Abschuss von Kinschal-Raketen Patriot-System taugt nur bedingt gegen Putins Hyperschallraketen

Ein MiG-31-Abfangjäger der russischen Luftwaffe beladen mit der Hyperschallrakete Kinschal. Quelle: dpa

Das westliche Luftverteidigungssystem hat offenbar mehrere russische Kinschal-Raketen abgeschossen. Ein Luftverteidigungsspezialist warnt nun, daraus voreilig optimistische Schlüsse zu ziehen.

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Zum zweiten Mal binnen weniger Tage soll das westliche Luftabwehrsystem Patriot Russlands Wunderwaffe vom Himmel geholt haben: die Hyperschallrakete Kinschal. Dabei galt die bisher als kaum abzufangen. Ein führender deutscher Luftverteidigungsexperte warnt nun allerdings davor, die Leistung von Patriot zu überschätzen. Bei den mutmaßlichen Abschüssen habe es sich offenbar um eine Sondersituation gehandelt.

Die Hyperschallrakete Kinschal basiert auf der Rakete Iskander. Anders als diese startet die Kinschal aber nicht vom Boden, sondern wird von einem Kampfjet aus gestartet. Die Iskander hat eine maximale Reichweite von knapp 500 Kilometern. „Wenn die Kinschal dagegen von einer MiG31 aus in sehr großer Höhe mit sehr großer Geschwindigkeit gestartet wird, hat sie durchaus eine Reichweite von etwas über 1000 Kilometern“, sagt ein Luftabwehrexperte, der ausländische Waffen für die Industrie analysiert.

Dadurch kann die russische Waffe Ziele mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit anfliegen. Das entspricht ungefähr drei Kilometern pro Sekunde. Bei der modernen Version des Patriot-Systems falle die Kinschal damit noch in den bekämpfbaren Bereich, so der Experte.

Entscheidend dafür ist vor allem das Radar von Patriot. Das wurde zuletzt nach dem zweiten Irakkrieg überarbeitet und bekam eine zweite Gruppe Röhren, die die Radarleistung liefern. Die Radarreichweite stieg dadurch und Patriot kann nun  ballistische Flugkörper mit einer Reichweite von bis zu 1000 Kilometern abwehren, wie es die Kinschal ist.

Radarleistung ist entscheidend 

Radarreichweite und Leistung sind entscheidend, um besonders schnell fliegende Raketen früh zu erfassen. Je eher das passiert, desto früher kann Patriot den Abwehrflugkörper starten und desto größer ist der Radius rund um seinen Stationierungsort, den das System verteidigen kann. Experten sprechen vom „Defended Footprint“.

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Trotz des Updates nach dem Irakkrieg ist das System in den Augen des Experten aber nur bedingt in der Lage, gegen die modernen Kinschal vorzugehen. „Mit dem jetzigen Radar ist der Verteidigungsradius verschwindend klein“, sagt er. Es bräuchte also extrem viele Patriots, um mit ihnen ein größeres Gebiet gegen die Raketen zu verteidigen. Dass Patriot in den vergangenen Tagen in der Ukraine offenbar so gut funktioniert habe, liege wohl daran, dass die Kinschal versucht habe, das Patriot-Radar selbst auszuschalten. 

Liegt das Ziel, welches die Patriot-Stellung verteidigen soll, jedoch weiter entfernt, kann das Ergebnis schnell anders aussehen. Ein wichtiger Faktor dabei ist auch die extrem hohe Geschwindigkeit der Kinschal. Patriot-Raketen sind mit Mach 4 bis 5 nur etwa halb so schnell. Auch das reduziert die Fläche, die sich mit ihnen in der kurzen Zeit verteidigen lässt.

Patriot verbessert sich rasant

Dass sich Patriot bisher dennoch ganz gut gegen die Kinschal behauptet, liegt auch an den neueren PAC-3-Flugkörpern des Systems. Die haben im Gegensatz zu den alten PAC-2, die im Golfkrieg eingesetzt wurden, einen aktiven Suchkopf. Das heißt, die Rakete sucht sich im Endanflug selbst ihr Ziel. Bei den alten PAC-2 musste das Radar am Boden das Ziel orten und die Rakete praktisch fernsteuern.

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Die heutigen Flugkörper PAC-3 können das Ziel sogar direkt treffen, und nicht nur möglichst nahe daran explodieren wie die Vorgänger. Die zuletzt überarbeitete Version PAC-3-MSE besitzt zudem ein besseres Doppelimpulstriebwerk, mit einer höheren Reichweite. Es kann zudem größere Höhen erreichen. Und die nächsten Modelle, an denen Hersteller Lockheed Martin derzeit arbeitet, dürften noch besser werden. Radarlieferant Raytheon baut zudem ein komplett neues Radar namens GhostEye. Das soll ungefähr doppelt so viel Reichweite haben wie das heutige System.

Eine weitere Verbesserung an Patriot gab es nach dem zweiten Golfkrieg bei der Software. Damals fielen von den Scut-Raketen beim Wiedereintritt in die Atmosphäre oft Teile ab. Das System konnte Trümmer und Rakete oft nicht auseinander halten. Das ist inzwischen behoben, berichtet der Experte. Es hilf Patriot auch beim Kampf gegen die Kinschal. Die nämlich ist vermutlich wie die Iskander mit sogenannten Täuschkörpern ausgestattet, die Abfangraketen ablenken.

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Selbst wenn Patriot sich zuletzt ganz gut gegen russische Hyperschallraketen geschlagen hat: Gegen chinesische Hyperschallgleiter hat es in den meisten Fällen wohl keine Chance, so der Experte. Die fliegen in ihrer Marschphase bis zu 60 Kilometern hoch, zu hoch selbst für die neuesten Patriot-Abfangraketen. Deswegen entwickeln die USA hier einen ganz neuen Flugkörper. Allerdings wird der wohl nicht in Patriot integriert werden.

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