Interesse an der Autobranche kann man Stefan Piëch indes nicht absprechen. Als junger Mann umkreiste er die Autobranche und den PS-strotzenden Konzern seiner Ahnen durchaus standesgemäß. Er fuhr bei Autorallyes mit, absolvierte Praktika in Frankreich und Japan bei Hyundai, Chrysler und Mitsubishi, dazu bei Porsche in Frankreich. Doch im Porsche-Piëch-Clan gilt es als abgemacht, dass eine operative Karriere im Familienunternehmen Porsche nicht infrage kommt.
Beschlossen hat die Sippschaft dies in den Siebzigern. Die beiden Familienstränge lagen damals derart über Kreuz, dass sie sich aus dem Management zurückzogen und auf ihr Aufsichtswerk beschränkten. Diese Regel gilt bis heute.
Nach den Stippvisiten im Autoreich studierte Stefan Piëch, der schon als Junge Spaß an Filmen hatte, Betriebswirtschaft und Filmwissenschaften im schottischen Stirling. Er promovierte dann an der Uni Klagenfurt mit einer „kommunikationstheoretischen Analyse der Filmindustrie“.
Piëch und seine Figuren
Auf dem Weg des Ferdinand Piëch vom Audi-Manager auf den Aufsichtsratschefsessel des größten Autokonzerns Europas, blieb so mancher Top-Manager auf der Strecke. Die wichtigsten Stationen zusammengefasst.
Nach fünf Jahren als Vize übernimmt Piëch bei Audi den Chefsessel von Wolfgang Habbel und baut die Marke mit den vier Ringen zur Premiummarke um. In die Ära des Vollblutingenieurs fällt die Entwicklung des Super-Diesels TDI sowie des Allradantriebs Quattro.
Als neuer VW-Chef wirbt Piëch den Einkaufschef José Ignacio López vom Konkurrenten General Motors (GM) ab, der die Preise der Zulieferer drücken soll. Wegen des Verdachts, GM-Betriebsgeheimnisse an VW verraten zu haben, muss Piëch 1996 López fallen lassen.
Piëch heuert das IG-Metall- und SPD-Mitglied Peter Hartz als VW-Personalchef an. Der führt die Vier-Tage-Woche ein und spart so 500 Millionen Euro Lohnkosten. Nachdem auffliegt, dass VW unter ihm Luxusreisen und Bordellbesuche für Betriebsräte finanzierte, muss Hartz gehen.
Als Piëch 2002 VW-Aufsichtsratschef wird, installiert er Ex-BMW-Chef Bernd Pischetsrieder als VW-Lenker. Der agiert eigenständig, macht Piëch-Ideen rückgängig. Fünf Jahre später schweigt Piëch demonstrativ, als er gefragt wird, ob Pischetsrieder im Amt bleibt. Kurz darauf holt er Winterkorn.
Jahrelang versuchte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking unter der Aufsicht von Piëch VW zu übernehmen. Als dies scheitert, sagt Piëch auf die Frage von Journalisten, ob Wiedeking sein Vertrauen genieße: „Zurzeit noch. Das ,Noch‘ können Sie streichen.“ Wiedeking muss gehen.
Im Porsche-Clan und im Volkswagen-Konzern macht man kein Geheimnis daraus: Der Einzug der vierten Erbengeneration in die Kontrollgremien des Konzerns wird für alle Seiten nicht leicht. Es werde dauern, bis die „Neuen“ die Rollen ausfüllen können, heißt es in der Familie. Aber: Sie müssten nicht in der Lage sein, den Konzern operativ zu steuern und sich in Details einzumischen, wie das ihr Vorgänger Ferdinand Piëch tat. Es reiche, wenn sie die Kontrolle gut ausübten und „grundlegende Impulse“ gäben – so wie das die Eigentümerfamilie Quandt/Klatten bei BMW mit Erfolg tue.
Die strategischen Grundsätze aus seiner bisherigen Unternehmensführung scheinen jedenfalls kaum vom Kinderfernsehen aufs Autogeschäft übertragbar: Klassische Finanzanleger und Aktienkäufer spricht Piëch, der selbst noch über gut 69 Prozent der Anteile des Unternehmens hält, eher nicht an. „Bei uns geht es um Impact Investing, um Anleger, die mit ihrem Engagement eine positive Wirkung in der Gesellschaft erzielen wollen“, sagt er.
Das stand bei Volkswagen bisher eher nicht im Mittelpunkt.