Wirtschaftsweise „Es soll wohl mit Veronika Grimm eine kritische Stimme gestoppt werden“

Allein in der Reihe der Wirtschaftsweisen: Veronika Grimm (2. v.r.) bekommt von ihren Kollegen heftigen Gegenwind – aus der Politik aber auch prominente Unterstützung Quelle: imago images

Im Streit um ein Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy bekommt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm Rückhalt aus der Unionsfraktion. Wirtschaftsexpertin Julia Klöckner warnt vor einer Beschädigung des Gremiums.

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Im Streit um die Wirtschaftsweise Veronika Grimm fordert CDU-Politikerin Julia Klöckner die Bundesregierung zum schnellen Eingreifen auf: „Kanzler, Wirtschafts- und Finanzminister sollten hier klar Position beziehen und sich hinter Veronika Grimm stellen, sie verstößt gegen kein Gesetz“, sagte Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, der WirtschaftsWoche. 

Aus Sicht von Klöckner spricht nichts dagegen, dass Grimm ein Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy annehmen will – im Gegenteil: „Es kann doch von Vorteil sein, wenn wissenschaftliche Beratung durch Einblicke in die Praxis unterfüttert ist“, betonte Klöckner. Die Unabhängigkeit von Grimm sei schon deshalb nicht gefährdet, weil sie keine operativen Entscheidungen in dem Unternehmen treffe.

„Das sieht nach politischer Einflussnahme aus“

Klöckner spricht bei dem Streit von einem „irritierenden Vorgang“: „Das sieht nach politischer Einflussnahme aus“, sagte Klöckner der WirtschaftsWoche. „Es soll wohl mit Veronika Grimm eine kritische Stimme gestoppt werden“, erklärte die CDU-Politikerin. „Die Aufgabe des Sachverständigenrats ist es, die Wirtschaftspolitik der Regierung auch kritisch zu hinterfragen und unabhängig zu beraten“, betonte Klöckner: „Ein Sachverständigenrat, in dem das so nicht mehr möglich ist, beschädigt sich selbst.“

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von Max Haerder

Vier der fünf Wirtschaftsweisen hatten Veronika Grimm den Rücktritt aus dem Sachverständigenrat der Bundesregierung nahegelegt, weil sie in den Aufsichtsrat von Siemens Energy einziehen will.  „Wir möchten Dich bitten, Dich im Falle einer Wahl in den SEAG-Aufsichtsrat für eines der beiden Mandate zu entscheiden“, schreiben die Ratsvorsitzende Monika Schnitzer sowie die Mitglieder Achim Truger, Ulrike Malmendier und Martin Werding in einer E-Mail, aus der das „Handelsblatt“ und die Redaktion von „Table Media“ zitierten. Die E-Mail ging demnach zugleich an Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) sowie die Bundesminister Christian Lindner (FDP) und Robert Habeck (Grüne).

Grimm lehnt Rückzug ab

Grimm lehnt den Rücktritt kategorisch ab. „Wie Ihr wisst, ist eine Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat in einer deutschen Aktiengesellschaft rechtlich nicht zu beanstanden“, zitiert das „Handelsblatt“ aus Grimms Antwortschreiben. In der Vergangenheit hätten Mitglieder des Sachverständigenrats Aufsichtsratsmandate wahrgenommen, was im Rat stets kollegial und gewissenhaft behandelt worden sei und die Arbeit nicht negativ beeinträchtigt habe, erklärte Grimm.

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Grimm ist seit April 2020 Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft. Sie ist Professorin für Volkswirtschaftslehre und Inhaberin des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftstheorie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Lesen Sie auch: Im Sachverständigenrat eskaliert der Streit um den möglichen Einzug der Ökonomin Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy. Was sind die Hintergründe und wie geht es weiter? Ein Gespräch mit dem Wirtschaftsweisen Martin Werding.

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