere Länder mehr Kriegswerkzeug in Richtung Osten, als bisher bekannt war. Das habe verhindern sollen, dass Russland Transportwege ausspioniert und angreift, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD): „Sie sind solange sicher, wie wir nicht öffentlich darüber reden.“ Was die bisher für die Ukraine vorgesehenen Waffensysteme können und dem Land nützen, ist sehr unterschiedlich zu bewerten. 



Hier eine Übersicht der in Rede stehenden Waffensysteme:


Iris-T Flugabwehr

Deutschland liefert das IRIS-T Flugabwehrsystem an die Ukraine Quelle: imago images

Was kann das System?

Mit Iris-T will Deutschland sein modernstes und im Prinzip auch teuerstes Luftabwehrsystem an die Ukraine liefern. Es gibt mehrere Versionen des Infra Red Imaging System Tail/Thrust Vector-Controlled genannten Raketenprograms. Die einfachste Form ist eine drei Meter lange Luft-Luft-Rakete. Mit der geschätzt bis zu einer Million Euro teuren Lenkwaffe können Kampfflugzeuge wie der Eurofighter andere Jets oder auch Raketen bekämpfen. Weil die Waffe ihr Ziel selbstständig sucht und verfolgt, ohne dass der Pilot sie nachsteuern muss, kann sie jeder Jet quasi aus der Deckung abfeuern.

Später folgte eine leistungsgesteigerte Variante als Teil eines Iris-T-SLS und später -SLM genannten kompletten Verteidigungssystems mit einem 360-Grad-Radar, Bedienzentrum und Abschussgerät. Es kann vom Boden aus Kampfjets, Hubschrauber, Drohnen und Lenkflugkörper mit Ausnahme von ballistischen Raketen in bis zu 40 Kilometern Umkreis abschießen. Dazu ist es relativ flexibel, weil es sich verhältnismäßig leicht transportieren lässt und auf vielen Fahrzeugtypen montieren lässt.

Wann und von wem gebaut?
Entwickelt hat Iris-T ab den 90er Jahren eine heutige Tochter des Nürnberger Diehl-Konzerns. Das Unternehmen arbeitet derzeit mit dem Rüstungselektroniker Hensoldt an einer besseren Version mit deutlich größerer Reichweite. Die ersten Flugzeugraketen kamen 2005 zur Luftwaffe. Das SLM-System folgte ab 2014.  Die deutsche Luftwaffe nutzt bisher aber lediglich die einfache Rakete. Das komplette System ist bislang nur in Norwegen, Schweden und Ägypten im Einsatz.

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Die Iris-T-Rakete ist gerade in der neueren Version ein effektives Mittel gegen Flugzeuge und einfachere Lenkwaffen. Darum würde es der Ukraine bei der Abwehr russischer Angreifer sehr helfen. Bekommt die Ukraine wie erwartet ab Oktober ein Dutzend der kompletten SLM-Systeme, kann das Land seine Städte deutlich besser schützen als bisher.  

Kann die Ukraine es nutzen?
Während die Luftwaffe der Ukraine die Flugzeugraketen relativ schnell nutzen kann, braucht das komplette Abwehrsystem wie alle modernen Programme eine längere Ausbildung. Doch bis zur Auslieferung der Systeme im Herbst dürfte genug Zeit dafür sein.

D-30 Haubitze

D-30 Haubitze Quelle: REUTERS

Was kann das System?
Die mobile Kanone, die mit einem Kaliber von (knapp) 122 Millimetern als mittlere Haubitze gilt, kann aus dem fünf Meter langen Rohr pro Minute bis zu acht Granaten über bis zu 22 Kilometer abfeuern. Dazu kann die von sieben Soldaten zu bedienende Haubitze auch panzerbrechende Munition verschießen.

Wann und von wem gebaut?
Die D-30 entstand in den 50er Jahren. Das Werk Sawod No. 9 aus dem zentralrussischen Swerdlowsk baute es ab 1960 bis mindestens in die achtziger Jahre. In Lizenz fertigten auch Staaten wie China. Fast 60 Nutzerländer bis hin zu Israel und Pakistan machten das Gerät zur wohl meistgebauten Kanone aller Zeiten.

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Das Gerät ist zwar weniger präzise als die heutigen, digital und mit GPS-Daten gesteuerten moderne Systeme. Doch erfahrene Geschützführer treffen mit der D-30 auf wenige zehn Meter genau etwa in Gefechtsverbände oder größere Stellungen. Dazu gilt die Kanone als extrem robust und kann wegen ihres vergleichsweise geringen Gewichts relativ leicht die Stellung wechseln, was besonders bei den aktuellen mobileren Attacken Russlands ein Vorteil ist.

Kann die Ukraine es nutzen?
Die Ukraine hatte selbst größere Bestände und kann die D-30 ohne große Schulung einsetzen.

Panzer BMP-1, Marder, Gepard

Schützenpanzer BMP-1

Panzer BMP1 (wie Pbv 501) aus russischer Produktion wurde von der NVA (Nationale Volksarmee) der DDR in die Bundeswehr übernommen. Quelle: imago images

Was kann das System?
Der auch PbV-501 genannte Schützenpanzer ist schwimmfähig und kann neben der dreiköpfigen Besatzung acht Soldaten befördern. Der Transporter wehrt sich mit seiner Panzerabwehrrakete 9M14, einem Maschinengewehr und der 73-Millimeter-Kanone, deren panzerbrechende Hohlladungsgranaten über eine Distanz von bis zu 1300 Metern treffen. Durch das Einspritzen von Diesel in den Auspuff kann sich das Fahrzeug in einen dichten Nebel hüllen und für Gegner unerkennbar machen.

Wann und von wem gebaut?
Vom BMP-1 bauten ab 1966 staatliche Hersteller in Russland, Tschechien und später auch China angeblich 55.000 Exemplare – mehr schaffte bislang kein anderer Schützenpanzer.  

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Der Panzer ist mit gut 13 Tonnen Gefechtsgewicht relativ leicht. Das macht ihn trotz des nur 300 PS starken Motors wendig und als Truppentransporter immerhin besser als geschützte Lkw. Dazu ist der BMP-1 wegen seiner flachen Bauweise vergleichsweise unauffällig im Feld. Doch im Vergleich zu modernen Waffen ist für die Besatzung die Sicht begrenzt. Und weil er vor allem von hinten schlecht geschützt ist, eignet er sich kaum für Rückzugsgefechte. Das zeigte sich in den vielen Konflikten, in denen der Kampfwagen in den vergangenen gut 50 Jahren aktiv war. So ist er eher eine Zwischenlösung, bis die Ukraine bessere Systeme bekommt wie den Marder.

Kann die Ukraine es nutzen?
Als langjährige Standardwaffe des roten Armee und dank der relativ einfachen Technik ist der BMP-1 für die Streitkräfte schnell einsetzbar und einfach zu warten. Doch weil die Kampfwagen länger nicht ungenutzt waren, könnte es wegen der nötigen Überholung bis zum ersten Einsatz noch etwas dauern.

Schützenpanzer Marder

Schützenpanzer Marder Quelle: imago images

Was kann das System?
Wie alle deutschen Panzer der Nachkriegszeit trägt auch der Marder einen Raubtiernamen, als Zeichen dafür, dass er flink, gefährlich und hart im Nehmen ist. Dazu ist er extrem vielseitig, denn er kann als Schützenpanzer Truppen transportieren und durch bis zu zwei Meter tiefes Wasser fahren. Mit Abwehrwaffen wie der Milan-Rakete und seiner 20-Millimeter-Maschinenkanone bekämpft das 35 Tonnen schwere Fahrzeug mit dem 600-PS-Motor feindliche Infanterie und geschützte Fahrzeuge bis zum Kampfpanzer. Dank mehrerer Verbesserungen bei Waffen und Schutzsystemen ist er vielen russischen Systemen überlegen.

Wann und von wem gebaut?
Den Marder kam 1971 zur Bundeswehr und wurde von Rheinmetall und ihren Vorgängerunternehmen gebaut. Weil sich die Auslieferung des Nachfolgers Puma verzögerte, ist er bis heute im Dienst und wird immer noch durch „Kampfwertsteigerungen“ verbessert. 

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Wegen der relativ hohen Sicherheit, seiner Flexibilität, den starken Waffen und der vergleichsweise einfachen Bedienung ist der Kalte-Kriegs-Panzer eine ideale Ergänzung für die Armee der Ukraine in den erwarteten Feldschlachten im Osten des Landes.

Kann die Ukraine es nutzen?
Als altmodisches und vergleichsweise undigitales Fahrzeug ist der Umgang mit dem Marder laut Experten für routinierte Soldaten leicht zu lernen. Die Ausbildung an seinen Kampfsystemen dauert bis zu sechs Wochen. Doch auch die könnte schnell gehen, weil die Ukraine wahrscheinlich die ausgemusterten Fahrzeuge der älteren Generationen bekommen würde. 

Flugabwehrpanzer Gepard

Flugabwehrpanzer Gepard Quelle: imago images

Was kann das System?
Während moderne Flugabwehr auf genau platzierte Schüsse setzt, arbeitet der knapp 48 Tonnen schwere Gepard mit dem 830-PS-Motor vergleichsweise analog und einfach. Seine Kanonen bauen in einem genau definierten Sektor am Himmel vor jedem Angreifer quasi eine dichte Wolke von Schwermetallsplittern auf, der kein Fluggerät entkommt. Weil sich diese anders als Lenkwaffen nicht durch Täuschkörper, Störsender oder schnelles gegensteuern ablenken lassen, gilt er als Pilotenschreck. Dazu wirkt der Gepard nicht nur gegen Tiefflieger, sondern sogar noch besser gegen die vergleichsweise langsamen Drohnen, denen bislang fast keine Armee etwas entgegenzusetzen hat. Darum schützt Katar während der kommenden Fußball-WM seine Stadien mit Geparden von Angriffen durch Tiefflieger oder Drohnen, ebenso wie zuvor andere, etwa Brasilien bei seiner Fußball-WM oder der Olympiade.

Wann und von wem gebaut?
Nach mehreren Fehlversuchen bekam 1973 die Münchner Krauss-Maffei (damals noch ohne Wegmann) den Auftrag und kombinierte im Grunde den Unterbau des Leopard-1-Kampfpanzers mit einer 35-Millimeter-Zwillingskanone der Schweizer Oerlikon (heute Teil von Rheinmetall). Wegen der vergleichsweise teuren Weiterentwicklung stellte die Bundeswehr das Projekt ab 2010 ein, was mangels eines bis heute fehlenden Systems zur Drohnenabwehr heute als Fehlentscheidung gilt.



Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Wegen seiner einzigartigen Arbeitsweise und der im Vergleich zu klassischen Flugabwehr-Systemen extrem hohen Mobilität gilt der Gepard als ideale Abwehr von tieffliegenden Angreifern und Drohnen, die sich in allen Konflikten der jüngeren Zeit zu einer der größten Bedrohungen der Landstreitkräfte entwickelt haben.

Kann die Ukraine es nutzen?
Das wird schwierig. Die Ausbildung galt in der Bundeswehr seinerzeit als die schwierigste in der Truppe, auch weil die nötige Treffsicherheit viele Übungsschüsse erforderte. Dazu fehlt derzeit Munition für einen längeren Kampf. Wie mehrere Kenner der Materie berichten, gibt es in Deutschland wohl nur rund 30.000 Schuss Munition. Weil die Zwillingskanone pro Salve 14 der großen Patronen verwendet, könnte jeder der 50 Geparden somit nur gut 40 Salven feuern – und dann wäre erstmal Schluss. Denn für das verwendete Kaliber 35 Millimeter gibt es nur wenige Hersteller.  

Leopard 1, Panzerhaubitze 2000, Vector-Drohnen und Patriot

Kampfpanzer Leopard 1

Kampfpanzer Leopard 1 Quelle: imago images


Was kann das System?
Der Leo 1 genannte erste bundesdeutsche Kampfpanzer gilt trotz der 43 Tonnen Gewicht als wendige Kampfmaschine, die dank des 830-PS-Motors bis zu 65 Kilometer schnell fährt und Steigungen von 60 Prozent ebenso schafft wie eine Querneigung von 30 Grad. Dazu bleibt die 105-Millimeter Kanone dank moderner Technik auch bei wilden Geländefahrten stabil auf ein Ziel gerichtet. Doch so richtig kriegstauglich gilt er unter heutigen Bedingungen nicht mehr. Die Panzerung ist relativ dünn und die Kanone vergleichsweise kraftlos.

Wann von wem gebaut?
Vorläuferunternehmen der Münchner KMW bauten mit Rheinmetall-Vorgängern den Panzer ab 1965 - bis ihn 1978 der deutlich besseren Leopard 2 ablöste. Die Bundeswehr nutzte ihn jedoch bis 2003.

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Der Leopard 1 ist besser als die sowjetischen Panzer der fünfziger und sechziger Jahren wie der BMP-1. Doch auch in seinen späteren Ausstattungsvarianten ist der Leo den neueren russischen Modellen ab den 70 Jahren nicht ohne weiteres gewachsen. Das gilt besonders, wenn die Ukraine versuchen sollte, die eingefallenen russischen Truppen wieder zurückzudrängen. Dazu könnte es schwer werden, für einen längeren Einsatz genug Munition und Ersatzteile zusammen zu bekommen.

Kann die Ukraine es nutzen?
Der Panzer ist dank der wenigen Elektronik verhältnismäßig einfach zu bedienen. Allerdings gibt es dem Vernehmen nach relativ wenig Ausbilder für die erste Leo-Generation.

Panzerhaubitze 2000

Panzerhaubitze 2000 Quelle: imago images

Was kann das System?
Die bis zu 58 Tonnen schwere Panzerhaubitze 2000 gilt als eine der modernsten Militärkanonen. Sie trifft dank digitaler Technik über Entfernungen von zuletzt bis zu 50 Kilometern auf ein, zwei Meter genau. Damit kann sie für angreifende Truppen die gegnerische Artillerie oder Luftabwehr ausschalten was früher nur die pro Schuss deutlich teureren Raketen schafften. Zwar kann die Haubitze anders als das Nachfolgemodell RCH 155 nicht im Fahren schießen. Doch der 1000-PS-Motor erlaubt es ihr, nach einer Salve schneller die Stellung zu wechseln als eine normale Kanone. Das macht sie schwer für die gegnerischen Kräfte zu orten. Dazu ist die Kanone auf Ketten anders als viele andere Systeme nicht auf einen Munitionstyp festgelegt, sondern kann unterschiedliche Sorten des Kalibers 155 Millimeter verschießen.

Wann und von wem gebaut?
Die Entwicklung der mobilen Kanone begann in den siebziger Jahren. Hersteller sind nach mehreren Rückschlagen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall, die ab 1998 zuerst die Bundeswehr belieferten. Später folgten Griechenland, Italien, die Niederlande, sowie unter anderem Katar und ab 2018 auch Ungarn.

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Die deutsche Haubitze ist ideal als Unterstützung der ukrainischen Bodentruppen aus großer Entfernung und um die russischen Truppen zu bremsen, wenn sie die Verteidigungslinien durchbrechen. Dafür muss die Haubitze nicht einmal immer genau treffen. Denn dank der bis zu zehn Schuss pro Minute sorgt die mobile Artillerie für ein Sperrfeuer, das die gegnerischen Kräfte bremst. Dazu schaffte es die Flugsteuerung, dass nacheinander verschossene Granaten fast gleichzeitig in einem Gebiet ankommen und eine große Fläche treffen.

Kann die Ukraine es nutzen?
Als erste Hürde gilt die Umstellung der digitalen Systeme auf den ukrainischen Standard. Dazu kommt die Ausbildung vor allem der Geschützführer genannten Zielverantwortlichen, die mit fünf Monaten zentraler Schulung und weiteren Praxismonaten zu den längsten im deutschen Militär zählt. Denn um über die riesige Distanz zu treffen, muss die Besatzung nicht nur den Umgang mit der Elektronik lernen. Sie braucht auch viel Erfahrung, um Faktoren wie den Luftdruck oder wegen der langen Flugstrecke die Erdrotation richtig einzuschätzen.

Vector-Drohnen

Ukrainische Soldaten mit einer Drohne des bayerischen Start-ups Quantum-Systems. Quelle: Quantum-Systems

Was kann das System?
Die tragbaren Drohnen sind mit Kameras ausgestattet, sie können feindliche Stellungen aufklären und markieren, bevor Jagdflugzeuge und Artillerie diese zielgenau angreifen. Sie operieren bei Bedarf im Schwarm und bilden ein Kommunikationsnetz zur Bodenstation, das sich automatisch optimiert.

Wann und von wem gebaut?
Hersteller ist das 2015 gegründete Gilchinger Start-up Quantum-Systems, das diese derzeit so schnell es geht für die ukrainische Armee produziert. Der Preis pro Drohne liegt bei 150.000 bis 180.000 Euro. Den Anstoß hatten ukrainische Milliardäre gemacht, die das Unternehmen über das US-Konsulat in München kontaktierten und kauften. Inzwischen hat auch die Bundeswehr für die Ukraine geordert.

Was bringt es der Ukraine?
Innovative Drohnentechnik ist zurzeit eine der großen Stärken der ukrainischen Armee im Kampf gegen die russischen Truppen. Auch kann das System senkrecht starten und landen. Dadurch braucht sie keine Startbahn und kein Katapult. Zugleich kann sie dank ihrer langen Tragflächen größere Entfernungen zurücklegen. 

Kann die Ukrainische Armee es nutzen?
Ja, die ersten Drohnen sind bereits in der Ukraine im Einsatz. Die Drohnen beispielsweise aus Bayern sind für Ungeübte schon nach wenigen Stunden Einweisung bedienbar. Es braucht kein monatelanges Training.

Patriot

Patriot Quelle: imago images

Was kann das System?
Das Flugabwehrraketensystem Patriot bekämpft Flugzeuge, taktische ballistische Raketen und Marschflugkörper. Grundlage ist ein komplexes Radarsystem, das mit Richtstrahlen arbeitet. Mobile Launcher feuern dann ihre Abwehrraketen ab. 

Wann und von wem gebaut?
Die Unternehmen Raytheon und Lockheed Martin entwickeln und produzieren das System seit den 1960er Jahren. 

Was bringt es der Ukraine?
Ein gutes Tauschgeschäft. Die Slowakei schenkte der Ukraine ihr S-300 Flugabwehrsystem, in der UDSSR entwickelt. Dafür bekam der Nato-Partner die Stationierung moderner Patriot-Systeme inklusive 700 Bundeswehrsoldaten. Es handelte sich wohl um den ersten Ringtausch in Verbindung mit dem Krieg. 

Kann die ukrainische Armee es nutzen?
Nein, die Einsatzbereitschaft der Patriot-Systeme kann nur mit großem Aufwand an Ausbildung, Personal und Logistik garantiert werden. Am vertauschten S-300 System allerdings sind ukrainische Soldatinnen und Soldaten durchaus ausgebildet.

Matador, Stinger, Strela und MG3

Matador

Matador Quelle: Getty Images

Was kann das System?
Die leichte Panzerabwehrwaffe kann auch aus Häusern heraus feindliches Gerät vom Truppentransporter bis zum schweren Panzer abschießen. Die Reichweite der Geschosse beträgt bis zu 700 Meter.

Wann von wem gebaut?
Dynamit Nobel Defence hat die Panzerfaust im nordrhein-westfälischen Burbach 1999 entwickelt und stellt sie seitdem her. 

Was bringt es der Ukraine?
Zusammen mit vergleichbaren Waffensystemen wie „Javelin“ aus den USA und der britisch-schwedischen „NLAW“ hatte und hat die Panzerabwehr hohe Priorität für die ukrainischen Streitkräfte. Das Land hat Ende März 5100 Matador gekauft, die bis Mai fertig ausgeliefert sein sollen.

Kann sie es nutzen?
Ja, das leichte Matador-System lässt sich auch ohne zusätzliches Training einsetzen. 

Stinger

Quelle: imago images

Was kann das System?
Die auch als Fliegerfaust bezeichnete Stinger kann Ziele im Tiefflug und in mittleren Flughöhen aus einer Entfernung von bis zu sechs Kilometern abschießen.

Wann und von wem gebaut?
Das US-Unternehmen Raytheon Technologies stellt die Stinger seit 1978 her. In Deutschland hat Airbus Defence die Lizenz zur Produktion.

Was bringt es der Ukraine?
Die ersten 500 Stinger-Raketen lieferte Deutschland im Zuge der „Zeitenwende“ zu Beginn der Invasion an die Ukraine. Auch die USA liefern Stinger. Solche sogenannten Manpad-Systeme gelten als einer der Faktoren, durch den der russische Einmarsch zunächst aufgehalten werden konnte. 

Kann Sie es nutzen?
Ja, Soldatinnen und Soldaten können ohne lange Ausbildung ihre Ziele manuell anvisieren. Die Flugabwehrrakete steuert sie nach Abschuss dann nach dem Prinzip „Fire and Forget“ automatisch an.

Strela

Quelle: imago images

Was kann das System?
Strela ist eine schultergestützte Kurzstrecken-Boden-Luft-Rakete sowjetischer Bauart. Sie zwingt feindliche Flugzeuge dazu, entweder einen Abschuss durch wärmesuchende Raketen zu riskieren, oder höher zu fliegen – und damit vom feindlichen Radar entdeckt zu werden.

Wann und vom weg gebaut?
Das System stammt aus den Waffenschmieden der UDSSR und kam 1968 erstmalig im Dienst zum Einsatz.

Was bringt es der Ukraine?
Die Bundesregierung lieferte bereits in der Frühphase des Kriegs 2700 Strela-Raketen aus alten DDR-Beständen. Unmut gab es, weil offenbar große Teile des Arsenals nicht einsatzfähig waren.

Kann die Ukrainische Armee es nutzen?
Ja, Ukrainische Soldatinnen und Soldaten sind mit Equipment aus der Sowjetunion vertraut. 

Maschinengewehr MG3

Maschinengewehr MG3 Quelle: imago images

Was kann das System?
Viele Einheiten der Bundeswehr benutzen das vollautomatische MG3-Maschinengewehr als Standardwaffe. Das Gewehr kann auch auf Fahrzeuge montiert oder als Einbau-Waffe in Hubschraubern, Kampf- und Schützenpanzern zum Einsatz kommen.

Wann und von wem gebaut?
Rheinmetall produzierte das Gewehr in Deutschland zwischen 1966 und 1977. Nachfolger ist das MG5.

Was bringt es der Ukraine?
Das MG3 gehört zwar nicht zu den neuesten Gewehren, gilt aber als verlässliche Waffe. Die Bundesregierung belieferte bereits die kurdische Peschmerga im Kampf gegen den IS damit. Die Ukrainische Armee forderte indes höhere Stückzahlen im Kampf gegen Russland

Kann die Ukrainische Armee es nutzen?
Ja, das MG3 ist kein kompliziertes Waffensystem, Soldatinnen und Soldaten können es wie andere Gewehre einsetzen.

Lesen Sie auch: So sehr die Ukraine die Panzer brauchen kann: Die Lieferung ist überstürzt. Denn in der Ukraine ist etwa das Gepard-Flugabwehr-System von begrenztem Nutzen.

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