Die Stimmen mehren sich, dass ChatGPT nur ein Hype sei und die Technologie längst ihr Zwischenhoch erreicht habe. Laut einer kürzlich veröffentlichten Analyse des amerikanischen IT-Analysehauses Gartner etwa hat generative KI wie jene des intelligenten Chatbots aus dem Hause OpenAI inzwischen den „Gipfel der überhöhten Erwartungen“ erreicht. Sollte das zutreffen, würde nun eine Phase der Ernüchterung folgen, bis die Technologie in ihre wahre produktive Phase einträte.
Klar ist: OpenAI verbrennt derzeit massiv Geld – noch. Doch schon für dessen Großinvestor Microsoft gilt das nicht mehr. Bei Microsoft trieben im jüngst abgelaufenen ersten Quartal des Geschäftsjahres 2024 vor allem die starken Cloud-Umsätze das Geschäft. So sprang das Cloud-Wachstum im jüngsten Quartal auf 29 Prozent – im Vergleich zu 26 Prozent in den drei Monaten davor. Der US-Konzern profitiert laut eigenen Aussagen vor allem von der anhaltenden Nachfrage nach Sprachbot-ähnlichen Diensten wie ChatGPT. Diese lassen viele Unternehmen wegen der Partnerschaft zwischen Microsoft und OpenAI in den Azure-Rechenzentren der Redmonder laufen.
Die Google-Mutter Alphabet dagegen schwächelt gerade in dem wichtigen Cloud-Geschäft: Zwar ist die Sparte im dritten Quartal immer noch um knapp 23 Prozent gewachsen, das ist aber deutlich weniger als im Vorquartal mit 28 Prozent – und insgesamt zu wenig für Google, dessen Cloud-Geschäft ohnehin nur die schlappe Nummer drei hinter den weit enteilten Marktführern AWS von Amazon sowie Microsoft ist. Laut Alphabet halten sich die Kunden mit Investitionen in teure Cloud-Dienstleistungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren, derzeit eher zurück.
Schneller schlau: So lernen Maschinen das Denken
Mit Kameras, Mikrofonen und Sensoren erkunden die Maschinen ihre Umwelt. Sie speichern Bilder, Töne, Sprache, Lichtverhältnisse, Wetterbedingungen, erkennen Menschen und hören Anweisungen. Alles Voraussetzungen, um etwa ein Auto autonom zu steuern.
Neuronale Netze, eine Art Nachbau des menschlichen Gehirns, analysieren und bewerten die Informationen. Sie greifen dabei auf einen internen Wissensspeicher zurück, der Milliarden Daten enthält, etwa über Personen, Orte, Produkte, und der immer weiter aufgefüllt wird. Die Software ist darauf trainiert, selbstständig Muster und Zusammenhänge bis hin zu subtilsten Merkmalen zu erkennen und so der Welt um sie herum einen Sinn zuzuordnen. Der Autopilot eines selbstfahrenden Autos würde aus dem Auftauchen lauter gelber Streifen und orangefarbener Hütchen zum Beispiel schließen, dass der Wagen sich einer Baustelle nähert.
Ist das System zu einer abschließenden Bewertung gekommen, leitet es daraus Handlungen, Entscheidungen und Empfehlungen ab – es bremst etwa das Auto ab. Beim sogenannten Deep Learning, der fortschrittlichsten Anwendung künstlicher Intelligenz, fließen die Erfahrungen aus den eigenen Reaktionen zurück ins System. Es lernt zum Beispiel, dass es zu abrupt gebremst hat und wird dies beim nächsten Mal anpassen.
Google kommt bei KI nicht recht voran
Die jüngsten Zahlen von Microsoft und Google zeigen vor allem eines: Die Investitionen in KI, etwa in die gewaltige Rechnerinfrastruktur, um die großen Sprachmodelle für ChatGPT & Co. darauf laufen zu lassen, zahlen sich sehr wohl aus. „Dank der Partnerschaft mit OpenAI kann Microsoft schon spürbar Aufträge bei KI verbuchen, während Google mit seinem KI-Bot Bard noch nicht recht voran kommt“, sagt Axel Oppermann, Marktbeobachter beim Analysehaus Avispador.
Nicht nur, dass Microsoft sein auf ChatGPT basierendes KI-Tool namens Microsoft 365 Copilot in immer mehr seiner eigenen Produkte wie Word, Excel, Outlook oder Teams einbaut: Es vertrauen auch immer mehr Kunden dem US-Konzern, um ChatGPT-ähnlichen Sprachbots in die eigene Organisation zu bringen. So hat beispielsweise die Otto-Gruppe aus Hamburg Ende September einen internen, sicheren und datenschutzkonformen Chatbot gelauncht. Der KI-Assistent namens ogGPT basiert auf der ChatGPT-Technologie von OpenAI und dem Azure OpenAI Service von Microsoft.
Nach ähnlichem Muster hat die Fraunhofer-Gesellschaft Ende August gemeinsam mit Microsoft den internen KI-Chatbot fhGenie eingeführt, der ebenfalls in der Azure-Cloud läuft. „Microsoft hat ChatGPT ja bereits selber in die eigenen Produkte eingebaut“, sagt IT-Analyst Oppermann. „Dieses Know-how können sie jetzt auch leicht in Kundenprojekten weitergeben.“ Die KI-Investitionen zahlen sich für Microsoft also bereits doppelt aus.
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