Wir Unternehmer hatten hohe Erwartungen an die Kabinettsklausur in Meseberg geknüpft. Zumal die Tagesordnung hoffen ließ, dass die großen Herausforderungen der Wirtschaft wohl erkannt waren: die hohen Kosten unseres Wirtschaftsstandortes, die verkrustete Verwaltung, zu viel Bürokratie. Umso größer war die Enttäuschung: Die gravierenden Probleme unseres Wirtschaftsstandortes wurden zwar diskutiert, aber nicht gelöst. Wenigstens mit dem Wachstumschancengesetz wurden erste wichtige Impulse gesetzt.
Große Enttäuschung gab es allerdings beim Thema Bürokratie. Denn seit Beginn der laufenden Legislaturperiode sind die Bürokratiekosten in den Unternehmen wieder kontinuierlich gestiegen! Mit Spannung wurde daher das Entbürokratisierungsgesetz erwartet - doch die Koalition konnte sich offenbar nur auf ein Eckpunktepapier einigen, in dem die für die Wirtschaft wichtigsten Entlastungen völlig fehlen. Was mit einer umfangreichen Befragung von Wirtschaftsvertretern als Tiger gestartet war, ist als Bettvorleger gelandet. So drastisch muss man es sagen!
Unternehmer verzweifeln, weil die Regierung unaufhörlich selbst neue Bürokratiepflichten schafft, wie mit dem deutschen Lieferkettengesetz. Wenn die Verfasser dieses Gesetzes hier nicht nachbessern wollen, zeigt das eindrucksvoll, welch geringen Stellenwert der Bürokratieabbau bei der Ampel hat. Wichtige Ansatzpunkte wie das Lieferkettengesetz, die A1-Bescheinigung oder die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vermissen wir Unternehmer in den vorgelegten Eckpunkten schmerzlich. Sie stehen exemplarisch für eine Bürokratie, die Unternehmen nahezu handlungsunfähig macht.
Die Bundesregierung und damit jeder einzelne Minister muss aber spätestens jetzt begreifen, dass Überregulierung die unternehmerische Freiheit einschränkt und im Zweifel dazu führt, dass Investitionen gar nicht oder anderswo getätigt werden. In Deutschland bleiben dann Innovationen und Wachstum auf der Strecke. Wer sich aber auf sprudelnde Steuereinnahmen und gute Löhne verlässt, hat den Ernst der Lage - schlichtweg - nicht erkannt. Denn erst wenn die Wirtschaft wächst, können die steigenden Ausgabenwünsche der Minister bedient und Arbeitsplätze hier gehalten werden. Wie heißt es nochmal: Erst erwirtschaften, dann ausgeben?
Wir brauchen eine neue Systematik, um die überbordende Bürokratie zurückzudrängen. Seit Jahren wird das Modell „One in, one out“ praktiziert. Diskutiert werden aber auch Ansätze wie „One in, two out“. Wie wäre es aber mit einer neuen Methodik? Sollten nicht alle Gesetze spätestens nach zwei Jahren hinsichtlich ihrer bürokratischen Auswirkungen evaluiert werden – also wie eine Art Praxischeck? Das wäre zumindest ein wirksamer Anfang, um Belastungsspitzen für die Unternehmen, aber auch für alle Bürgerinnen und Bürger zu erkennen und gegebenenfalls abzubauen!
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