Elring-Klinger-Chef Stefan Wolf „Euro 7 wäre das Ende des Verbrennungsmotors“

Quelle: Presse

Die EU setzt die traditionelle Autoindustrie massiv unter Druck – im Namen des Klimaschutzes. Wie reagiert man darauf, wenn das eigene Geschäft zu 90 Prozent vom Verbrenner abhängt? Fragen an Elring-Klinger-Chef Wolf.

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Stefan Wolf ist Vorstandsvorsitzender des Automobilzulieferers Elring Klinger AG.

WirtschaftsWoche: Herr Wolf, wie viel Prozent vom Umsatz hängt bei Elring Klinger am Verbrenner?
Stefan Wolf: Heute sind das noch 85 bis 90 Prozent. Aber wir haben eine Menge neuer Projekte mit alternativen Antriebstechnologien für die Zukunft. Viele Aufträge dafür sind bereits unterschrieben – die Fertigung läuft zwischen 2023 und 2025 an.

Wenn wir heute das Jahr 2025 hätten, wie würden Sie die gleiche Frage dann beantworten?
Dann hängen vielleicht noch zwei Drittel unseres Umsatzes am Verbrenner.

Ihr Unternehmen braucht also noch über längere Zeit den Verbrennungsmotor, um zu überleben – was halten Sie da von der Klimapolitik der Europäischen Union (EU)?
Klimaschutz ist wichtig, gar keine Frage. Aber wir müssen ihn mit unserer Industrie in Einklang bringen und uns Gedanken darüber machen, was technisch auf welcher Zeitschiene möglich ist.

von Annina Reimann, Martin Seiwert, Silke Wettach, Malte Fischer, Sonja Álvarez, Max Haerder

Wie meinen Sie das konkret?
Ich bin der Meinung, dass wir bei den bereits geplanten Klimazielen bleiben sollten – und die Lage nicht weiter verschärfen. Denn schon im Jahr 2021 dürfen Neuwagen im Schnitt nicht mehr als 95 Gramm CO2 ausstoßen – bis 2030 soll sich das um weitere 37,5 Prozent reduzieren. Dazu stehe ich ohne Wenn und Aber. Eine weitere Verschärfung hingegen, wie sie diskutiert wird, halte ich jedoch für falsch. Was etwa mit der neuen Norm Euro 7 in Rede steht, ist technisch einfach nicht machbar. Käme das so, wäre es das Ende des Verbrennungsmotors.

Die Klimaziele führen zur Transformation. Geht die Ihnen zu schnell?
Transformation sollte sich immer am technisch Machbaren ausrichten. Falls nicht, kann man Transformation zwar wollen – aber sie wird nicht funktionieren. Das geht dann auf Kosten der Arbeitsplätze.

Wenn die Transformation eine Straße von 100 Kilometern Länge wäre – wo stünde dann Elring Klinger aktuell?
Bei Kilometer 70. Das Problem ist aber, dass viele Zulieferer erst bei 10 oder 20 stehen.



Ja, laut einer Umfrage des Verbandes der Automobilindustrie sagen 41 Prozent der befragten Zulieferer, dass sie nicht an der Entwicklung hin zur Elektromobilität partizipieren.
Genau. Ein Teil davon wird verschwinden. Wir werden eine deutliche Konsolidierung in unserer Branche sehen.

Und Brüssel ist schuld daran?
Nur zum Teil. Denn Brüssel erlässt häufig eine Regulierung, ohne sie mit Experten abzustimmen, die sich technisch auskennen. Teilweise aber sind auch die Unternehmen selbst schuld, wenn sie auf der Strecke bleiben. Sie sind nicht rechtzeitig auf den fahrenden Zug in Richtung Elektromobilität aufgesprungen. Wir hingegen haben schon vor 20 Jahren damit angefangen, uns etwa mit der Brennstoffzelle zu beschäftigen. Heute haben wir etwa ein Joint Venture mit Airbus vereinbart und werden zusammen Brennstoffzellen-Stacks für die Anwendung in Flugzeugen entwickeln.

Sie fertigen Batteriemodule, kaufen aber die Zellen ein. Diese kommen aus China, Japan und Südkorea. Gibt es da aktuell Lieferengpässe?
Nein, aktuell nicht. Ich befürchte die aber, wenn die Elektromobilität weiter anzieht.

Haben die Asiaten uns dann nicht in der Hand?
In Bezug auf das Thema Zellen lässt sich das nicht ganz von der Hand weisen.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Elring Klinger im Jahr 2025?
Aktuell sind es in Deutschland rund 4000. Und ich hoffe, dass es 2025 ebenso viele sein werden.


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Wie kann das sein? Andere Unternehmen bauen Stellen ab.
Auch wir haben ein Sparprogramm aufgelegt, konzentrieren uns aber vor allem darauf, Sachkosten zu sparen. Unsere Planungen sehen auch vor, möglichst viel Zukunftsgeschäft in Deutschland zu produzieren. Unser Güter sind technisch komplex, wir brauchen die hohe Produktivität und die gut ausgebildeten Mitarbeiter. Die Arbeitsplätze von einfachen Produktionstätigkeiten werden aber immer mehr abwandern.

Gefährdet das den sozialen Frieden in Deutschland, wenn schlecht ausgebildete Menschen keinen Job mehr finden?
Das glaube ich schon. Es können und wollen nicht alle Ingenieure und Unternehmensberater werden, deshalb ist es nicht egal, wenn einfache Tätigkeiten abwandern, weil sie sich in Deutschland nicht mehr rechnen. Und das sage ich auch der IG Metall immer wieder.

Mehr zum Thema: Brüssels Autokrieg: Harte Klimaauflagen der EU bedrohen deutsche Autobauer

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