KPMG-Umfrage Unternehmen sind auf Brexit nicht vorbereitet

Brexit trifft Unternehmen weitgehend unvorbereitet Quelle: imago images

Britische und deutsche Unternehmen erwarten vom Brexit einen Rückgang für die britische Wirtschaftsleistung. Fürs eigene Geschäft allerdings erwarten sie trotzdem Wachstum, wie eine Umfrage zeigt.

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Angesichts der noch immer unsicheren Lage rund um den Austritt Großbritanniens aus der EU stehen viele Unternehmen weiterhin unvorbereitet vor dem – in welcher Form auch immer – anstehenden Brexit. So sehen es 47 Prozent der im britisch-deutschen Geschäft aktiven Unternehmen selbst. Und das, obwohl rund 40 Prozent dieser Unternehmen erwarten, dass der Brexit große oder sehr große Auswirkungen auf ihr Geschäft haben wird. Das zeigen die Ergebnisse des German British Business Outlook 2019 (GBBO), der heute in Berlin vorgestellt wurde. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat dafür gemeinsam mit der britischen Handelskammer (British Chamber of Commerce) 101 deutsche Unternehmen mit Konzernzentrale in Großbritannien und britische Unternehmen mit Konzernzentrale in Deutschland befragt.

Ein weiteres Ergebnis: 84 Prozent der befragten Unternehmen erwarten für 2019 einen Rückgang der britischen Wirtschaftsleistung. Die konkrete eigene Geschäftsentwicklung sehen die Unternehmen allerdings keineswegs so düster. Denn 47 Prozent der befragten Unternehmen rechnen für ihr Geschäft mit einem Wachstum, nur 36 Prozent mit einem Rückgang. Zahlen zu den Post-Brexit-Investitionsgründen zeigen außerdem, dass der britische Markt für deutsche Unternehmen auch künftig wichtig bleiben wird. Denn trotz Ausstiegsplänen und deren Auswirkungen gibt noch immer knapp die Hälfte der befragten Unternehmen an (47 Prozent), aufgrund von Kundennachfrage weiter dort zu investieren. Darüber hinaus wird das Vereinigte Königreich weiter als geschätzter Standort für Forschung und Entwicklung wahrgenommen. Fast alle Unternehmen, die in Großbritannien Forschung betreiben, kooperieren mit Universitäten und großen Technologieunternehmen und schätzen die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Fachkräfte dort.

Laut Umfrageergebnissen prognostiziert nur eine Minderheit von 40 Prozent der befragten Unternehmen große oder sehr große Auswirkungen des Brexit auf ihr Geschäft. Weitere 38 Prozent sagen einen moderaten Einfluss voraus. Die stärksten Auswirkungen des Brexits sehen die befragten Unternehmen durch drohende administrative Hürden (47 Prozent); ebenso viele befürchten einen Umsatzrückgang. Jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) sieht Störungen in den Lieferketten als die stärkste Bedrohung durch den Brexit. Steigende Zollaufwendungen sind in jedem fünften Unternehmen ein Thema (22 Prozent).

Im Falle eines harten Brexit ohne Abkommen wollen viele Unternehmen ihre Planung für Investitionen (35 Prozent), Personaleinstellungen (19 Prozent) und Export-Aktivitäten (16 Prozent) revidieren. 13 Prozent der befragten Unternehmen planen für diesen Fall ihre Aktivitäten nach Deutschland zu verlagern. Eine Verlagerung in andere Länder Kontinentaleuropas überlegen weitere 10 Prozent. Kein einziges der befragten Unternehmen plant, nach dem Brexit Geschäftsaktivitäten nach Großbritannien zu verlagern.

„Die Umfrage zeigt, dass der Brexit dazu führt, dass die Unternehmen Ihre Geschäftsaktivitäten im Korridor Deutschland-Großbritannien in vielfacher Weise anpassen“, sagt Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei KPMG. „Deutlich wird auch, dass nach den Banken auch knapp ein Viertel der Unternehmen anderer Branchen planen, ihre Aktivitäten nach Kontinentaleuropa zu verlagern.“

Zum Erhebungszeitraum im Januar 2019 gab noch fast die Hälfte der befragten Unternehmen an, sich bisher nicht auf den Brexit vorbereitet zu haben. Unternehmen, die bereits Vorkehrungen getroffen haben – zum Befragungszeitraum waren es 53 Prozent – haben eine Risikobewertung für ihr Geschäftsmodell durchgeführt. Maßnahmen zur Vorbereitung und für ein nachhaltiges Managen der Auswirkungen sind vor allem die Umstellung der administrativen Prozesse und die Einrichtung einer Brexit-Task-Force.

„Deutsche Unternehmen sind im britischen Markt wirtschaftlich sehr aktiv. Für einen Großteil der deutschen Wirtschaft ist es daher enorm wichtig, dass der Hard Brexit vermieden wird. Auch wenn der Ausgang noch immer unsicher ist, gilt es jetzt das laufende Geschäft durch geeignete Maßnahmen so weit wie möglich abzusichern“, sagt Andreas Glunz. „Es ist bedauerlich, dass die politische Entwicklung britischen wie auch deutschen Unternehmen wenig Wahl lässt – sie müssen sich auf den Ernstfall vorbereiten. Die bilaterale Wirtschaft hat für die EU eine enorme Bedeutung: Mit allein 650.000 von britischen und deutschen Unternehmen im jeweils anderen Land direkt Beschäftigten führt die gegenwärtige Lage fast zwangsläufig zur größten Krise zwischen der EU und Großbritannien. Die British Chamber of Commerce ruft die politischen Entscheidungsträger dringend dazu auf, die vielschichtigen Verbindungen zum Königreich nicht aufs Spiel zu setzen“, betont Michael Schmidt, Präsident der BCCG.

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