Mondmissionen und mehr So spektakulär wird das Raumfahrtjahr 2024

Spektakulärer Blick: Ein Foto des Monds, aufgenommen vom Raumschiff Orion am 20. Tag der Artemis-I-Mission. Was erwartet die Astronauten der Artemis-II-Mission im Jahr 2024? Quelle: imago images

Eine Reise zum Mond, die ersten Raketen aus Deutschland, Aufbruch zum Jupiter: Für die Raumfahrt beginnt ein spektakuläres Jahr.

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Das wohl wichtigste Meeting seines Lebens hätte Reid Wiseman beinahe verpasst. Der Nasa-Astronaut steckte noch auf einem Arzttermin fest, kurz bevor das Treffen beginnen sollte, das laut Kalendereintrag nicht mehr als ein „Update zur Lage an der Internationalen Raumstation“ versprach. „Ich glaube, ich werde es nicht schaffen“, schrieb Wiseman per Textnachricht an seinen Chef, so berichtet es die „Washington Post“.

„Es geht nicht um das, was du denkst“, antwortete der. „Du musst dazu kommen.“ Wiseman zog den Arzttermin durch, wählte sich dann aber per Telefon in die Konferenz ein. Und erhielt dann die größte Nachricht seiner Laufbahn: Die Nasa wählte Wiseman zum Kommandanten von Artemis II – des ersten Astronauten-Flugs zum Mond seit Ende der Apollo-Ära vor mehr als 50 Jahren. Sofern die Astronauten nicht noch weitere Meetings vertändeln und auch sonst alles wie geplant läuft, könnte es im November 2024 so weit sein: Zusammen mit drei Kollegen soll Wiseman dann in einem Orion-Raumschiff zum Mond aufbrechen, ihn umrunden und nach zehn Tagen wieder zur Erde zurückkehren. Es ist die Generalprobe für eine Mondlandung, die für Ende 2025 geplant ist.

Artemis II könnte das Raumfahrt-Highlight des Jahres 2024 werden – und die Initialzündung für die Rückkehr des Menschen zum Mond. Doch auch darüber hinaus sind spannende Missionen ins tiefe Weltall geplant, werden neue Raketen auch aus Deutschland erstmals abheben, werden hunderte, vielleicht tausende Satelliten im Erdorbit ausgesetzt. Start-ups und Raumfahrtunternehmen wollen neue Milliardenmärkte im All erschließen.

Über Jahre haben Start-ups und staatliche Weltraumagenturen die Besiedlung des Mondes geplant. Sie hoffen, dass sich dort Rohstoffe fördern und sogar Rechenzentren bauen lassen. Jetzt geht die Reise tatsächlich los.
von Andreas Menn

Zurück zum Mond

Die Startrampe 39-B am Kennedy-Space-Center in Florida hat eine besondere symbolische Bedeutung. Im Mai 1969 hoben hier drei Astronauten der Apollo-10-Mission in einer Saturn-V-Rakete ab, um einen Rundflug um den Mond zu absolvieren. Es war der Testflug für die erste menschliche Mondlandung wenige Monate später. Im November 2024 könnte sich die Geschichte wiederholen: Die Artemis-II-Mission mit Commander Wiseman und seiner Crew soll erneut die Mondlandung durchspielen, ohne selbst auf dem Erdtrabanten aufzusetzen. An Bord soll diesmal erstmals auch eine Frau sein, die Nasa-Astronautin Christina Koch.

Nach dem Start mit der Rakete Space Launch System wird das Orion-Raumschiff sich in einen speziellen Orbit um die Erde manövrieren, um von dort aus den Kurs zum Mond aufzunehmen. Nach vier Tagen Reise wird die Raumkapsel den Mond einmal umrunden und dabei von der Erde aus gesehen 7400 Kilometer weit hinter den Erdtrabanten fliegen. Dann kehrt sie wieder zur Erde zurück und landet an Fallschirmen im Pazifik.



Das alles hat die Nasa schon vor mehr als 50 Jahren im Apollo-Programm erreicht. Doch seit dessen Ende ist nie mehr ein Mensch zum Mond zurückgekehrt. Raketen, Raumschiffe, Lebenserhaltungssysteme mussten die Nasa und Partner für das Artemis-Programm neu entwickeln – die Europäische Weltraumorganisation Esa hat das Antriebs- und Versorgungsmodul der Orion-Raumfähre beigesteuert. Und nun soll der Mensch wieder regelmäßig zum Mond fliegen – und dort möglicherweise sogar dauerhaft siedeln. Darauf wettet auch eine ganze Reihe von Start-ups, die die Nasa und andere Nationen bei der Erkundung des Mondes künftig unterstützten wollen. Am 8. Januar macht sich Peregrine auf den Weg dorthin, eine Landefähre des US-Start-ups Astrobotic. An Bord sind unter anderem einige Messgeräte der Nasa, fünf Mini-Rover von Forschern aus Mexiko und ein größerer der Carnegie Mellon University aus den USA, die den Mond erkunden sollen.

Es könnte der Auftakt zu einer ganzen Flotte an kommerziellen Mondvehikeln sein. Im Februar soll der Lander Nova-C des US-Start-ups Intuitive Machines zum Mond reisen, im Herbst das Modell Blue Ghost des US-Unternehmens Firefly Aerospace, wenig später ein zweiter Lander von Astrobotic mit einem Rover namens Viper der Nasa an Bord. Die chinesische Raumfahrtagentur wiederum will im Mai mit der Mission Chang’e 6 Bodenproben auf der Rückseite des Mondes nehmen und zur Erde zurückbringen. Der japanische Lander Slim wiederum kreist aktuell schon um den Erdtrabanten – und soll am 19. Januar dort landen. Spannend wird bleiben, wie vielen Sonden die komplizierte Landung gelingt – vergangenes Jahr zerschellten mit Hakuto-R aus Japan und Luna-25 gleich zwei Lander auf der Mondoberfläche.

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