Währungssystem Kehrt Amerika zum Goldstandard zurück?

In den USA wollen Kongressabgeordnete wegen der rapiden Geldentwertung den Dollar wieder an das Gold binden. Das hätte weitreichende Folgen. Dennoch könnte die Gesetzesinitiative den Weg zu besserem Geld weisen. 

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Hohe Energiepreise, anziehende Mieten und teure Nahrungsmittel – die Preisinflation bedroht den Lebensstandard vieler Amerikaner. Im September lagen die Verbraucherpreise um 8,2 Prozent höher als im Vorjahr. Weil die Löhne nur um rund fünf Prozent zulegen, schmilzt die Kaufkraft der Bürger dahin. Der Unmut der Wähler über die Regierung und die Notenbank wächst. Und er ruft die Opposition auf den Plan. 

Anfang Oktober hat der republikanische Kongressabgeordnete Alex Mooney aus West Virginia einen Gesetzesvorschlag ins Parlament eingebracht, der eine radikale Neuordnung des amerikanischen Geldwesens vorsieht. Mooney will den US-Dollar durch physisches Gold decken, das sich im Besitz des US-Schatzamtes befindet. Der Vorschlag ist die jüngste von mehreren Initiativen, die dem Edelmetall eine wachsende Bedeutung im Geldwesen zuweisen. In den vergangenen Jahren haben eine ganze Reihe von US-Bundesstaaten Edelmetalle als Zahlungsmittel attraktiver gemacht, indem sie die Mehrwert- und Kapitalertragsteuer auf Gold und Silber, aber auch auf Platin und Palladium abgeschafft haben.  

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Mooney begründet seine Initiative mit dem massiven Kaufkraftverlust des Greenback. Seit dem Jahr 2000 hat dieser 30 Prozent seiner Kaufkraft verloren, seit der Gründung der Notenbank Fed im Jahr 1913 waren es sogar rund 97 Prozent. Die von der Fed angestrebte Inflationsrate von zwei Prozent habe zu einer schleichenden Entwertung des Geldes geführt, kritisiert Mooney. Binnen 35 Jahren halbiere sie die Kaufkraft des Dollars. Dadurch verteile sie Vermögen um, begünstige Schuldner gegenüber Gläubigern, Besitzer von hochrentablen Finanzaktiva gegenüber Geldhaltern. Zudem habe die Geldentwertung die industrielle Basis Amerikas ausgehöhlt. 

Ein alter Vorschlag, neu aufgelegt 

Mooney fordert daher, den US-Dollar zu einem festen Wechselkurs, der sich aus dem aktuellen Marktpreis für Feingold ableitet, an das Edelmetall zu binden. Die Fed wird verpflichtet, Banknoten zum festgelegten Preis in physisches Gold einzulösen. Die Idee, das Papiergeld auf Basis eines am Markt gebildeten Goldpreises wieder im Edelmetall zu verankern, hatte der Ökonom Ludwig von Mises (1881–1973) bereits in den frühen 1950er Jahren entwickelt. Damit sich ein freier Marktpreis für Gold bilden kann, ist es erforderlich, neben dem Umfang der verfügbaren Goldbestände auch deren Qualität mit Blick auf den Goldgehalt zu kennen. Das US-Finanzministerium soll Mooneys Vorschlag zufolge deshalb alle Goldbestände des Staates offenlegen und über alle Käufe, Verkäufe, Swaps, Verleih-Geschäfte sowie andere Goldtransaktionen, die seit der Suspendierung der Einlösbarkeit des US-Dollars in Gold am 15. August 1971 erfolgt sind, informieren. 

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Die Gesetzesinitiative sieht vor, nur die US-Banknoten, also die Dollar-Geldscheine, durch Gold zu decken. Sie machen jedoch nur einen kleinen Teil der US-Dollar-Geldmenge aus. Zu dieser zählt neben dem Bargeld auch das Buchgeld, das sich in Form von  Sicht-, Spar- und Termineinlagen auf den Konten der Bürger bei den Banken befindet. Diese Einlagen können grundsätzlich in Banknoten eingelöst werden. Daher wäre es möglich, neben den Banknoten auch das Dollar-Buchgeld mit Gold zu unterlegen.  

Welche Folgen aber hätte eine Deckung des Dollars durch Gold für die Volkswirtschaft? 

Der Bestand an US-Bargeld belief sich im August 2022 auf 2.276,3 Milliarden US-Dollar. Die physischen Goldbestände des US-Schatzamtes beziehungsweise der Fed umfassen offiziellen Angaben zufolge 261,5 Millionen Feinunzen. Rein rechnerisch ergäbe sich daraus ein Marktpreis für Gold von etwa 8.700 US-Dollar pro Feinunze. Gegenüber dem aktuellen Goldpreis von ungefähr 1.680 US-Dollar entspräche das einem Anstieg von rund 418 Prozent. Deckte man die gesamte US-Geldmenge M2, also Bargeld und Buchgeld, durch Gold, ergäbe sich rechnerisch ein Preis von etwa 83.000 US-Dollar pro Feinunze – ein Anstieg von 4.840 Prozent gegenüber dem aktuellen Goldpreis. Eine derartige Aufwertung des Goldes hätte weitreichende Folgen. 

Umverteilung von Einkommen und Vermögen

So käme es zu einer immensen Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Denn das in Dollar gerechnete Vermögen der Goldbesitzer gewänne drastisch an Wert. Verwenden die Goldbesitzer ihre gestiegene Kaufkraft dazu, Güter zu kaufen (Konsumgüter, aber auch Aktien und Häuser), dürften deren Preise kräftig zulegen. Der anfängliche Kaufkraftgewinn, den die Goldbesitzer durch die Anbindung an den gestiegenen Goldpreis erzielen, schmilzt dadurch wieder ab. Der preistreibende Effekt der Wiederverankerung des US-Dollars im Gold fiele noch höher aus, sollten die US-Banken bereit sein, zusätzliches Gold etwa aus dem Ausland gegen Ausgabe von neuen US-Dollar zu akzeptieren. Die Folge: Die höheren Preise für Güter ließen den realen Wert der Schulden sinken, Schuldner würden entlastet.  

An den Devisenmärkten würde der US-Dollar vermutlich kräftig gegenüber all jenen Währungen aufwerten, die nicht oder nur in einem geringeren Maße als der Greenback durch Gold gedeckt sind. Die Kaufkraft der US-Amerikaner im Ausland nähme zu, Importe verbilligten sich. Dagegen büßte die US-Exportwirtschaft an preislicher Wettbewerbsfähigkeit auf den Absatzmärkten außerhalb des Dollar-Raums ein.  

Die Anbindung des Dollars an Gold hätte mithin drastische Auswirkungen auf das inneramerikanische und weltwirtschaftliche Gefüge. Ist die Gesetzesinitiative von Mooney deshalb unvernünftig, die fixe Idee eines ökonomischen Hasardeurs?



Mitnichten. Denn den kurzfristigen Kosten und Anpassungsschmerzen eines geldpolitischen Regimewechsels gilt es dessen langfristigen Nutzen gegenüberzustellen. Dieser bestünde darin, dass die Kaufkraft des Geldes jene Stabilität zurückgewönne, die ihr im ungedeckten Papiergeldsystem verloren gegangen ist. Halten die politischen Entscheidungsträger an der Golddeckung fest, können sie die Geldmenge nicht mehr willkürlich vermehren oder verringern. Die chronische Inflation, die das ungedeckte Papiergeld kennzeichnet, gehörte der Vergangenheit an. Auch gäbe es keine monetär verursachten Boom-und-Bust-Zyklen mehr. Darüber hinaus bestünde die Chance auf eine friedlichere Welt, weil die staatliche Kriegsfinanzierung wegen der begrenzten Goldbestände im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar würde.  

Gutes Geld durch Wettbewerb

Dennoch kann die Gesetzesinitiative von Mooney nicht vollständig überzeugen. Denn ihr fehlt ein entscheidender, finaler Schritt auf dem Weg zu einem guten Geld: Der Wettbewerb. Erst wenn die Menschen frei entscheiden können, welches Geld sie verwenden wollen, kann der Wettbewerb seine disziplinierende Funktion auf die Geldanbieter ausüben, seien diese staatliche Zentralbanken oder private Unternehmen. Daher sollte jeder die Möglichkeit haben, seinen Mitmenschen ein Gut anzubieten, das diese als Geld zu verwenden wünschen. Bei einer freien Geldwahl dürfte das Gold zwar sehr gute Chancen haben, allgemein akzeptiert zu werden. Doch sollte es den Menschen möglich sein, auch ein anderes Geld zu verwenden, beispielsweise Kryptowährungen.

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Entscheidend ist, dass der Staat seinen monopolartigen Einfluss auf das Geld verliert; dass er nicht bestimmt, welche geprägten Goldmünzen und -barren als Basis für die Ausgabe von US-Dollar dienen und welche nicht; dass er selbst nicht im Münzprägegeschäft tätig ist beziehungsweise es nicht monopolisiert; und vor allem, dass es keine staatliche Zentralbank mehr gibt, die in die Kredit- und Geldmärkte eingreift und die Marktzinsen beeinflusst. 

Im Kongress und bei machtvollen Interessengruppen aus dem Finanzsektor wird Mooneys  Vorschlag vermutlich auf heftigen Widerstand stoßen. Bedeutet er doch, dass Macht und Besitzstände ins Wanken geraten, weil ihnen die finanzielle Basis durch das beliebig vermehrbare Geld entzogen wird. Doch vielleicht liegt gerade hierin der gesellschaftlich größte Wert des Vorschlags. Indem er das Geld ein Stück weit aus seiner Umklammerung durch die politische Macht befreit, beseitigt er ungerechtfertigte Privilegien – und macht die Welt so etwas gerechter.  

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