Pedelec-Vergleichstest Zwei für alle Fälle: Was ein Trekking-Pedelec bieten sollte

Im Test mit Step-thru-Rahmen: das Trekking-Pedelec Cannondale Tesoro Neo X1 für 4.999 Euro Quelle: Rudolf Huber/SP-X

Trekking-Pedelecs sind Alleskönner, die sich in der Stadt, über Land und auf unbefestigten Straßen einsetzen lassen. Wir haben zwei aktuelle Exemplare miteinander verglichen.

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Was macht der Stadtmensch, den es mit dem E-Bike auch mal auf lange Touren in der Umgebung zieht und der auch kleine Fluchten auf Schotterstraßen angehen will? Er kauft sich ein Trekking-Pedelec. Denn damit lässt sich, so die Hersteller, so ziemlich alles machen. Stimmt das tatsächlich?

Beim Vergleichstest von Cannondale Tesoro Neo X1 und Totem Mythos wird deutlich, dass das Versprechen von hoher Flexibilität tatsächlich eingelöst wird. Beide Modelle, das Totem mit klassischen „Herren“-Rahmen, das Tesoro in der Step Thru-Version mit abgesenktem Oberrohr, ermöglichen ihren Reitern eine entspannte, langstreckentaugliche Sitzposition, gute Kontrolle über das Geschehen dank relativ breiter Lenker plus komfortfördernder Federgabeln vorne. Und beide geben sich keine Blöße, wenn mal durch etwas gröberen Schotter gefahren wird. Das ist zwar definitiv nicht die Hauptkompetenz der beiden Räder, aber es ist möglich.

Viel wohler fühlen sich beide Kandidaten auf gut gewalztem Kies und natürlich auf Asphalt. Dank stabiler Rahmen und Träger lässt sich reichlich Gepäck mitnehmen und dank komfortabler Sättel, beim Cannondale sogar serienmäßig mit gedämpfter Stütze, steht langen Touren nichts im Weg. Dabei spielt jeweils auch die Antriebs-Ausstattung mit. Schließlich protzt das Tesoro Neo X1 mit einem Akku mit 750 Wattstunden (Wh). Und der ebenfalls herausnehmbare Saftspender des in Tschechien montierten Mythos hält mit immerhin 720 Wh dagegen. Damit sind Reichweiten von 100 bis 120 Kilometer auch bei abwechslungsreicher Topografie und auch mal forderndem Einsatz der E-Motoren kein Problem.

Mit „Herren“-Rahmen: das Trekking-Pedelec Totem Mythos für 2.899 Euro Quelle: Rudolf Huber/SP-X

Soweit die Gemeinsamkeiten. Beim genauen Blick auf die Komponenten offenbaren sich die zum Teil erheblichen Unterschiede, die letztlich auch eine deutliche Preisdifferenz erklären müssen. So kostet das mit dem smarten (und teuren) Bosch-Antrieb ausgestattete Cannondale Tesoro 5000 Euro, das Totem Mythos mit dem eher in Fachkreisen bekannten Vinka-Antriebssystem ist für 2900 gelistet. Für alle, die es beim Radeln gerne möglichst einfach haben, dürfte das Totem erste Wahl sein. Es wird über ein Mini-Display mit gerade mal drei Tasten gesteuert, bietet neben den Modi Eco, Tour und Boost auch noch einen Auto-Modus, der die Unterstützung eigenständig der jeweiligen Anforderung anpasst. Das alles begleitet von einem durchaus munteren E-Motor mit maximal 80 Nm Drehmoment, der allerdings bei Beanspruchung relativ laut wird.

Cannondale setzt auf den smarten und bewährten Bosch-Antrieb Quelle: Cannondale

Eine ganze Portion smarter – nicht nur wegen der diversen Möglichkeiten der dazugehörigen App – geht das Cannondale-Pedelec mit dem Performance Line CX-Antrieb die Sache an. Der liefert zwar „nur“ 75 Nm Drehmoment, hilft der Fuhre aber dank feiner Antriebs-Elektronik bei Bedarf gerade in den niedrigen Gängen der 10-Gang-Kettenschaltung locker über steile Anstiege. Auch hier gibt es einen Automatik-Modus, der gefühlt ein bisschen direkter auf die per Pedalkraft eingebrachten Wünsche des Fahrers eingeht als der des Mythos. Das Kiox 300 Display & Remote bietet eine Fülle von Tasten, Funktionen und Vernetzungsmöglichkeiten – hier kommen technikaffine Radler voll auf ihre Kosten. Die Entscheidung für den einen oder den anderen Antrieb ist Geschmackssache: Kräftig sind sie beide, etwas rustikaler ist der des Totem, geschmeidiger und kultivierter der des Cannondale.

Bei Totem kommt der nicht allgemein bekannte Vinka-Antrieb zum Einsatz Quelle: Rudolf Huber/SP-X

Deutlich unterscheiden sich die beiden Kandidaten bei der Abstimmung der Kettenschaltung. Die zehn Gänge der Shimano Deore-Anlage lassen sich stimmig und mit jeweils passendem Anschluss durchwechseln, das Pendant beim Totem, ein 9-Gang-System aus der Altus-Reihe von Shimano, nervt mit einem zu großen Sprung zwischen dem achten und dem neunten Gang – ganz so, als hätten die Techniker dazwischen ein Zahnrad rausgenommen.

Das Tesoro ist am Sattelrohr mit einem pulsierenden Tagfahrlicht ausgestattet Quelle: Cannondale

Nicht nur bei der Schaltung, auch bei den sonstigen Komponenten von den Reifen über die Lenkergriffe und die Beleuchtung (mit pulsierendem Tagfahrlicht beim Cannondale) zeigen sich Unterschiede: Das Tesoro ist eher mit Teilen aus der Business-Class ausgestattet, das Mythos muss eher mit Economy-Zutaten auskommen – die aber definitiv keine Funktionsmängel mit sich bringen. Auch das Totem bremst sehr ordentlich und rollt leise ab, und auch ohne gefederte Sattelstütze kann man problemlos weite Strecken zurücklegen. Knapp vorne liegt das preiswertere Bike beim Gewicht, mit rund 27 Kilo ist es etwa zwei Kilo leichter als das Tesoro, zudem sorgen die 27,5-Zöller des Mythos für einen Tick mehr Agilität als die 29 Zoll großen Räder des Mitbewerbers.

Stabiler Gepackträger, gewöhnungsbedürftige Kettenschaltung: das Totem Mythos-Heck Quelle: Rudolf Huber/SP-X

Welches also nehmen? Beide Kandidaten haben ihre Vorzüge und sie haben sich im ausführlichen Alltagstest gut geschlagen. Die Entscheidung ist also eine Frage des Geschmacks – und des Geldbeutels.

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