Beim Erreichen der Klimaziele soll Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen – etwa als Energiespeicher oder in der Stahlindustrie. Doch Wasserstoff ist nicht gleich Wasserstoff: Geht es um die Klimaneutralität, kommt ziemlich viel auf die Herstellung an – auch wenn am Ende immer das gleiche Gas herauskommt. Um die Art und Weise der Produktion kenntlich zu machen, werden Farben verwendet. Und so ist die Rede von grünem, blauem, grauem oder rotem Wasserstoff. Aber auch orange, türkis oder braun kann es daherkommen: Das in Wirklichkeit stets farblose Gas. Eine Übersicht.
Grauer Wasserstoff
Der aktuell in Deutschland produzierte Wasserstoff ist meistens grau. Das heißt, er wird aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas gewonnen. Beim Herstellungsverfahren, das „Dampfreformierung“ heißt, fällt unter anderem Kohlendioxid an. Es entweicht in die Atmosphäre und wirkt als Treibhausgas. Wasserstoff kann auch mit Hilfe von Strom erzeugt werden. Bei dem Verfahren der sogenannten Elektrolyse wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Wird dabei Strom verwendet, der durch Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt wurde, gilt der Wasserstoff ebenfalls als grau.
Blauer Wasserstoff
Von blauem Wasserstoff spricht man, wenn das bei der Herstellung aus fossilen Energieträgern anfallende Kohlendioxid aufgefangen und unterirdisch gespeichert wird, etwa in früheren Gas- und Öllagerstätten. Der Fachbegriff dafür ist „Carbon Capture and Storage“, abgekürzt ?CCS.
Schneller schlau: Wasserstoff
Das chemische Element Wasserstoff (H) gehört zu den ältesten Elementen in unserem Universum. Es ist einer der Grundbausteine von Sternen, die Sonne zum Beispiel besteht zu knapp drei Vierteln aus Wasserstoff und zu knapp einem Viertel aus Helium. Wasserstoff ist in gebundener Form in allen lebenden Organismen zu finden. Auf der Erde ist die molekulare Form des Wasserstoffs (H2) ein geruchsloses, brennbares Gas.
Weil bei der Verbrennung von Wasserstoff (H) mit Sauerstoff (O) schlicht Wasser, also H2O, entsteht und eben kein klimaschädliches Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), wie bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe.
Wird Wasserstoff klimafreundlich hergestellt, soll er dabei helfen, den Ausstoß von CO2 deutlich zu verringern und laut Bundesregierung sogar „bis auf null zu führen“.
Stand: 26. Juli 2023
Der Wasserstoff soll vorzugsweise mit Hilfe von erneuerbarem Strom in sogenannten Elektrolyseverfahren hergestellt werden. Dabei zerlegt Strom Wassermoleküle in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff. Wird dabei Strom aus regenerativen Energiequellen verwendet, wird der Wasserstoff „grün“ genannt.
Je nach Art der Herstellung werden auch andere Farben zur Bezeichnung verwendet. So spricht man etwa von „grauem“ Wasserstoff, wenn bei der Herstellung aus Erdgas das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) entweicht.
Wird dabei das freiwerdende Kohlendioxid gespeichert, bezeichnet man ihn als „blau“.
Wird dabei fester Kohlenstoff gewonnen, wird der Wasserstoff „türkis“ genannt.
Mit Ökostrom hergestellter Wasserstoff soll zum einen als chemischer Rohstoff eingesetzt werden. Als Grundstoff für die chemische Industrie wird Wasserstoff schon lange verwendet, etwa zur Herstellung von Ammoniak, einer Ausgangsbasis für Düngemittel. In der Stahlindustrie etwa soll Öko-Wasserstoff künftig eine zentrale Funktion übernehmen: Wo bei der Herstellung von Roheisen bislang Kohle dem Eisenerz den Sauerstoff entzieht, soll künftig Wasserstoff ran.
Zum anderen soll er als Energieträger und damit auch als Energiespeicher dienen. In einigen Jahren soll er etwa als Brennstoff in modernen Gaskraftwerken zur Stromerzeugung verwendet werden. Sie sollen zum Einsatz kommen, wenn nicht genügend erneuerbarer Strom etwa aus Wind- und Sonnenenergie zur Verfügung steht. In Brennstoffzellen wird Wasserstoff schon länger zur Stromerzeugung eingesetzt. Gelagert werden soll Wasserstoff etwa in früheren Erdgasspeichern.
Die Gaswirtschaft sagt, dass mit diesem Verfahren Wasserstoff nahezu klimaneutral hergestellt werden kann. Für den sogenannten Wasserstoff-Markthochlauf sei blauer Wasserstoff „unabdingbar, da nur so ausreichende Mengen“ CO2-arm und verlässlich bereitgestellt werden könnten. Der Branchenverband Zukunft Gas räumt ein, dass klimaneutral hergestellter grüner Wasserstoff „noch umweltfreundlicher als blauer“ ist. „Aber er steht heute und vermutlich auch nicht in naher Zukunft in großen Mengen zur Verfügung.“
Das Umweltbundesamt sieht blauen Wasserstoff kritisch. So würden bei Förderung und Transport von Erdgas weiterhin die Treibhausgase Methan und Kohlendioxid ausgestoßen. „Diese Emissionen können nur vermieden werden, wenn auf Erdgas an sich verzichtet wird.“ Auch sei eine vollständige Abscheidung des CO2 aus dem Abgas nach der Dampfreformierung erforderlich, was aber technisch nicht zu 100 Prozent möglich sei. Das Bundeswirtschaftsministerium sagt, dass blauer Wasserstoff „für eine Übergangszeit einen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten“ könne.
Grüner Wasserstoff
Als grün wird Wasserstoff bezeichnet, der per Elektrolyse aus Wasser mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Bei der Herstellung von grünem Wasserstoff entsteht kein Kohlendioxid als schädliches Treibhausgas. Für das Bundeswirtschaftsministerium spielt grüner Wasserstoff eine zentrale Rolle beim Erreichen der Klimaziele: „Klimafreundlich hergestellter Wasserstoff ermöglicht es, die CO2-Emissionen vor allem in Industrie und Verkehr dort deutlich zu verringern, wo Energieeffizienz und die direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht ausreichen.“
Lesen Sie auch: Grüner Wasserstoff aus Kanada ist offenbar eher grau
Türkiser Wasserstoff
Als türkis wird Wasserstoff bezeichnet, der durch ein thermisches Verfahren namens Pyrolyse erzeugt wird. Dabei wird Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten. Wenn der Kohlenstoff dauerhaft gebunden bleibt und nicht verbrannt wird, ist das Verfahren CO2-neutral, erklärt der Energieversorger EWE. Laut Umweltbundesamt wurde die Methanpyrolyse vor allem entwickelt, um festen Kohlenstoff zu gewinnen. Wasserstoff falle als Nebenprodukt an. „Technisch kann das Verfahren aber auch auf die Produktion des Wasserstoffs ausgerichtet werden.“ Die Behörde sieht noch Forschungsbedarf.
Roter, pinker, violetter Wasserstoff
Mit diesen drei Farben wird Wasserstoff aus einer Elektrolyse bezeichnet, die mit Atomstrom betrieben wird.
Gelber Wasserstoff
Hier ist man sich nicht einig. Der Energiekonzern EnBW bezeichnet Elektrolyse-Wasserstoff aus Atomstrom als gelb. Laut EWE entsteht gelber Wasserstoff, wenn der Elektrolyse-Strom aus einer Mischung aus erneuerbaren Energien und fossilen Brennstoffen stammt. Auch Wasserstoff aus Solarenergie wird manchmal als gelb bezeichnet.
Schwarzer, brauner Wasserstoff
Bei dem Verfahren der Kohlevergasung wird Steinkohle oder Braunkohle als Ausgangsstoff eingesetzt. Unter Einsatz von Wärme und Wasser entsteht Wasserstoff. Als Abfallprodukt entsteht auch Kohlendioxid.
Lesen Sie auch: Diese Grafiken zeigen das Investitionswettrennen um den grünen Wasserstoff
Weißer Wasserstoff
Als weiß wird zum einen Wasserstoff bezeichnet, der als Abfallprodukt anderer chemischer Verfahren entsteht, etwa bei der Chloralkali-Elektrolyse. Andere bezeichnen Wasserstoff als weiß, der natürlich vorkommt. Wie man solchen Wasserstoff nutzen kann, ist noch wenig erforscht. Im Projekt HyAfrica wird derzeit etwa untersucht, wie solche Vorkommen in Afrika zur Stromerzeugung für die lokale Bevölkerung verwendet werden können. Natürlich vorkommender Wasserstoff wird manchmal auch als goldener Wasserstoff bezeichnet.
Orangener Wasserstoff
Als orangefarbenen Wasserstoff bezeichnet man Wasserstoff, der aus Bioenergie hergestellt wurde. Laut Forschungsinstitut Ikem ist Bioenergie eine kohlenstoffneutrale Energie, die aus organischen Stoffen gewonnen wird und etwa als Biomasse, Biokraftstoff, Biogas oder Biomethan vorliegen kann.
Lesen Sie auch: Warum sich Deutschland auf massenhafte Wasserstoffimporte vorbereiten muss