Autobauer Mercedes plant mit Verbrennern „bis deutlich in die 2030er-Jahre“

Bleiben bei Mercedes im Programm: Verbrennermotoren Quelle: imago images

Bei Mercedes galt bis vor kurzem die „Electric only“-Strategie – die schnellstmögliche Umstellung auf E-Autos. Weil sich die E-Autos aus Stuttgart aber nicht gut verkaufen, musste Konzernchef Ola Källenius auf der Hauptversammlung eine Rolle rückwärts aufführen.

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In den vergangenen Jahren glich die Strategie von Mercedes eher einer Holperstrecke: Erst hieß es Electric first, dann Electric only. Demnach sollten bei Mercedes Elektroautos und Plug-in-Hybride schon im Jahr 2025 die Hälfte des Absatzes ausmachen. Doch das war einmal. In den letzten Monaten wich man immer mehr von diesem Ziel ab. Schon vor rund einem Jahr hieß es auf der Hauptversammlung 2023 plötzlich, dass die „Mitte des Jahrzehnts“ das Jahr 2026 sei. 

Und heute? Da redet Källenius ganz anders. „Die Transformation könnte aber länger dauern als gedacht“, sagte er am Mittwoch auf der Hauptversammlung 2024. Deshalb sei Mercedes „auf alle Marktszenarien vorbereitet“.

Einerseits schafft der Autobauer die Voraussetzungen, um vollelektrisch zu werden. Andererseits aber beeinflussten „viele Faktoren“ das Tempo der Transformation: „Zum Beispiel der Ausbau der Ladeinfrastruktur“, monierte Källenius. In den kommenden Jahren werde es daher beides geben: „Elektroautos und hochmoderne, elektrifizierte Verbrenner. Wenn die Nachfrage da ist, bis deutlich in die 2030er-Jahre.“

Deswegen hält Mercedes jetzt „alle relevanten Antriebe auf dem neuesten Stand“, so Källenius: „Und dann entscheidet der Kunde. Wir werden für jeden Wunsch den perfekten Mercedes bauen“, sagte er. Die Werke hat Mercedes daher flexibel aufgestellt. Dort können die Schwaben auf einem Band Verbrenner und Elektroautos nacheinander bauen.

Mercedes: Dividende von 5,30 Euro – und Fokus auf den Aktienkurs

Derzeit verkauft Mercedes zehn vollelektrische Modelle. Den vor allem in China bislang gefloppten EQS, die S-Klasse unter den Stromern, ließ Källenius jüngst überarbeiten. Nun gibt es neben mehr Reichweite auch den Hyperscreen in Serie. Unter anderem bietet das Auto nun auch „neue Executive-Sitze“ für die Rückbank, sagte Källenius den Aktionären. Und auf Wunsch hat der Stromer einen stehenden Stern auf der Haube.

In China will Mercedes allein in diesem Jahr 15 neue Modelle einführen. Sie seien speziell auf die Bedürfnisse der chinesischen Kundschaft zugeschnitten, hieß es. In China hat der Autobauer daher das Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk sowie technologische Partnerschaften deutlich ausgebaut.

Zudem soll die Dividende groß ausfallen – 5,30 Euro. Durch ein Programm zum Rückkauf von Aktien will Mercedes zudem den Aktienkurs sowie die Ausschüttungen weiterhin stabilisieren. Auch berichtete Källenius den Anteileignern, dass der durchschnittliche Erlös pro Fahrzeug in der Pkw-Sparte seit 2019 um 46 Prozent gestiegen sei. „Wir setzen mehr besser ausgestattete Fahrzeuge ab. Und wir achten auf Wertstabilität für unsere Kunden“, freute sich Källenius.

„Ladenhüter passen nicht ins Luxussegment“

Von Aktionären gab es hingegen Gegenwind: Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, mahnte, dass „Licht und Schatten“ dicht beieinander lägen. Einerseits zeichne sich das Management durch Fokussierung auf den Kapitalmarkt und die Luxusmarkenpositionierung aus. Auf der anderen Seite aber sei „der Wettbewerb im Elektrosegment sehr stark und Zweifel kommen auf, ob die neuen Mercedes-Elektroautos wirklich den Durchbruch, insbesondere im wichtigsten Elektroautomobilmarkt der Welt, bringen. Kurzum: „Der elektrische Stern flackert in China noch und es wird Zeit, ihn hell zu erleuchten“, sagte Speich.

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China ist laut Speich der wichtigste Markt für die Transformation in die Elektrowelt – dies nicht nur in Hinblick auf die Innovationskraft, sondern auch in Bezug auf die Akzeptanz der Elektrofahrzeuge. Mercedes jedoch habe in China die Preise für die Prestigefahrzeuge der EQS-Serie senken müssen und trotzdem bleibe die Akzeptanz gering. „Ladenhüter und Preisreduzierungen passen nicht ins Luxussegment und beschädigen die Marke. Mit Sorge müssen wir erleben, wie die Reputationsrisiken zunehmen. Die Chinesen mögen die S-Klasse, aber nicht den Elektrostern. Die Umsatzzahlen sind im ersten Quartal um 12 Prozent gesunken und damit war China einer der schwächsten Märkte“, gab sich Speich nachdenklich.

Hendrik Schmidt von DWS Investment ermahnte die Mitglieder des Aufsichtsrates, an dessen Sitzungen teilzunehmen. Denn gerade der Ausschuss für Rechtsangelegenheiten habe sich „im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut intensiv mit der Überwachung und Prüfung der Compliance-Systeme im Zusammenhang mit Dieselemissionen und kartellrechtlichen Angelegenheiten befasst“. Daher sei es für Aktionäre von besonderer Bedeutung, dass seine Mitglieder ihren Aufgaben vollumfänglich nachkämen.

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Der scheidende Aufsichtsratschef Bernd Pischetsrieder berichtete den Anteilseignern, dass der Aufsichtsrat im Bereich Dieselemissionen untersucht habe, welche Umstände zur Verstrickung in den branchenweiten Dieselskandal geführt hätten und ob auf Vorstandsebene gebotene Maßnahmen unterblieben seien. „Dabei wurde sichergestellt, dass etwaige Ansprüche in nächster Zeit nicht verjähren. Der Aufsichtsrat und sein Rechtsausschuss überwachen die noch laufenden Zivil- und Verwaltungsverfahren“, sagte Pischetsrieder. Das Gleiche gilt für laufende Kartellverfahren. „Auch hier hat sich der Aufsichtsrat weiter mit der Prüfung etwaiger Ansprüche gegen amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder befasst. Er hat das Risiko einer Verjährung im Blick behalten und geeignete Maßnahmen getroffen.“

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