Deutscher Hersteller Aachener E-Autobauer Next.e.Go Mobile SE ist insolvent

Hoffnungsträger e.wave X. Ende 2022 sollen bereits über 11.000 unverbindliche Reservierungen für das Fahrzeug vorgelegen haben.

Der deutsche Hersteller von Elektrofahrzeugen Next.e.Go Mobile SE hat nach Informationen der WirtschaftsWoche Insolvenz angemeldet. Erst vor wenigen Monaten war der Mutterkonzern an die Börse gegangen. 

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Die Versprechen waren groß: Drei neue Mikrofabriken in Europa und den USA wolle Next.e.Go Mobile errichten, um die Produktion seiner preisgünstigen, kleinen Elektrofahrzeuge für den Stadtverkehr auszuweiten. Das hatte der Chef des Unternehmens kurz vor dem Börsengang in New York angekündigt. Nur fünf Monate liegt die Aussage zurück und inzwischen scheint klar: Die Pläne sind gescheitert. Nach Informationen der WirtschaftsWoche hat die zentrale Tochtergesellschaft, die Next.e.Go Mobile SE, Insolvenzantrag gestellt. Als vorläufigen Insolvenzverwalter setzte das Amtsgericht Aachen den Juristen Claus-Peter Kruth, Partner der Sanierungskanzlei AndresPartner, ein. Das geht aus Gerichtsveröffentlichungen hervor.

Die Entscheidung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, erfolge „vor dem Hintergrund der jüngsten negativen Entwicklungen und Herausforderungen“ in der E-Auto-Branche und „der Volatilität der Kapitalmärkte“, teilte das Unternehmen mit.

Es werde erwartet, dass „auch andere Tochtergesellschaften, einschließlich Next.e.GO N.V. als Muttergesellschaft von Next.e.GO Mobile SE, in der nächsten Zeit entsprechende Insolvenzverfahren einleiten werden.“

Verbrenner, Elektro, Brennstoffzelle: Antriebstechniken im Vergleich

Das im Umfeld der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen entstandene Unternehmen hat seit der Gründung im Jahr 2015 eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Die Elektro-Pioniere um den Aachener Professor Günther Schuh zogen eine innovative Fertigungsfabrik hoch und strotzten vor Zuversicht für ihr e.Go Life getauftes E-Automodell. Das sollte klein, praktisch und bezahlbar sein, blieb aber ein Ladenhüter.

Verzögerungen bei Zulassung und Auslieferung stürzten das Unternehmen zudem in Liquiditätsprobleme. 2020 meldete e.Go Mobile, die Vorgängerfirma der heutigen Next.e.Go Mobile, schließlich Insolvenz an, weil sie kein frisches Geld auftreiben konnte. In der Folge kaufte der niederländische Investor ND Industrial Investments die Vermögenswerte aus der Insolvenz heraus und führte den Betrieb weiter.

Das Elektroauto e.Go hat einen neuen Besitzer, der aber von der Automobilbranche keine Ahnung hat: Der schillernde Geschäftsmann Nazif Destani ist reich geworden als Dienstleister für das Militär.
von Jacqueline Goebel

Die Hoffnungen ruhen nun auf dem Model e.wave X, ein Kleinstwagen für rund 25.000 Euro im SUV-Look und auf Wunsch mit grell leuchtenden Lackfarben. Ende 2022 sollen bereits über 11.000 unverbindliche Reservierungen für das Fahrzeug vorgelegen haben.

Next e.Go: Börsengang in New York

Doch für die Produktion braucht das Unternehmen Geld. Für einen Börsengang schlüpfte Next e.Go in einen leeren, bereits gelisteten Firmenmantel (Spac). Den Anlegern hat das Unternehmen auch nach jahrelanger Aufbauarbeit allerdings wenig Konkretes vorzuweisen: „Unsere Einnahmen für die sechs Monate bis zum 30. Juni 2023 betrugen 0,3 Millionen Euro“, heißt es etwa in den Börsenunterlagen – bei einem Verlust von 24,2 Millionen Euro. „Wir sind weiterhin auf externe Finanzierung angewiesen. Sollte es nicht gelingen, in naher Zukunft ausreichende zusätzliche Finanzierungsmittel zu sichern, könnte dies negative Auswirkungen haben.“ Dies „stellt ein erhebliches Risiko für unsere Fähigkeit dar Aufrechterhaltung unserer Geschäftstätigkeit“ dar.

Trotz solcher Warnhinweise ist es im Oktober 2023 schließlich so weit: Next e.Go wird durch die Spac-Hintertür an der Nasdaq notiert. Dies sei der „Höhepunkt harter Arbeit und Hingabe“, kommentiert Next-e.Go-Verwaltungsratsvorsitzender Ali Vezvaei den Schritt. Es sei „der Beginn des nächsten Kapitels auf der Reise von e.Go“.

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Durch den Insolvenzantrag der deutschen Kerngesellschaft dürfte die Reise nun ein abruptes Ende nehmen, oder zumindest eine andere Richtung einschlagen. Die Mitarbeiter dürften zwar für drei Monate Insolvenzgeld erhalten. Dass nun aber noch groß in neue Fabriken investiert wird, darf bezweifelt werden. Vielmehr dürfte es vor allem darum gehen, einen neuen Investor zu finden – einen, der an Next.e.Go Mobile glaubt.

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