Konjunktur IWF korrigiert Wachstumsprognose für Deutschland erneut nach unten

Dunkle Wolken über der deutschen Wirtschaft: Der IWF hat die Wachstumsprognose erneut nach unten korrigiert. Quelle: dpa

Dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr schrumpfen wird, hat der IWF schon länger vorausgesagt. Nun hat er seine Prognose aber erneut nach unten korrigiert.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Die Weltwirtschaft kommt auch nächstes Jahr kaum in Schwung. Der Internationale Währungsfonds kürzte seine Konjunktur-Prognose am Dienstag gegenüber Juli leicht um 0,1 Punkte auf 2,9 Prozent, wie der IWF in Marrakesch mitteilte. Dieses Jahr dürfte es weiter 3,0 Prozent Wachstum geben. Das sind im langfristigen Vergleich schwache Werte. Die Perspektiven für die USA wurden hochgeschraubt, schlechter sind die Aussichten dagegen für China und Europa. Deutschland dürfte als einzige große Volkswirtschaft dieses Jahr schrumpfen. „Die Weltwirtschaft stolpert vor sich hin“, sagte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Ein Sprint sehe anders aus.

Die Erholung von der Corona-Krise und dem russischen Angriff auf die Ukraine falle zudem von Staat zu Staat sehr unterschiedlich aus, erklärte der IWF, dessen Herbsttagung diese Woche in Marokko stattfindet. Viele Schwellen- und Entwicklungsländer seien noch deutlich von ihrem Kurs entfernt, der vor der Pandemie vorausgesagt worden war. Thema bei der IWF-Tagung dürfte auch der neu aufgeflammte Nahost-Konflikt werden. Detailliert äußerte sich der Fonds noch nicht dazu. Gourinchas sagte, ein zehnprozentiger Anstieg der Ölpreise würde das Wachstum der Weltwirtschaft im Jahr danach um rund 0,2 Prozent dämpfen, die Inflation zugleich um etwa 0,4 Prozent anheizen.

Ein Problem bleibt die hohe Inflation. Global dürfte die Teuerungsrate 2023 von 8,7 auf 6,9 Prozent zurückgehen, 2024 dann auf 5,8 Prozent. Allerdings wurden die Schätzungen für dieses und nächstes Jahr um 0,1 beziehungsweise 0,6 Prozentpunkte nach oben gesetzt. Die Inflation ist also hartnäckiger als gedacht - Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sprach jüngst vom „gierigen Biest“, das noch nicht besiegt sei. In den meisten Fällen dürften die Inflationsziele laut IWF bis 2025 nicht erreicht werden. Oberste Priorität müsse sein, wieder auf Normalwerte zu kommen. Die Notenbanken müssten womöglich länger als an den Märkten erwartet einen restriktiven Kurs fahren. Die Finanzpolitik sollte dies unterstützen. Finanzielle Puffer müssten nach den hohen Schulden vergangener Jahre wieder aufgebaut werden, auch indem Energiepreishilfen ausliefen.

Schneller schlau: Inflation

Nur Deutschlands Wirtschaft schrumpft

Die schnell und stark gestiegenen Zinsen seien derzeit ein Hauptrisiko für die weltweite Finanzstabilität, erklärte der IWF. Besonders im gewerblichen Bereich gebe es Anfälligkeiten. Die einzelnen Staaten sollten mit Stresstests die Branche und mögliche Folgen der hohen Zinsen unter die Lupe nehmen, um entsprechend handeln zu können. Weltweit sind die Immobilienpreise seit Ende 2022 zurückgegangen, in Industriestaaten deutlich stärker als in Schwellenländern. In China, wo es zuletzt stärkere Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt gab, müsse die Regierung Vertrauen wieder aufbauen. Negative Folgen für Firmen, den Finanzsektor und die lokalen Regierungen müssten vermieden werden.

Deutschland wird dieses Jahr als einzige große Volkswirtschaft schrumpfen. Der IWF rechnet mit einem Minus von 0,5 Prozent. Das entspricht einer Verschlechterung von 0,2 Punkten gegenüber Juli. Deutschland spürt die Folgen des Ukraine-Kriegs besonders deutlich. Die exportstarke Industrie leidet unter Energiepreisen, die sich im internationalen Vergleich noch einmal erhöht haben. Im nächsten Jahr traut der IWF Deutschland wieder 0,9 Prozent Wachstum zu. Das sind aber auch 0,4 Punkte weniger als im Sommer vorausgesagt. Wirtschaftsminister Robert Habeck stellt die neuen Prognosen der Bundesregierung am Mittwoch vor.



Nach Reuters-Informationen wird 2023 jetzt von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent ausgegangen. In der Frühjahrsprojektion hatte der Grünen-Politiker noch ein Plus in gleicher Höhe erwartet. Für 2024 peilt die Regierung ein Wachstum von 1,3 Prozent an.

Goldhandel Bekommt das Finanzamt vom Goldverkauf etwas mit?

Können Privatanleger ihr Gold auch steuerfrei verkaufen, wenn es keinen Nachweis zum Kauf gibt? Würde das Finanzamt überhaupt etwas mitbekommen? Das rät ein Experte.

Klage gegen Erwin Müller Ein Drogerie-Milliardär, seine Jagdfreunde und der große Streit ums Millionen-Erbe

Vor fast zehn Jahren hat der Ulmer Unternehmer Erwin Müller drei Jagdfreunde adoptiert. Sie hatten ursprünglich auf ihren Pflichtteil beim Erbe verzichtet – jetzt ziehen sie dagegen vor Gericht. 

Jobwechsel Wenn das hohe Gehalt zum Fluch wird

In seinem aktuellen Job verdient unser Leser zwar gut, ist aber unglücklich. Vergleichbare Stellen sind deutlich schlechter bezahlt. Wie kann er dieser Zwickmühle entkommen?

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Für die USA rechnet der IWF 2023 und 2024 mit Wachstumsraten von 2,1 und 1,5 Prozent. Die Finanzorganisation mit Sitz in Washington verwies auf den robusten Konsum und die Investitionen in der weltgrößten Volkswirtschaft. Die Prognosen für China liegen bei 5,0 und 4,2 Prozent und damit unter denen von Juli. Hier wirken sich auch die Probleme auf dem Immobilienmarkt aus. Für die Euro-Zone schätzt der IWF niedrigere Plus-Raten von 0,7 und 1,2 Prozent. Russland dürfte um 2,2 und 1,1 Prozent zulegen. Auch die Ukraine sieht der Fonds wieder in der Wachstumsspur.

Lesen Sie auch: Wo Deutschland neue Kräfte schöpft

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%