Wirtschaft von oben #131 – Adler Group Bau im Schneckentempo: Diese Immobilienprojekte sind in Verzug

Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg soll das „Neue Korallusviertel“ entstehen. Consus will hier 460 Wohnungen, eine Kita und Einzelhandelsflächen errichten. Der Bau soll 2023 vollendet werden – bis heute ist nicht viel zu sehen. Quelle: LiveEO/Skywatch

Einige Immobilienvorhaben der Adler Group kommen nicht schnell genug voran. Auf Satellitenbildern lassen sich teilweise kaum Fortschritte erkennen. Ein Problem für Adler. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Christoph Gröner, glatt rasiertes Gesicht, dunkelblauer Anzug, makellose Erscheinung, steigt in einen Privatjet. Er ist Gründer der CG Gruppe, die sich auf große Bauprojekte, viele davon in deutschen Metropolen, spezialisiert hatte. Im Privatjet sagt er Sätze wie: „Wenn Sie 215 Millionen Euro haben, schmeißen Sie das Geld zum Fenster raus und es kommt zur Tür wieder rein. Sie kriegen es nicht kaputt. Sie kaufen Autos. Die bekommen einen Mehrwert. Sie kaufen Immobilien, die bekommen einen Mehrwert. Sie können es nicht durch Konsum zerstören, das Geld.“

Ganz so einfach wie Gröner es darstellte, lief es mit seinen eigenen Geschäften aber dann wohl nicht. In der Reportage „Ungleichland“ wurde er als einer von „Deutschlands Superreichen“ vorgestellt. Als diese  2018 ausgestrahlt wurde, hatte Gröner die Mehrheit am eigenen Unternehmen jedoch längst nicht mehr. Sie gehörte vielmehr nun der börsennotierten Consus AG, die später in dem Immobilienkonzern Adler Group aufging.

Anfangs klang es so, als habe Consus mit der CG Gruppe einen echten Coup gelandet. Durch den Kauf der CG Gruppe stieg Consus zu einem der wichtigsten Projektentwickler der Republik auf.

Das gekaufte Projektportfolio besitze erhebliches Potenzial: Allein von 2018 bis zum Jahr 2022 erwarte das Unternehmen Umsätze von kumuliert mehr als 3,5 Milliarden Euro, hieß es in einer Pressemitteilung. Das kumulierte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, sollte sich in der Periode sogar auf mehr als 830 Millionen Euro belaufen.

Ob sich die Erwartungen wohl alle erfüllt haben?

Im vergangenen Jahr wurde Consus von der Adler Group übernommen, genauso wie zuvor schon die Adler Real Estate AG, die anders als Consus keine Wohnhäuser baut, sondern über Jahre hinweg bestehende Gebäude gekauft hat und sie vermietet. So wiederum wurde die Adler Group zu einer der wichtigsten Immobilienkonzerne hierzulande und gehört heute zu den wenigen, die bauen und vermieten.

Zuletzt hatte Consus jedoch ziemlich zu kämpfen. Das Unternehmen sitzt auf zahlreichen Megabauprojekten wie dem 120 Meter hohen Wohnturm Steglitzer Kreisel in Berlin. Solche Gebäude zu bauen verschlingt Unsummen, und anders als bei Immobilienkäufen sind die Banken mit Krediten zurückhaltend. Consus war häufig knapp bei Kasse und mit einigen Bauprojekten im Verzug.


Das Hochhaus Steglitzer Kreisel etwa ist mit 30 Etagen eines der höchsten Gebäude Berlins. Bis 2007 war dort das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf untergebracht. Seitdem steht es leer. Consus kaufte das Gelände mit dem Ziel, das Gebäude in ein Wohnhaus umzuwandeln. Auf 17.620 Quadratmetern Grundstücksfläche sollten 330 Wohneinheiten entstehen. Ursprünglich sollten die Bauarbeiten an dem 120 Meter hohen Gebäude in diesem Jahr beendet sein, mittlerweile ist jedoch von einer Fertigstellung im Jahr 2024 die Rede. Seit einigen Monaten sind kaum noch Baufortschritte zu erkennen. Die Adler Group dementierte jedoch, dass die Arbeiten ruhten und erklärte, es werde aktuell am Sockel gearbeitet. Die Fortschritte dort seien von außen nur schwer wahrzunehmen.

Wie die WirtschaftsWoche Ende Oktober berichtete, geht aus einer internen Aufstellung hervor, dass bei der Consus-Tochter Consus RE GmbH im Frühjahr jedoch überfällige Rechnungen in Höhe von fast 80 Millionen Euro aufgelaufen waren. Zu den Gläubigern zählten unter anderem Architekten, Handwerker und Bauunternehmen.

Dem Dokument zufolge waren von fast 5000 Rechnungen über die Hälfte seit mehr als einem Jahr, manche auch schon seit mehr als zwei Jahren fällig. Ein Sprecher der Adler Group erklärte seinerzeit gegenüber der WirtschaftsWoche: Sämtliche der angesprochenen offenen Forderungen gingen auf die von Consus übernommene CG Gruppe und mit ihr geschlossenen Vereinbarungen zurück. Sie seien Gegenstand umfassender Prüfungen und Erörterungen mit den Leistungserbringern, auch von Rechtsstreitigkeiten. Einzelne Gläubiger erklärten auf Nachfrage, immer noch auf ihr Geld zu warten und wegen der aus ihrer Sicht schlechten Zahlungsmoral nicht mehr für Consus arbeiten zu wollen. (Mehr dazu lesen Sie hier.)


In diesem Jahr sollte laut einer Unternehmenspräsentation auch das Projekt „Wilhelm Berlin“ in der Nähe des Luxushotels Adlon fertig werden. Es sollte sich dabei um „eines der außergewöhnlichsten und luxuriösesten Projekte in Berlin“ handeln, wie es auf der Homepage von Consus heißt. Der Gebäudekomplex sollte zu 85 Prozent mit Wohnungen ausgestattet werden. Baustart war der Unternehmenspräsentation zufolge im Jahr 2018. Fertig ist der Neubau aber offenbar noch lange nicht, wie sich an den Bildern erkennen lässt. Neuerdings wird die Fertigstellung des Projekts auch für das Jahr 2023 avisiert. Einem Unternehmenssprecher von Adler zufolge habe die Unzufriedenheit der Gläubiger aber nichts mit dem Verzug einiger Bauprojekte zu tun. Die Ursachen dafür seien bei Corona, Engpässen bei der Materialbeschaffung und „baurechtlichen Einwirkungen“ zu suchen.

Das Loch von Düsseldorf

Dabei sollte es im vergangenen Jahr zu einem kleinen Befreiungsschlag gekommen sein. Im Mai gab Consus bekannt, 25 Bauprojekte verkauft zu haben. Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht, doch der damalige Consus-Chef Andreas Steyer suggerierte, dass es ein guter Deal für sein Unternehmen war. Die Nettoverschuldung von Consus sollte dadurch drastisch sinken. Nur ist fraglich, ob Consus aus dem Deal jemals Geld zugeflossen ist. Noch Ende August dieses Jahres wies die Adler Group – also der Konzern, zu dem Consus heute gehört – eine offene Forderung aus dem Verkauf von fast 200 Millionen Euro aus.


Düsseldorfer Politiker scheinen mittlerweile äußerst verärgert zu sein. „Grand Central“ heißt ein Bauprojekt das Consus in der Landeshauptstadt Nordrhein Westfalens realisieren wollte. Mittlerweile hat es den Spitznamen „Grand Hole“. Auf dem Gelände hinter dem Hauptbahnhof sollen 1000 Wohnungen entstehen. Die ersten Mieter hätten längst einziehen sollen. Stattdessen kampieren Obdachlose auf der Brachfläche.

2015 hatte die schwedische Catella Group das Grundstück gekauft und bereits 2018 eine Baugenehmigung erhalten. Einen Großteil des Projekts reichte Catella dann an die CG Gruppe weiter. Das beschleunigte den Baubeginn aber offenbar nicht. Catella will nun zumindest die 147 Sozialwohnungen bauen, für die das Unternehmen selbst noch verantwortlich ist. Bei der Grundsteinlegung sagte Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller, er hoffe, dass der andere Eigentümer bald ein ähnliches Commitment abgebe.


Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, wo das Neue Korallusviertel entstehen soll, ist zumindest von oben auch noch nicht wirklich viel zu sehen. Consus will hier 460 Wohnungen, eine Kita und Einzelhandelsflächen errichten. Es handelt sich um eines der größten Wohnungsbauprojekte südlich der Hamburger City. 2019 hatte die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte den Bebauungsplan beschlossen und damit den Grundstein für den Bau gelegt. Laut einer Consus-Präsentation sollte der Bau im vergangenen Jahr beginnen und 2023 abgeschlossen sein.

Die Adler Group hat gerade womöglich andere Sorgen. Ein Spekulant hatte im Oktober einen kritischen Bericht über das Unternehmen ins Internet gestellt, nachdem er selbst auf einen Absturz der Adler-Aktien gewettet hatte. Der Kurs fiel nach der Veröffentlichung dann auch deutlich. Die Adler Group reagierte und verkündete, zahlreiche Mietobjekte zu verkaufen und so die Schuldenlast zu senken – sicherlich keine schlechte Idee.

Ende Juni hatte die Gruppe mit 8,8 Milliarden Euro ziemlich hohe Finanzverbindlichkeiten. Rund fünf Milliarden Euro hatte sie sich allein über Anleihen bei Anlegern geliehen. Die Beleihungsquote der Adler Group – also das Verhältnis der Netto-Finanzverbindlichkeiten zu den Vermögenswerten (genannt Loan-to-Value, kurz: LTV) lag Ende Juni  laut Geschäftsbericht bei rund 55 Prozent, was für ein Immobilienunternehmen recht hoch ist.


Je mehr Mietobjekte die Adler Group nun aus ihrem Bestand verkauft, desto wichtiger werden die Bauprojekte der Consus für die Gruppe und desto wichtiger wird es eben auch, dass diese vorankommen und Geld abwerfen. Vor drei Jahren etwa hatte die CG Gruppe, die durch die Consus-Übernahme auch zur Adler Group gehört, etwa den Gewa Tower in Stuttgart übernommen und ihn in Schwabenlandtower umbenannt. Knapp 200 Mietswohnungen sollten in dem 107 Meter hohen Gebäude entstehen, am Sockel sollte ein Hotel einziehen. 2019 hatte das Unternehmen angegeben, das Bauprojekt 2020 zu vollenden. Bislang ist außer einem Wanderfalken – und auch der nur zeitlich befristet – noch niemand eingezogen.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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