Welt.Wirtschaft
Mit seiner Handelspolitik hat US-Präsident Trump die Konkurrenz aus China zurückgedrängt. Quelle: REUTERS

Die Wirtschaftsbilanz des Donald Trump

Die amerikanische Wirtschaft hat sich in der Amtszeit von Donald Trump bisher gut entwickelt. Nur: Was hat das mit dem Präsidenten selbst zu tun?

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Gabriel Felbermayr, 43, ist Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Es ist eine bittere Erkenntnis für alle, die US-Präsident Donald Trump wegen seines kaum erträglichen Politikstils Misserfolg wünschen oder seinem Regierungshandeln die ökonomische Logik absprechen: Die US-Wirtschaft befindet sich im längsten Aufschwung der jüngeren Geschichte. Ob und wie das Coronavirus daran etwas ändern kann, bleibt abzuwarten. Fest steht: Seit Mitte 2009 geht es bergauf. Und allen Unkenrufen zum Trotz, hat der in den Augen vieler Menschen so inkompetente Präsident den Aufschwung nicht abgewürgt.

Auch wenn Trump seine ökonomischen Erfolge in Tweets und Wahlkampfreden mit zum Teil erfundenen Zahlen garniert – de facto ist die Wirtschaft 2019 erneut um beachtliche 2,3 Prozent gewachsen. Die Arbeitslosenquote verharrt unter vier Prozent. Das Meinungsforschungsinstitut Gallup hat ermittelt, dass die Amerikaner der wirtschaftlichen Entwicklung so stark vertrauen wie seit zwei Dekaden nicht mehr. Das war vor Ausbreitung des Coronavirus, ist aber nicht schlecht für einen, dem nicht nur Gegner politische Zerstörungskraft bescheinigen. Und schon gar nicht schlecht für einen, der im Herbst für eine zweite Amtszeit gewählt werden will.

Angesichts der Diskrepanz zwischen politischem Hasardspiel und wirtschaftlicher Lage drängen sich zwei Fragen auf: Wie viel Trump steckt in diesem Aufschwung? Und wie nachhaltig ist er?

Zunächst einmal: Die Angeberei Trumps, er habe ein wirtschaftlich siechendes Land wieder aufgerichtet und zu ungekanntem Wohlstand geführt, ist genau das: Angeberei. Als er ins Weiße Haus einzog, hatte sich die Wirtschaft nach einer leichten Abschwächung der Industrie bereits erholt. Hintergrund war damals der Rückgang des Ölpreises, der die boomende Schieferölindustrie ausbremste und auf andere Sektoren ausstrahlte. Zu Beginn seiner Regierungszeit war dieses Tief durchlaufen. Trump bekam ohne eigenes Zutun konjunkturellen Rückenwind.

Die US-Regierung setzte dann allerdings einige wirtschaftliche Stimuli. Ihre wichtigsten Instrumente waren eine große Steuerreform, eine „America first“-Außenhandelspolitik, die zunächst die heimische Produktion pusht und deren schädliche Nebenwirkungen noch nicht sichtbar sind, sowie höhere staatliche Ausgaben. Außerdem lockerte die Trump-Administration die Regulierung in Branchen, die dem Präsidenten wichtig erschienen, was Investitionen anregen sollte. Mit Erfolg?

Eines vorab: Es ist immer schwierig, die Effekte einzelner Instrumente auf die Wirtschaft isoliert zu bewerten. Nur ein Vergleich mit einem kontrafaktischen Szenario (Was wäre ohne den Einsatz der Instrumente passiert?) wäre aussagekräftig. Und dafür wären lange Zeitreihen notwendig, die noch nicht vorliegen.

Was nun also erstens die Senkung der Unternehmenssteuern angeht, spricht viel für einen positiven Effekt, wenigstens in der kurzen Frist. Es ist nicht verwunderlich, dass es bei einer schuldenfinanzierten Steuersenkung zu einer kräftigen Expansion kommt. Der Privatwirtschaft wird Geld vom Staat geschenkt, der dafür seine Kreditwürdigkeit einsetzt. Die Reform war so konstruiert, dass sie vor allem Investitionen begünstigen sollte. Und tatsächlich: Im Jahr 2018 stiegen die Anlageinvestitionen der Unternehmen um 4,6 Prozent und damit etwas stärker als in den Vorjahren. Allerdings ging dieser Effekt schon im Folgejahr wieder zurück. 2019 wuchsen die Anlageinvestitionen nur noch um 1,4 Prozent. Dazu dürfte auch der Rückgang der Öl- und Gasförderung beigetragen haben, die im Dezember um 25 Prozent unter Vorjahresniveau lag.

Eigentlich sollten im Jahr zwei nach der Steuerreform die ebenfalls entlasteten Konsumenten den Aufschwung weitertragen. Aber das Wachstum der privaten Konsumausgaben hat nach einem leichten Anstieg 2018 auch schon wieder an Dynamik verloren. Die Steuersenkung, teuer mit neuen Schulden erkauft, war wohl nicht mehr als ein Strohfeuer.

Trumps China-Politik wirkt

Zweitens: Mit seiner „America first“-Handelspolitik will Trump vor allem Industrieproduktion zurück ins Land holen und den geostrategischen Rivalen China ausbremsen. Ein großes Land wie die USA mit einem noch größeren Leistungsbilanzdefizit kann sich auf Kosten anderer besserstellen und sich eine aggressive Handelspolitik leisten, weil seine große Volkswirtschaft nicht so stark von anderen abhängig ist, wie es bei kleineren Ländern der Fall ist. Und Trump weiß, dass seine Verhandlungsmacht groß ist.

Mit Blick auf China wirkt seine Politik. Im Zuge des Handelskrieges schrumpften die US-Güterimporte aus China 2019 im Vergleich zu 2018 um rund 72 Milliarden US-Dollar (minus 13 Prozent). Alle wesentlichen Arten von Gütern waren betroffen, aber industrielle Vorprodukte und Investitionsgüter etwa dreimal so stark wie Konsumgüter. Die Exporte amerikanischer Produkte nach China gaben nur um 17 Milliarden Dollar nach. Prozentual liegt das zwar in der gleichen Größenordnung, aber wegen der unausgeglichenen Handelsbilanz mit China ist der absolute Schaden für die Chinesen höher.

Das Defizit der USA im Güterhandel mit China schrumpfte 2019 um 55 Milliarden auf 366 Milliarden Dollar. Weil der US-Überschuss im Dienstleistungshandel mit China fast konstant blieb, schnurrte das Defizit der Leistungsbilanz von 404 auf 352 Milliarden Dollar zusammen. Trump kann also vermelden: Die Chinesen verkaufen weniger in die USA – wie versprochen.

Das jüngste Handelsabkommen mit China, eine Art Waffenstillstand im Handelskrieg, wird den Trend nicht brechen. Mit dem Phase-I-Deal haben sich die Chinesen für den Moment den USA unterworfen. Grob gerechnet, sollen ihre Importe bestimmter Güter aus den USA 2021 um 95 Milliarden US-Dollar höher liegen als im Jahr 2017, als der Handelskrieg mit den USA noch nicht begonnen hatte – eine Verdoppelung der Importe dieser Güter aus den USA. Trump wird den US-Bürgern also weitere Erfolge melden können.

Diese aus Sicht eines Merkantilisten wie Trump erfolgreiche Politik ist allerdings teuer erkauft. Die USA müssen Billigimporte aus China, etwa im Bereich industrieller Vorprodukte und Investitionsgüter, durch teurere Importe aus anderen Industrieländern kompensieren. Die Gesamtimporte haben sich daher preisbereinigt nicht viel anders entwickelt als bei anderen großen Industrienationen. Immerhin wird der volkswirtschaftliche Schaden der höheren Preise durch Zolleinnahmen von voraussichtlich 35 Milliarden Dollar abgemildert.

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