Continental Warum Conti-Finanzvorständin Garcia Vila wirklich geht

Katja Garcia Vila, bislang Finanzvorständin der Continental AG Quelle: dpa

Es ist ein Desaster: Schon wieder verlässt eine Frau den Vorstand eines großen Unternehmens. Bei Continental soll der Vertrag von Finanzvorständin Katja Garcia Vila nicht verlängert werden. Wer ihr nachfolgen sollte. Ein Kommentar.

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Wie schade. Nach rund 27 Jahren im Unternehmen soll Katja Garcia Vila bei Continental ausscheiden. Die noch amtierende Finanzvorständin wurde erst im Dezember 2021 in den Vorstand bestellt. Doch nun steht sie für eine Vertragsverlängerung angeblich nicht mehr zur Verfügung.

So steht es in der Pressemitteilung. Aber das ist vermutlich die geschönte Version. Wahr sein dürfte vielmehr etwas anderes: Garcia Vila ist auch zuständig für die IT des Konzerns – und der für das Unternehmen fatale Cyberangriff fällt in ihre Amtszeit.

Das ist das Eine. Das Andere: Garcia Vila ist eine gute Finanzerin – aber für die bei Conti nun anstehenden Aufgaben fehlen ihr wichtige Stufen auf der Karriereleiter. In ihrem Lebenslauf finden sich Stationen wie Leiterin der weltweiten Konzernrevision. Oder Leiterin des Bereichs Finanzen, Controlling und IT im Geschäftsfeld ContiTech. Aber eben nichts aus dem Bereich Merger and Acquisition (M&A). Der Begriff steht im Investmentbanking für Transaktionen wie Abspaltungen, Verkäufe von Unternehmensteilen – und all das steht an bei Conti. Aber von all dem hat Garcia Vila eben nichts im Lebenslauf.

Milliardenumsätze sollen raus aus der Bilanz

So soll bei Conti das Geschäft mit Anzeige- und Bediengeräten organisatorisch unabhängig aufgestellt werden, von einem Verkauf bis zum Einstieg eines Partners ist alles denkbar. Umsatz: stolze 3,5 Milliarden Euro. Dem Konzern sollen so neue, strategische Optionen eröffnet werden. On top stehen Auto-Geschäftsfelder im Wert von 1,4 Milliarden Euro Umsatz auf dem Prüfstand. Und auch in der Industriesparte ContiTech will man sich auf das Industriegeschäft fokussieren, Geschäfte mit Autokunden könnten größtenteils weichen. Der Anteil des Industriegeschäfts am Umsatz von ContiTech soll von aktuell rund 55 auf 80 Prozent steigen. Conti arbeitet also intensiv daran, den Konzern zu entflechten. Doch das ist komplex – und eine Kernaufgabe für den CFO. 

Doch Garcia Vila bringt viele der nun entscheidenden Kenntnisse eben gar nicht mit. Und sie wurde zudem viel zu früh in die Top-Position gespült. Schon nach ihrer Bestellung sagte manch einer, dass sie besser noch ein wenig mehr Finanzerfahrung eine Ebene unter dem Vorstand gesammelt hätte. Doch sie musste früher als geplant in den Vorstand: weil ihr Vorgänger Wolfgang Schäfer das Unternehmen von heute auf morgen verlassen musste. Der Grund waren Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Diese Lücke hat sie gern gefüllt. Nun reißt sie selber eine.  

Laut Pressemitteilung hat Garcia Vila den Aufsichtsrat im Vorfeld seiner Sitzung am 12. März darüber informiert, dass sie für eine Vertragsverlängerung ihres im Dezember 2024 auslaufenden Mandats nicht zur Verfügung stehe. Der angebliche Grund: die eigene Karriereplanung. Offenbar plant sie unter anderem für den Aufsichtsrat eines anderen Unternehmens zu kandidieren, welches ungefähr so groß ist wie der Pharma- und Chemiekonzern Merck.

Garcia Vilas Vertrag läuft schon im Dezember aus

Es ist gut möglich, dass sie mit dem Rücktritt bloß der Nicht-Verlängerung ihres Vertrags zuvorgekommen sein könnte. Denn am Mittwoch hätte der Aufsichtsrat diesen Vertrag verlängern müssen – oder eben nicht. Auf Letzteres scheint es hinausgelaufen zu sein. 

Noch im November sagte Garcia Vila der WirtschaftsWoche: „Ich bin seit 27 Jahren für Continental tätig und habe noch sehr viel Leidenschaft für dieses Unternehmen. Ich sehe noch viel, viel Potenzial, wie wir uns weiter verbessern und entwickeln können, und ich bin gerne weiter Teil der Reise.“

Wie es jetzt weitergeht? Offiziell steht das noch nicht fest. „Bis ihre Nachfolge geregelt ist, führt Garcia Vila ihr Mandat weiter“, heißt es bei Continental. Jetzt ist es sehr gut möglich, dass die Aufgaben im Vorstand – wieder einmal – neu zugeordnet werden.

Denn unter den heute sieben Vorständen ist auch ein vielversprechender Neuzugang: Olaf Schick. Der ehemalige Daimler-Mann kam erst im Mai 2023 zu Conti. Der Vorstand wurde da nicht nur um seine Person erweitert, nein, sein Ressort Integrität und Recht wurde da erst neu geschaffen. Das ist angesichts zahlreicher Skandale auch dringend nötig: Dieselermittlungen in Hannover, Frankfurter Ermittlungen wegen Qualitätsproblemen im Bereich Schläuche, Kartellvorwürfe im Bereich Reifen. Die Liste, um die sich Schick kümmern muss, ist lang und gewichtig.

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Daher spricht nur eins gegen seine Ernennung als Finanzvorstand: Eigentlich ist es jetzt nach nicht mal einem Jahr viel zu früh für seinen Wechsel. Aber wer sollte sonst CFO werden? Schick bringt alle Qualifikationen mit, die der neue CFO bei Continental jetzt braucht. Er war zuletzt Finanzchef für Mercedes-Benz in China. 2015 bis 2017 hatte er die gleiche Position in Russland. Und, ebenso wichtig: Er war von 2008 bis 2015 im Bereich Merger and Acquisitions bei Daimler – fünf Jahre davon sogar als Chef des Bereichs M&A in China. Schick ist zudem Anwalt – und auch dieses Wissen braucht der neue Finanzvorstand für die anstehenden Aufgaben. 
 
Wenn Conti jetzt keine lange Hängepartie will, liegt diese interne Lösung jetzt auf der Hand. 

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