Biodiesel HVO100 Neuer Biodiesel an deutschen Tankstellen: Das müssen Sie nun wissen

Kraftstoff aus Küchenresten: An deutschen Tankstellen kann Biodiesel getankt werden. Quelle: dpa

HVO100 – dieser neue Biodiesel findet sich nun an deutschen Tankstellen. Der Sprit aus altem Speiseöl und anderen Abfällen soll das Klima schonen. Wie viel der neue Diesel kostet und welche Autos ihn tanken können.

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Es war eine lange Hängepartie, doch nun ist der Weg frei: Am 10. April machte das Bundeskabinett den Weg frei für einen Biodiesel, der ganz ohne Erdöl auskommt. Stattdessen wird er zu 100 Prozent aus Abfällen wie zum Beispiel altem Frittierfett hergestellt. Tanken können ihn seit dem 1. Mai grundsätzlich alle Dieselfahrzeuge. Doch gerade in der Anfangsphase wird der klimafreundliche Sprit wohl vorrangig Flottenmanager interessieren.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen HVO100-Diesel im Überblick:

Was ist HVO100 und ist es in Deutschland erlaubt?

Im Moment erlaubt der Gesetzgeber in Deutschland im Diesel nur Biokraftstoff-Beimischungen von sieben Prozent. Laut Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) ist dieser B7 die gängige Dieselsorte an deutschen Tankstellen.

Künftig sollen sie auch 100-prozentigen Biodiesel aus zertifizierten, nachhaltigen Rest- und Abfallstoffen verkaufen dürfen: HVO100. Meist handelt es sich um alte Fette aus Großküchen, aber auch Holzreste oder Zelluloseabfälle können verwertet werden. Das Kürzel HVO bedeutet Hydrotreated Vegetable Oils – also: mit Wasserstoff behandelte Pflanzenöle.

Was kostet der Biodiesel HVO100?

Der Biodiesel HVO ist teurer als herkömmlicher Diesel aus Erdöl. Das liegt daran, dass die Produktionskosten höher sind. Nach den Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, in denen HVO schon getankt werden kann, ist er 15 bis 20 Cent pro Liter teurer als fossiler Diesel, wie der Bundesverband freier Tankstellen (BfT) mitteilt.

Welche Fahrzeuge können den Biodiesel HVO tanken?

„Moderne Dieselmotoren sind grundsätzlich dafür geeignet“, sagt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). „Es bedarf keiner technischen Anpassungen oder Umrüstungen der Fahrzeuge oder des flächendeckenden Tankstellennetzes“, heißt es in einer Erklärung von ADAC, Uniti, Kfz-Gewerbe, Logistikverbänden und einigen Lkw-Herstellern.

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Der ADAC weist allerdings darauf hin, dass die Freigabe von Kraftstoff für einen Motor grundsätzlich beim Fahrzeughersteller liege. „Aktuell liegen solche Freigaben nur für wenige Modelle der Marken Audi, BMW, Citroën/Peugeot/Opel, Nissan, Renault/Dacia, Seat/Cupra, Skoda, Toyota, Volvo und VW vor.“ Man brauche „dringend weitere umfassende Herstellerfreigaben für bisherige Pkw-Modelle“, damit HVO100 von den Verbrauchern angenommen werde.

Ab wann kann man den Biodiesel HVO100 in Deutschland tanken?

HVO100 ist seit dem 1. Mai 2024 im öffentlichen Verkauf. Doch der neue Kraftstoff ist nicht an jeder Tankstelle verfügbar, sondern wird „nach und nach erst flächendeckend angeboten“, teilte der ADAC mit.

Wie erkenne ich HVO-Diesel?

Biogener HVO-Diesel und grünstrombasierter synthetischer E-Diesel werde an den Tankstellen mit dem Hinweis „XtL„ gekennzeichnet.

Entfallen andere Kraftstoffe, um für HVO Platz zu machen?

„Wir gehen nicht davon aus, dass mit der Einführung von HVO100 andere Angebote entfallen“, teilte Uniti mit. Dagegen hieß es vom BfT: „HVO wird bei Markteinführung an einigen wenigen Tankstellen zu tanken sein – aus Platzgründen und da auch eine technische Umstellung erfolgen muss.“ Der BfT würde es begrüßen, wenn Benzin E5 nicht mehr von den Tankstellen vorgehalten werden müsse: „Damit wäre der Platz frei für HVO.“

Was bringt HVO dem Klima?

In Deutschland sind laut Kraftfahrt-Bundesamt heute mehr als 14 Millionen Autos, Lastwagen und andere Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterwegs. Bundesverkehrsminister Volker Wissing meint: „Mit HVO100 können wir die CO2-Emissionen im Verkehr kurzfristig senken.“ Die Einsparung betrage bis zu 95 Prozent im Vergleich zu herkömmlichem Diesel.

Der Bundesverband Energie-Mittelstand (Uniti), bei dem 40 Prozent der Straßentankstellen organisiert sind, erwartet, „dass in der ersten Anlaufphase HVO100 für Flottenbetreiber besonders interessant sein wird“: Sie können so CO2-Vorgaben auch mit bestehenden Fahrzeugen leichter erreichen. Wenn HVO100-Diesel bei der Energiesteuer gegenüber fossilem Diesel entlastet würde, hülfe das der Wirtschaft und dem Klima zusätzlich.

Kritik kommt hingegen aus dem Bundesumweltministerium: „Nur wenn nachhaltige Rohstoffe zur Herstellung eingesetzt werden, ist HVO auch nachhaltig“, heißt es. Auch sei es kaum möglich, die bei der Herstellung der Kraftstoffe eingesetzten Rohstoffe nachträglich nachzuweisen. Autofahrer können also an der Zapfsäule nicht wissen, ob sie nachhaltigen Kraftstoff tanken oder nicht. Aus Sicht des Umweltministeriums ist auch fraglich, in welchem Umfang der neue Treibstoff verfügbar sein wird. Altspeiseöle – beispielsweise aus der Gastronomie – würden bereits heute vollständig als Beimischung im Verkehr eingesetzt und könnten nicht gesteigert werden. Der CO2-Ausstoß von Fahrzeugen verringere sich dadurch derzeit nur geringfügig.

Wie groß ist die wirtschaftliche Bedeutung von HVO100?

Wie der Bundesverband freier Tankstellen (BfT) mitteilte, wird der Biodiesel heute ausschließlich im öffentlichen Nahverkehr, von Logistikbetreibern und in der Landwirtschaft verwendet; an Tankstellen ist er noch nicht frei verfügbar. Aber das Potenzial in der Speditions- und Logistikbranche sei groß: „Wir schätzen, dass 80 Prozent der HVO-Nutzung gewerblich sein wird.“

Laut dem Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie wird die globale HVO-Produktion bis 2025 voraussichtlich 30 Millionen Tonnen überschreiten.

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Was machen andere Länder beim Biosprit?

Laut Bundesverkehrsministerium kann man den Biosprit in den Niederlanden, Schweden, Litauen und vielen anderen Ländern bereits tanken. Laut Uniti ist HVO100 bereits an über 600 Tankstellen in Europa frei erhältlich. In den meisten EU-Staaten und in den USA sei der Verkauf erlaubt. Da bei Ausschreibungen von internationalen Logistikaufträgen vermehrt strenge CO2-Anforderungen gelten, sei das Verbot in Deutschland ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Anbieter gewesen.

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