Wirtschaft von oben #249 – Unterhaltungsindustrie Hier erobert ein Immobilienfonds Las Vegas

Quelle: LiveEO/Pleiades

Vor fünf Monaten hat das Prestigeprojekt „The Sphere“ eröffnet. Doch: Die Konzerthalle ist weiterhin unprofitabel. Exklusive Satellitenbilder zeigen, wie sich das Entertainment-Imperium im Hintergrund weiter ausdehnt. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Ein gigantischer Augapfel blickt über Las Vegas und blinzelt die Hochhauskulisse der Glücksspielmetropole an. Selbst in der für ihre Extravaganz berühmten Stadt sorgte die Außenseite des Veranstaltungsortes „Sphere“, eine Projektionsfläche aus 1,2 Millionen Leuchtpunkten, für Aufsehen.

Das Gebäude ist mit 112 Meter Höhe und 157 Meter Breite der größte kugelförmige Bau der Welt. Vom Spatenstich bis zur Eröffnung vergingen fünf Jahre. Exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen, wie das imposante Bauwerk entstanden ist. Vergangenen September spielten U2 als erster Act in dem Veranstaltungsort mit fast 19.000 Sitzplätzen. Kostenpunkt des Projektes: 2,3 Milliarden US-Dollar.

Doch während die Kugel außen wahlweise als projizierte Weltkugel, Basketball oder Werbebanner funkelt, fährt das Projekt Verluste ein. Im vergangenen Quartal verzeichnete das Unternehmen Sphere Entertainment Co. einen operativen Verlust von 83 Millionen Dollar – auf die letzten sechs Monate gerechnet sind es sogar 162 Millionen.

Bilder: LiveEO/Pleiades, LiveEO/Google Earth

Zwar kündigt Sphere derzeit Partnerschaften mit der American Football Liga NFL und der Formel 1 an, doch die großen Pläne im Hintergrund bröckeln. Der Mutterkonzern Madison Square Garden (MSG) Entertainment wollte eine zweite Kugel bauen, im Londoner Stadtteil Stratford, und reichte bereits im April 2019 Pläne bei der entsprechenden Planungsbehörde ein. Doch nach reichlich Widerstand lehnte der Londoner Bürgermeister den Bau der MSG Sphere London ab.

Der Grund: Für Anwohner wären die Ausmaße der Beleuchtung eine „Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit“, wie es in einem Schreiben über die Entscheidung heißt. Außerdem schien die Stadt zu zweifeln, wie gut eine kolossale Kugel ins Stadtbild passt, denn das Design würde „den Charakter und das Aussehen des Stadtteils nicht respektieren“.

MSG nahm die Absage übel auf, denn als die Stadt das Genehmigungsverfahren ein paar Wochen nach der Absage wieder neu aufrollte – der Londoner Wohnungsbauminister hatte Einspruch eingelegt –, zog sich MSG aus dem Deal zurück. Das Unternehmen schrieb in einem Brief, man werde sich nach bereits getätigten Millioneninvestitionen und fünfjähriger Planung nicht weiter an dem Projekt beteiligen. Durch die Wankelmütigkeit der Stadt sei der Prozess „lediglich ein politischer Fußball zwischen rivalisierenden Parteien.“

Ein MSG-Pressesprecher sagte der BBC, es gebe genug „zukunftsorientierte Städte“. Auf die werde sich das Unternehmen nun konzentrieren. Etwa Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, mit der sich MSG-Vorstandschef James Dolan in „ernsthaften Gesprächen“ für einen weiteren Kugelbau befinde.

Streit mit London

MSG stützt sich nicht allein auf die Sphere-Projekte, sondern besitzt noch weitere Veranstaltungsorte mit Glitzer und Glamour. Darunter der Madison Square Garden in New York, in dem beispielsweise der Beatles-Sänger John Lennon im Jahr 1972 sein letztes Konzert gab. Aber auch historische Gebäude wie das Chicago und das Beacon Theater – beide erbaut in den 1920er-Jahren – gehören zum MSG-Portfolio.

Der aktuelle Quartalsbericht der Gruppe beziffert die Einkünfte für das letzte Quartal 2023 auf rund 403 Millionen Dollar bei einem operativen Ergebnis von 137 Millionen. Das sind 13 Prozent mehr Einkünfte und 21 Prozent mehr Gewinn als im Vergleichszeitraum 2022.

Doch die MSG-Finanzen sind spärlich im Vergleich zu einem anderen Unternehmen, das im Hintergrund sein Entertainment-Imperium ausbaut. Denn das Grundstück unter dem Augapfel in Las Vegas und das angrenzende Hotelcasino mit dem klangvollen Namen „The Venetian“ gehören dem Unternehmen Vici Properties. Die Immobilieninhaber kümmert es wohl wenig, dass die Entertainment-Kugel Verluste einfährt, denn MSG zahlt an Vici eine jährliche Miete von 250 Millionen Dollar bei einer Laufzeit von vorläufig 30 Jahren.

Der Name des Immobilien-Investmentfonds stammt aus dem Ausspruch des römischen Kaisers Julius Caesar bei einem seiner Eroberungsfeldzüge: „Veni, vidi, vici“, also: „Ich kam, sah und siegte.“ Betrachtet man die Vici-Eigentumsliste, erklärt sich das Selbstverständnis des Unternehmens als Eroberer, denn hier finden sich einige der größten und luxuriösesten Hotels in Las Vegas.

Das wohl bekannteste Casino darunter ist das Caesars Palace, bekannt aus Filmen wie Rain Man, Ocean‘s Eleven und Hangover. Hier trat der Musiker Frank Sinatra in den 1970ern regelmäßig auf. Auch die weltberühmten Hotels MGM Grand, Luxor und Mandalay Bay gehören dem Fonds.

Insgesamt besitzt Vici Properties nach eigenen Angaben 93 Objekte – elf davon in Las Vegas – mit 11,8 Quadratkilometern Grundstücksfläche und insgesamt 60.300 Hotelzimmern. Teil der Hotels und Resorts sind auch 500 Restaurants, Nachtklubs und Sportwettbüros. Dazu kommen rund 134.000 Quadratmeter unbebautes Land in der Nähe des Las Vegas Strip, an dem die meisten Luxushotels und Casinos der Stadt liegen. Außerdem beinhaltet das Portfolio vier Golfparks in den USA und Kanada. Im Jahr 2022 betrug der gesamte Vermögenswert des Immobilienfonds 37,6 Milliarden Dollar.

Teil der Vici-Strategie sind Darlehen an Bauunternehmen, um deren Projekte zu finanzieren und „einen strategischen Weg zu potenziellem künftigen Immobilieneigentum“ einzuschlagen, wie es in einer Investorenpräsentation heißt. Bereits in der Vergangenheit schloss Vici Darlehensverträge ab, die eine zukünftige Kaufoption beinhalteten.

Das wohl beeindruckendste Hotelcasino, in dem auch Vici-Geld steckt, ist das Fontainebleau Las Vegas, für das sich die Bauentwickler 350 Millionen Dollar von Vici liehen. Insgesamt kostete das Projekt 3,7 Milliarden Dollar. Erste Bauarbeiten fanden bereits Anfang 2007 statt. Der Bau verzögerte sich jedoch mehrmals durch finanzielle Schwierigkeiten der Bauunternehmer und mehrfache Eigentümerwechsel. Während der Coronapandemie wurden die Arbeiten an dem Hotel komplett ausgesetzt. Und so dauerte es beinahe 17 Jahre, bis das Hotel Ende 2023 seine Eröffnung feierte, auf der sich Stars wie Kim Kardashian, Justin Timberlake und Cher zeigten.

Bilder: LiveEO/Google Earth

Der milliardenschwere Immobilien-Investmentfonds hat sich ursprünglich aus einer Insolvenz entwickelt. Im Jahr 2014 verzeichnete das Glücksspielunternehmen Caesars Entertainment Cooperation allein für das Schlussquartal einen Verlust von einer Milliarde Dollar und erklärte schlussendlich den Bankrott. Um die ausstehende Schuldenlast zu verringern, teilte sich das Unternehmen 2017 offiziell auf. Ein Teil unterhielt den Glücksspielbetrieb, während der andere sich unter dem Namen Vici Properties um die Immobilien kümmerte.

Seitdem ist der Fonds zu einem der wohl größten in der Freizeitbranche angewachsen. Besonders wichtig war dabei die Übernahme des Hotels The Venetian in Las Vegas, auf dessen Grund nun die Sphere-Kugel leuchtet und Gäste zu Konzerten empfängt. Mit dem damaligen Eigentümer des Venetian einigte man sich im Frühjahr 2021 auf eine Übernahme aller Grundstücke und Immobilien für einen Preis von vier Milliarden Dollar.

The Sphere, Las Vegas, Nevada, USA

Die 112 Meter hohe, kugelförmige Arena steht östlich des Venetian Resort Hotels nahe dem Las Vegas Strip. Die gesamte Außenfläche von 54.000 Quadratmetern ist mit 57,6 Millionen LEDs bestückt, die 1,2 Millionen Bildpunkte ergeben.

Bilder: imago-images

Sagenhafte Gewinne – und Gehälter

Neben den Vermögenswerten sind auch Umsatz und Gewinn rasant angestiegen. Im Jahr 2017 verzeichnete Vici Properties noch einen jährlichen Umsatz von rund 201 Millionen Dollar – im Jahr 2022 waren es bereits 2,6 Milliarden. Davon konnte das Unternehmen 1,1 Milliarden Dollar als Gewinn verbuchen.

Mittlerweile ist der Fonds in den Händen großer US-amerikanischer Investmentfirmen. Rund 14 Prozent entfallen auf die Vanguard Group, elf Prozent auf Capital Group Companies und zehn Prozent auf Blackrock.

Die vergleichsweise hohe Gewinnmarge hängt auch mit der Art der Mietverträge zusammen, die der Fonds mit den Hotels und Casinos abschließt und welche in der Branche so üblich sind. Dabei werden Versicherung, Steuern und Gebäudeinstandhaltungen nicht vom Vermieter getragen, sondern von den Betreibern selbst.

Goldhandel Bekommt das Finanzamt vom Goldverkauf etwas mit?

Können Privatanleger ihr Gold auch steuerfrei verkaufen, wenn es keinen Nachweis zum Kauf gibt? Würde das Finanzamt überhaupt etwas mitbekommen? Das rät ein Experte.

Klage gegen Erwin Müller Ein Drogerie-Milliardär, seine Jagdfreunde und der große Streit ums Millionen-Erbe

Vor fast zehn Jahren hat der Ulmer Unternehmer Erwin Müller drei Jagdfreunde adoptiert. Sie hatten ursprünglich auf ihren Pflichtteil beim Erbe verzichtet – jetzt ziehen sie dagegen vor Gericht. 

Jobwechsel Wenn das hohe Gehalt zum Fluch wird

In seinem aktuellen Job verdient unser Leser zwar gut, ist aber unglücklich. Vergleichbare Stellen sind deutlich schlechter bezahlt. Wie kann er dieser Zwickmühle entkommen?

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Ein großer Kostenpunkt für das Unternehmen sind aber die Gehälter ihrer Mitarbeiter. Im Jahr 2023 machte das „Wall Street Journal“ Vici Properties als das Unternehmen mit den höchsten Durchschnittsgehältern aus, und zwar mit Abstand. Fast 415.000 Dollar verdienen die Angestellten durchschnittlich bei dem Fonds, der damals aus 22 Kernmitarbeitenden bestand. An zweiter Stelle lag der Facebook-Mutterkonzern Meta, mit einem Durchschnittsgehalt von rund 300.000 Dollar jährlich.

Hier finden Sie alle Beiträge aus der Rubrik „Wirtschaft von oben“

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%