Wirtschaft von oben #244 – Autoland Mexiko So wollen chinesische Autokonzerne Mexiko als Einfallstor in die USA nutzen

Fünf weiße Dächer in Puebla: Fünf Autohäuser von fünf verschiedenen Automarken aus China. Quelle: LiveEO/Pleiades

Die Wirtschaft im US-Nachbarland Mexiko ist im Aufwind, auch weil sich immer mehr Autobauer hier niederlassen. Tesla baut eine neue Gigafactory und auch die Chinesen haben den Standort für sich entdeckt, wie neueste Satellitenbilder belegen. Den US-Behörden bereitet das Sorgen. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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MG Motor, Omoda, Chirey – schon mal gehört? Nein? Da geht es Ihnen nicht anders als vielen Mexikanern. Die bemühen in letzter Zeit immer häufiger eine Suchmaschine, wenn sie mal wieder ein unbekanntes Automodell auf der Straße gesehen haben. Die stammen dann zumeist aus China.

Autobauer aus der Volksrepublik überziehen Mexiko mit ihren Lkw, Bussen, Pkw, Autohäusern und neuerdings vermehrt auch eigenen Fabriken. Mehr als ein halbes Dutzend Marken verkaufen ihre – oft elektrischen – Fahrzeuge bereits im Land. Drei betreiben eigene Fabriken, weitere sind in Gesprächen für Neubauten. Im Handelskrieg zwischen den USA und China haben solche Milliardeninvestitionen eine ganz besondere Note. US-Vertreter fürchten, die chinesischen Unternehmen könnten Mexiko, inzwischen größter Handelspartner der USA, als Einfallstor für Nordamerika nutzen. Schließlich ist China der weltgrößte Produzent von E-Autos und den dazugehörigen Batterien.

Satellitenbilder von LiveEO zeigen, wie die Marken an den Stadträndern Autohaus um Autohaus beziehen und wo sie schon im Land produzieren.

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Pleiades

In der Millionenstadt Puebla etwa, wo Volkswagen bis 2023 den legendären Käfer baute, verkaufen gleich fünf Unternehmen ihre Wagen – direkt nebeneinander. MG Motor und Omoda waren zuerst da. 2023 sind innerhalb eines halben Jahres drei weitere dazugekommen, Chirey – wie Chery in Mexiko heißt –, BYD und Great Wall Motor (GWM).

Chinas Fertigungshallen

Aber die chinesischen Anbieter verschiffen ihre Fahrzeuge nicht nur in die zweitgrößte lateinamerikanische Volkswirtschaft. Sie siedeln auch verstärkt eigene Werke dort an. Foton, ein Lkw-, Bus- und SUV-Bauer, der zur staatlichen Beijing Automotive Group zählt, betreibt bereits seit 2019 eine Produktionsstätte im Bundesstaat Jalisco. JAC Motors und Truckproduzent Shacman haben ebenfalls eigene Werke.

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/SPOT

Foton plant zudem eine Fabrik für eigene Verbrenner und elektrisch betriebene Autos. Die Produktion könnte 2025 starten, das Investitionsvolumen: mehr als eine Milliarde US-Dollar. Berichten zufolge soll sich Foton dafür mit dem weltgrößten Batteriehersteller CATL zusammentun.

MG, BYD und Chirey sprechen mit mexikanischen Regierungsvertretern über Standorte, berichtete im Dezember die Zeitung „Financial Times“. Mexiko ist dank niedriger Löhne, einer funktionierenden Zuliefererstruktur und als Teil der Freihandelszone USMCA mit Kanada und den USA ein sehr attraktiver Außenposten.

Die Regierung in Washington will das Einströmen der preiswerteren Elektromobilität aus China hingegen verhindern. Laut „FT“ haben in den vergangenen Monaten mexikanische Offizielle Bedenken geäußert, die massiven Investitionen aus China könnten die US-Seite verärgern.

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Die Vereinigten Staaten streiten mit China um die Vormacht auf dem Markt für E-Fahrzeuge und haben im Inflation Reduction Act penibel darauf geachtet, dass elektrische Fahrzeuge, Batterien sowie andere Komponenten und Ressourcen chinesischer Herkunft nicht von Subventionen und Steuervergünstigungen profitieren.

Von US-Seite heiße es, man versuche nicht, China-Investments zu blockieren, schreibt die „FT“. US-Finanzministerin Janet Yellen hat aber betont, dass bestehende Handelsvereinbarungen eben eingehalten werden müssten. Dazu zähle auch eine Abmachung zwischen Mexiko und den USA, dass der südliche Nachbar das Monitoring ausländischer Investments verstärkt.

Mexiko kann die Rufe aus Washington nicht ignorieren, das Land ist stark abhängig von guten Handelsbeziehungen. Zwei Drittel der mexikanischen Exporte gehen direkt über die Grenze. Und 37 Millionen Menschen mexikanischer Abstammung leben und arbeiten in den USA. Sie überweisen jedes Jahr fast 60 Milliarden Dollar in die Heimat.

Nun schaffen die gut laufende mexikanische Wirtschaft und der Boom in der Autoindustrie aber auch in Mexiko neue Jobs. Der Standort ist für Autobauer nicht neu, das Ausmaß schon.

Bilder: LiveEO/Google Earth

Viele europäische und asiatische Unternehmen produzieren dort seit Jahren. Der Hyundai-Konzern aus Südkorea, zu dem seit Ende der 1990er-Jahre auch die Marke Kia gehört, betreibt in Pesquería, in der Nähe von Monterrey, eine ganze Landschaft von Werken. Das Logo und der Schriftzug von Kia sind auf den Satellitenfotos gut erkennbar.

Tesla-Gelände, Santa Catarina, Nuevo León, Mexiko

22.05.2023: Mit dem rot umrandeten Gebiet geht es los. Das gesamte Areal ist aber deutlich größer. Seit der Aufnahme vor einigen Monaten hat sich hier nichts getan.

Bilder: LiveEO/Google Earth

Ende Februar 2023 kündigte Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador dann die anstehende Niederlassung des wohl schillerndsten E-Autobauers an: Tesla. Elon Musk bestätigte die Pläne für eine neue Gigafactory am Stadtrand von Monterrey. Auf das sonst übliche Tesla-Tempo kommt das Projekt jedoch bislang nicht. Die ersten Vorbereitungen sind angelaufen, zu sehen ist noch nichts.

Bilder: LiveEO/Pleiades, LiveEO/SPOT

Während Tesla immer noch als Premiummarke gilt, sind die meisten chinesischen Modelle deutlich günstiger zu haben. BYD verkaufte im vierten Quartal 2023 weltweit mehr Autos als Tesla. Wie präsent die China-Modelle auf Mexikos Straßen sind, wird auch in Saltillo im Bundesstaat Coahuila deutlich. Auf den Satellitenbildern ist eine Ausfallstraße zu sehen, beliebter Ort für Autohäuser. Im Norden der Stadt sind in den vergangenen Monaten gleich zwei für chinesische Marken hinzugekommen, Chirey und JAC. Eines, das Peugeots verkaufte, wurde abgerissen.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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