Rüstungsbranche Rüstung hat wieder Konjunktur

Zwei Dekaden nach dem Ende des "Kalten Krieges" sieht die deutsche Rüstungsbranche guten Zeiten entgegen. Nach Jahren der Stagnation stockt die Bundeswehr ihren Beschaffungsetat auf, größter Profiteur ist die EADS. Gute Geschäfte erwartet der von Airbus dominierte Konzern auch mit der inneren Sicherheit.

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Die Verteidigungssparte von EADS hat sich vom Sorgenkind zur Stütze des Konzerns entwickelt. Das Bild zeigt einen im Bau befindlichen Militärtransporter. Quelle: ap

BERLIN/MÜNCHEN. "Die Zeit der Konsolidierung ist vorbei, wir schalten wieder auf Wachstum", sagt Stefan Zoller, Chef der EADS-Verteidigungssparte, stellvertretend für die Branche. Trotz klammer öffentlicher Kassen profitieren die Unternehmen von der steigenden Zahl an Auslandseinsätzen und dem wachsenden Geschäft mit der inneren Sicherheit.

Die Verteidigungssparte, einst Sorgenkind der EADS, ist längst zur Stütze des von Airbus dominierten Konzerns geworden. Im vergangenen Jahr rettete der Vorsteuergewinn von 340 Mio. Euro die EADS vor roten Zahlen, die aus den Belastungen der Flugzeugtochter Airbus drohten. Auch dem Düsseldorfer Mischkonzern Rheinmetall hilft die Rüstungssparte über das schwache Geschäft im Automobilsektor. Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) in München peilt erneut Rekordergebnisse an. Der Spezialist für geschützte Fahrzeuge für Auslandseinsätze hat seit Jahren Sonderkonjunktur. 2007 wuchs der Umsatz erneut um 33 Prozent auf 1,28 Mrd. Euro.

"Auch mittelfristig wird der Beschaffungsmarkt wachsen", sagt ein Rheinmetall-Sprecher. Ein neuer "Kalter Krieg", wie nach dem Kaukasus-Konflikt bereits prognostiziert, spiegelt sich in den Planungen aber noch nicht wider. "Dafür ist es noch zu früh. Dazu bräuchten wir noch ein paar solcher Georgien-Kriege", sagt ein hochrangiger deutscher Rüstungsmanager. Dennoch: Der fünf Tage währende Krieg im Kaukasus ist in den Köpfen von Militärs und Industrie. Der Verteidigungsexperte Frank Kupferschmidt von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) warnt davor, klassische Krisenszenarien vollkommen außer acht zu lassen und nur auf eine Umrüstung der Armee auf die so genannten asymmetrischen Kriege (etwa gegen die Taliban in Afghanistan) zu setzen: "Die klassischen Machtkonflikte sind nicht aus der Welt", sagt Kupferschmidt vor dem Hintergrund des Kaukasus-Krieges.

Weltweit sind die Rüstungshersteller gut ausgelastet. Schon 2007 stiegen die Rüstungsausgaben nach Berechnungen des Stockholmer Sipri-Institutes um sechs Prozent auf 858 Mrd. Euro, fast die Hälfte davon entfällt auf die USA. Auch in Deutschland fließt wieder Geld. Nach Jahren der Stagnation stockt die Bundeswehr ihren Beschaffungsetat in den Jahren 2009 und 2010 um je fünf Prozent auf. Größter Profiteur ist die EADS, die vom Jahr 2010 an 60 Transportflugzeuge vom Typ A 400 M für acht Mrd. Euro liefert. Eine dritte Tranche des Kampflugzeugs Eurofighter mit 68 Maschinen wird verhandelt (siehe unten).

KMW und Rheinmetall liefern dem Heer ab 2010 genau 410 neue Schützenpanzer vom Typ "Puma", sowie 272 Transportpanzer vom Typ "Boxer". Auch kleinere Anbieter profitieren: Der Bremer Technologiekonzern OHB startete im Juli den fünften Spionagesatelliten für die Bundeswehr, der Systemwert beträgt 750 Mio. Euro. Nur wer über eigene Daten verfügt, kann in den Konflikten des 21.Jahrhunderts mitreden. Vom Heimatmarkt kann aber keiner der Waffenanbieter mehr leben. Drei Viertel der deutschen Rüstungsgüter gehen daher in den Export. Deutschland ist nach Berechnungen des SIPRI-Institutes hinter den USA und Russland der drittgrößte Waffenexporteur. Dabei sind die heimischen Hersteller bis auf das deutsch-französische Gemeinschaftsunternehmen EADS Zwerge auf dem Weltmarkt. Doch deutsche Firmen verfügen im Bereich Marinetechnik, Munition oder Panzerbau über sehr konkurrenzfähige Produkte.

Die Deutschen bauen ihr Engagement weltweit aus. EADS plant milliardenschwere Zukäufe auf dem US-Rüstungsmarkt, gesucht sind Elektronik- und Softwarehäuser. Mit dem Einstieg bei der südafrikanischen Denel steigt Rheinmetall zu den drei größten Munitionsanbietern der Welt auf. Man werde "neue Märkte von strategischer Bedeutung erschließen", frohlockt Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt. Während Rheinmetall für Nato-Staaten und die US-Streitkräfte liefert, bedient die neue Tochter Denel Schwellenländer und den Nahen Osten.

Gute Geschäfte erwartet sich die Branche auch mit der inneren Sicherheit. "Die Palette unseres Angebotes hat sich verändert, der Sicherheitsbegriff ist erweitert" sagt EADS-Manager Zoller. Der nach der britischen BAE Systems zweitgrößte Rüstungskonzern Europas liefert neben Kampfflugzeugen und Raketen auch abhörsichere Funknetze, Programme zur Datenerkennung und ganze Grenzüberwachungsysteme, die der Konzern jetzt in Deutschland, Rumänien oder Katar installiert.

"Es gibt im Moment kein Geschäft, das so schnell wächst", sagt Zoller. Die EADS liefert sich weltweit einen Wettstreit mit dem US-Mobilfunkriesen Motorola, China und die USA sind die umkämpften Märkte. Bei Olympia siegten die Europäer: Die Kommunikationstechnik für die chinesischen Sicherheitskräfte in Peking lieferte die EADS.

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